Schockwelle
läßt sich das nicht sagen. Allerdings sieht es eindeutig danach aus, als gäbe es da einen gewissen Zusammenhang.«
»Haben Sie die Tiere im Schiffslabor untersucht?« fragte Maeve.
»Ich habe zwei Seelöwen und drei Delphine seziert, aber nichts gefunden, aus dem sich eine Theorie ableiten ließe. In allen Fällen scheint der Tod durch innere Blutungen eingetreten zu sein.«
»Delphine, Robben, Vögel und Menschen«, sagte Pitt leise.
»Und alle sind der gleichen tödlichen Geißel zum Opfer gefallen.«
Van Fleet nickte mit ernster Miene. »Die unzähligen Tintenfische und Meeresschildkröten nicht zu vergessen, die rund um den Pazifik angespült wurden. Dazu Millionen toter Fische, die man vor der Küste von Peru und Ecuador gefunden hat.«
»Wenn das so weitergeht, läßt sich nicht einmal annähernd schätzen, wie viele Tierarten unter und über Wasser ausgerottet werden.« Pitt wandte den Blick zum Himmel, als er in der Ferne den Helikopter hörte. »Und was wissen wir nun? Abgesehen davon, daß diese rätselhafte Seuche alles Leben im Meer und an Land tötet, und zwar unterschiedslos.«
Van Fleet stand auf. Er war sichtlich erschüttert. »Wenn wir nicht feststellen, was dieses Massensterben verursacht – ob es sich um eine Laune der Natur handelt oder um menschliche Eingriffe –, und wenn wir uns nicht mächtig ranhalten, könnte es passieren, daß die Ozeane bald bar jeden Lebens sind.«
»Nicht nur die Ozeane. Vergessen Sie nicht, daß dieses Phäno men auch an Land tödlich ist«, erinnerte ihn Maeve.
»Daran mag ich gar nicht denken.«
Eine Zeitlang schwiegen sie alle. Jeder versuchte zu begreifen, welcher Gefahrenherd in und unter dem Meer lauerte.
Schließlich ergriff Pitt das Wort.
»Kommt mir so vor«, sagte er mit nachdenklicher Miene, »als hätten wir einen Haufen Arbeit vor uns.«
5
Pitt saß vor einem großen Bildschirm und musterte das per Computer vergrößerte Satellitenfoto der Antarktischen Halbinsel und der umliegenden Inseln. Er lehnte sich zurück, gönnte seinen Augen einen Moment lang Ruhe und blickte dann durch die getönten Fenster des Navigationsraums der
Ice Hunter,
als die Sonne durch die aufreißende Wolkendecke drang. Es war elf Uhr abends, und da in der südlichen Hemisphäre Sommer herrschte, blieb es fast rund um die Uhr hell.
Die Passagiere der
Polar Queen
waren verköstigt und in den komfortablen Quartieren untergebracht worden, die ihnen die Besatzung und die Wissenschaftler an Bord freundlicherweise überlassen hatten. Die wiederum waren kurzerhand zusammengelegt worden. Dr. Greenberg hatte alle untersucht und keinerlei bleibende Schäden oder Verletzungen festgestellt.
Zwar litten ein paar unter leichten Erkältungen, aber zu seiner großen Erleichterung hatte sich offenbar niemand eine Lungenentzündung zugezogen.
Im Biolabor, das sich zwei Decks über der Krankenstation befand, sezierte Van Fleet gemeinsam mit Maeve Fletcher die Pinguine und Seeleoparden, die sie im Hubschrauber von Seymour Island mitgenommen hatten. Die drei toten Mitglieder der Landexkursion hatte man unterdessen auf Eis gelegt, bis man sie einem erfahrenen Pathologen übergeben konnte.
Pitts Blick schweifte über den mächtigen Doppelbug der
Ice Hunter.
Mit herkömmlichen Forschungsschiffen hatte sie nichts gemein. Sie war einzigartig, das erste im Dienste der Wissenschaft stehende Schiff, das ausschließlich am Computer entwickelt und von Schiffsbauingenieuren in enger Zusammenarbeit mit Meeresforschern entworfen worden war.
Sie lag hoch im Wasser, verfügte über einen Doppelrumpf, in dem die starken Maschinen und die Hilfsaggregate untergebracht waren. Die stromlinienförmigen Aufbauten bargen allerlei technische Raffinessen und modernste Gerätschaften. Die Unterkünfte für die Besatzung und die Meereswissenschaftler konnten durchaus mit der Eignerkabine eines Luxusdampfers konkurrieren. Die
Ice Hunter
wirkte schlank, fast zerbrechlich, doch das täuschte. Im Grunde genommen war sie ein Arbeitspferd, dazu geschaffen, auch bei kabbeliger See ruhige Fahrt zu machen und selbst hochgehende Wellen mühelos abzureiten.
Mit dem kompromißlos keilförmig zugeschnittenen Schiffskörper konnte sie bis zu vier Meter dickes Packeis durchschneiden.
Admiral James Sandecker, der umtriebige Leiter der NUMA, hatte ihre Entwicklung von den ersten Computerentwürfen bis zur Jungfernfahrt rund um Grönland verfolgt. Sie war sein ganzer Stolz, von den weiß schimmernden Aufbauten bis zu dem
Weitere Kostenlose Bücher