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Schockwelle

Schockwelle

Titel: Schockwelle Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Clive Cussler
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rufen und seine Position durchgeben konnte. Ich hab’ mir den Generator angeguckt. Der Zweitaktmotor, der den Strom liefern soll, ist ziemlich darnieder. York wollte ihn offenbar reparieren, ist aber gescheitert. Ich werd’s probieren, aber ich bezweifle, daß ich mehr Glück habe.«
    Pitt zuckte die Achseln. »Tja, soweit zu einem Hilferuf über Yorks Funkgerät.«
    »Was schreibt er, nachdem er von der Außenwelt abgeschnitten war?« hakte Maeve nach.
    »Ein Robinson Crusoe war er jedenfalls nicht. Er hat den Großteil seines Proviants verloren, als die Jacht auf Felsen gelaufen und gekentert ist. Als das Boot später an Land geworfen wurde, konnte er ein paar Dosen mit Lebensmitteln bergen, aber die waren rasch aufgebraucht. Er versuchte Fische zu fangen, sammelte allerlei Krabben zwischen den Felsen ein und erbeutete fünf, sechs Vögel, aber zum Überleben reichte das alles nicht. Schließlich verließen ihn die Kräfte. York hielt hundertsechsunddreißig Tage auf diesem häßlichen Pickel im Ozean aus. Sein letzter Eintrag lautet: ›Kann weder gehen noch stehen. Bin so schwach, daß mir nichts anderes übrigbleibt, als hier zu liegen und zu sterben. Ich wünschte, ich könnte noch einmal die Sonne über der Falmouth Bay in meiner Heimat Cornwall aufgehen sehen. Aber es soll nicht sein. Wer dieses Logbuch und die Briefe findet, die ich an meine Frau und meine Töchter geschrieben habe, möge bitte dafür sorgen, daß sie in ihre Hände gelangen. Ich bitte um Vergebung für das Leid und die Trauer, die ich ihnen zugefügt habe. Gescheitert bin ich eher aufgrund eines Mißgeschicks als wegen eines Fehlers meinerseits. Meine Hand ist zu matt zum Schreiben. Ich bete, daß ich nicht zu früh aufgegeben habe.‹«
    »Er hätte sich keine großen Gedanken zu machen brauchen, daß man ihn kurz nach seinem Tod findet«, sagte Giordino.
    »Kaum zu glauben, daß er jahrzehntelang hier herumlag, ohne daß die Besatzung eines vorbeikommenden Schiffes neugierig wurde und an Land ging oder daß irgendwelche Wissenschaftler landeten, um meteorologische Meßgeräte aufzustellen.«
    »Eine Landung inmitten der Brecher und der Felsen ist so gefährlich, daß vermutlich jeder Neugierige, ob Wissenschaftler oder nicht, davor zurückgeschreckt ist.«
    Dicke Tränen rollten über Maeves Wangen. »Seine arme Frau und die Kinder müssen sich all die Jahre gefragt haben, wie er umgekommen ist.«
    »Beim Lagerfeuer am Südostkap von Tasmanien hat York seine letzte Landpeilung vorgenommen.« Pitt begab sich wieder in die Hütte und kehrte eine Minute später mit einer Admiralitätskarte der südlichen Tasmansee zurück. Er breitete sie am Boden aus, musterte sie einen Moment lang und blickte dann auf. »Jetzt verstehe ich, warum York diese Felsen die Miseries genannt hat«, sagte Pitt. »Sie werden in der Admiralitätskarte so bezeichnet.«
    »Wie weit hast du mit deiner Positionsbestimmung danebengelegen?« fragte Giordino.
    Pitt zückte einen Kartenzirkel, den er aus dem Schreibtisch in der Hütte mitgenommen hatte, und maß die ungefähre Position, die er mit Hilfe des Jakobsstabs und per Schätzung bestimmt hatte. »Ich habe uns rund hundertzwanzig Kilometer weiter südwestlich vermutet.«
    »Gar nicht so schlecht, wenn man bedenkt, daß du nicht genau gewußt hast, wo Dorsett uns ausgesetzt hat.«
    »Ja«, räumte Pitt ein, »damit kann ich leben.«
    »Wo genau sind wir?« fragte Maeve, die sich jetzt auf allen vieren über die Karte beugte.
    Pitt tippte mit dem Finger auf einen winzigen schwarzen Punkt inmitten des blauen Meeres. »Da, auf diesem kleinen Fleck. Etwa neunhundertfünfundsechzig Kilometer südlich von Invercargill auf Neuseeland.«
    »Es kommt einem so nah vor, wenn man auf die Karte guckt«, sagte Maeve wehmütig.
    Giordino nahm seine Armbanduhr ab und rieb das Glas an seinem Hemd. »Nicht nah genug, wenn man bedenkt, daß der arme Rodney fast vierzig Jahre hier gelegen hat, ohne daß jemand auf ihn gestoßen ist.«
    »Seh’s doch mal von der positiven Seite«, sagte Pitt mit einem breiten Grinsen. »Stell dir vor, du bist in Las Vegas und hast Kleingeld im Wert von achtunddreißig Dollar in den Spielautomaten gesteckt, ohne etwas rauszuholen. Das Gesetz der Serie besagt, daß du mit den nächsten beiden Vierteldollarmünzen gewinnen müßtest.«
    »Der Vergleich hinkt«, versetzte Giordino, der ewige Spielverderber.
    »Wie das?«
    Giordino schaute versonnen in die Hütte. »Weil wir keine zwei Vierteldollarmünzen

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