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Schockwelle

Schockwelle

Titel: Schockwelle Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Clive Cussler
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alle froh, wenn ich sie eine Weile nicht herumkommandiere.«
    Al Giordino saß auf dem Pilotensitz des türkisfarbenen NUMA-Helikopters und war in ein Rätsel vertieft. Er war etwa so groß wie eine niedrige Stehlampe, dabei rund und stämmig wie ein Bierfaß auf Beinen, und seine Arme wirkten wie zwei Schiffskräne. Ab und zu blickte er auf, hielt mit den schwarzbraunen Augen durch die Cockpit-Verglasung Ausschau nach Pitt und, nachdem er ihn in dem Schneetreiben nirgendwo sah, widmete er sich wieder seinem Rätsel. Er hatte lockige, schwarze Haare und ein rundliches Gesicht, das stets ein bißchen spöttisch wirkte, so als wäre er etwas skeptisch, was die Welt und ihre Bewohner anging. Die Nase war ihm eindeutig von seinen römischen Ahnen vererbt worden.
    Er und Pitt waren von Kindesbeinen an dicke Freunde. Sie hatten gemeinsam bei der US-Luftwaffe gedient und sich dann freiwillig gemeldet, als man Leute für eine neu zu gründende Bundesbehörde gesucht hatte, die sich mit der Erforschung der Meere und der Entwicklung der entsprechenden Unterwassertechnologie befassen sollte. Es war zunächst eine befristete Anstellung gewesen, aber inzwischen waren sie schon seit gut vierzehn Jahren bei der NUMA, der National Underwater and Marine Agency.
    »Ich suche ein Wort mit sechs Buchstaben. Was ist ein durchgeknalltes Klettertier, das Stechäpfel frißt?« fragte er den Mann, der hinter ihm in der Ladebucht des Hubschraubers saß.
    Der Meeresbiologe in Diensten der NUMA blickte von einem Exemplar auf, das er gesammelt hatte, und zog fragend die Augenbrauen in die Höhe.
    »Ich kenne kein durchgeknalltes Klettertier.«
    »Bist du sicher? Das steht da aber.«
    Roy Van Fleet wußte genau, wenn Giordino ihm einen Bären aufbinden wollte. Nach drei Monaten, die sie gemeinsam auf See verbracht hatten, fiel er nicht mehr auf die Tricks des pummeligen Italieners herein. »Aber da fällt mir was ein. Es könnte das mongolische Flugfaultier sein. Schau mal, ob ›Hänger‹ paßt?«
    Giordino begriff, daß ihn der Biologe durchschaut hatte. Er blickte von seinem Rätsel auf und starrte in das Schneetreiben hinaus. »Dirk müßte inzwischen wieder zurück sein.«
    »Wie lange ist er weg?« fragte Van Fleet.
    »Seit etwa einer Dreiviertelstunde.«
    Giordino rieb sich die Augen, als er in der Ferne zwei undeutliche Gestalten auftauchen sah. »In dem Käsebrot, das ich gerade gegessen habe, muß ja ein komisches Zeug gewesen sein.
    Ich könnte schwören, daß er jemanden dabei hat.«
    »Nie und nimmer. Im Umkreis von dreißig Kilometern gibt’s hier keine Menschenseele.«
    »Komm her und überzeug dich selber.«
    Ehe Van Fleet sein Reagenzglas zugeschraubt und wieder in dem Holzständer verstaut hatte, riß Pitt die Eingangsluke auf und half Maeve in den Hubschrauber.
    Sie streifte die Kapuze ab, schüttelte die goldblonden Haare aus und strahlte übers ganze Gesicht. »Seien Sie gegrüßt. Sie können sich gar nicht vorstellen, wie froh ich bin, daß Sie hier sind.«
    Van Fleet war völlig verdattert. Er sah aus, als wäre er soeben der Weißen Frau begegnet.
    Giordino wiederum seufzte nur schicksalsergeben. »So was bringt niemand außer Dirk Pitt fertig«, stellte er lediglich fest.
    »Zieht mitten im Schneesturm auf einer gottverlassenen Insel in der Antarktis los und entdeckt eine wunderschöne junge Frau.«
4
    Weniger als eine Stunde nachdem Pitt das NUMA-Forschungsschiff
Ice Hunter
verständigt hatte, trotzte Kapitän Paul Dempsey dem eisigen Wind und sah zu, wie Giordino mit dem Hubschrauber auf die Landeplattform des Schiffes einschwebte. Mit Ausnahme des Schiffskochs, der in der Kombüse mit der Zubereitung heißer Mahlzeiten beschäftigt war, und des Chefingenieurs, der lieber im Maschinenraum blieb, war die gesamte Besatzung einschließlich der Laboranten und Wissenschaftler an Deck angetreten, um die erste Gruppe ausgefrorener und hungriger Touristen zu begrüßen, die von Seymour Island angeflogen wurde.
    Kapitän Dempsey war auf einer Ranch in den Beartooth Mountains an der Grenze zwischen Wyoming und Montana aufgewachsen. Nach dem High-School-Abschluß war er von zu Hause weggelaufen und hatte auf Fischerbooten vor der Küste von Kodiak in Alaska gearbeitet. Er hatte die eisigen Gewässer nördlich des Polarkreises liebengelernt und war nach bestandener Prüfung Kapitän auf einem Eisbrecher und Bergungsschlepper geworden. Ohne zu zaudern hatte es Dempsey mit den schlimmsten Stürmen im Golf von Alaska aufgenommen,

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