Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Schockwelle

Schockwelle

Titel: Schockwelle Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Clive Cussler
Vom Netzwerk:
Widerwort. »Gott stehe ihnen bei«, flüsterte sie vor sich hin. »Ich darf ihnen nicht zeigen, daß ich mit meiner Weisheit am Ende bin.«
    Sie erschauderte unter dem bedrückenden Gefühl der Hilflosigkeit. Eine seltsame Lethargie befiel sie. Maeve wußte, daß sie diese schreckliche Prüfung bis zum bitteren Ende durchstehen mußte, doch sie bezweifelte, daß sie auch weiterhin die Kraft hatte, die Verantwortung für zwanzig Menschenleben zu übernehmen. Trotz aller Teilnahmslosigkeit horchte sie auf, als sie, wenn auch nur undeutlich, ein merkwürdiges Geräusch vernahm, das anders klang als der heulende Wind. Als schlüge etwas in der Luft. Dann wurde es wieder schwächer. Reine Einbildung, sagte sie sich. Vermutlich hatte lediglich der Wind gedreht, so daß er jetzt andere Töne erzeugte, wenn er durch das Luftloch am Höhleneingang pfiff.
    Dann hörte sie es wieder, ganz kurz nur, bevor es endgültig erstarb. Mühsam stand sie auf und stolperte durch den Tunnel.
    Vor dem Windschutz hatte sich eine Schneewehe aufgetürmt, die das Schlupfloch fast verstopfte. Sie entfernte etliche Steine, bis der Durchgang breit genug für sie war, und kroch hinaus in die eisige Welt. Der Wind blies unverändert mit mehr als zwanzig Knoten und wirbelte die Schneefelder auf wie ein Tornado. Plötzlich straffte sie sich, kniff die Augen zusammen und starrte in das dichte Gestöber.
    Irgend etwas schien sich da draußen zu bewegen, eine undeutliche Gestalt, kaum wahrnehmbar und doch deutlich dunkler als das dichte Schneetreiben.
    Sie wagte einen Schritt und fiel prompt vornüber. Eine Zeitlang überlegte sie, ob sie nicht liegenbleiben und einschlafen sollte. Der Drang, einfach aufzugeben, war überwältigend. Doch noch waren ihre Lebensgeister nicht endgültig erloschen. Sie mühte sich auf die Knie und starrte in das diffuse Zwielicht. Sie bemerkte etwas, was sich auf sie zubewegte. Dann raubte ihr eine weitere Bö die Sicht.
    Kurz darauf tauchte es wieder auf, näher diesmal. Ihr Herz raste.
    Es war eine menschliche Gestalt, ein Mann, voller Eis und Schnee.
    Sie winkte aufgeregt und rief ihn an. Er blieb stehen, so als horchte er, wandte sich dann ab und wollte wieder weggehen.
    Diesmal schrie sie. Es war ein hoher, gellender Schrei, wie ihn nur eine Frau zustande bringt. Die Gestalt drehte sich um und starrte durch das Schneetreiben zu ihr her. Hektisch wedelte sie mit beiden Armen. Er winkte zurück und kam auf sie zugetrabt.
    »Bitte, lieber Gott, mach, daß das keine Einbildung ist«, betete sie voller Inbrunst.
    Und dann kniete er neben ihr im Schnee, ergriff ihre Schulter und umschlang sie, so kam es ihr vor, mit den stärksten und kräftigsten Armen, die sie je gespürt hatte. »Gott sei Dank. Ich habe nie die Hoffnung aufgegeben, daß jemand kommt.«
    Er war groß, trug einen türkisfarbenen Parka, über dessen linker Brustseite die Buchstaben NUMA prangten, und eine Skimaske samt Schneebrille. Er nahm die Brille ab und musterte sie mit unglaublich leuchtenden grünen Augen, aus denen sowohl Erstaunen als auch Überraschung sprachen. Mit seinem tiefbraunen Gesicht wirkte er in der Antarktis merkwürdig fehl am Platz.
    »Was, um alles in der Welt, machen Sie hier?« fragte er sie mit rauher Stimme, in der ein besorgter Unterton mitschwang.
    »Ich habe mich mit zwanzig Leuten in der Höhle da hinten verkrochen. Wir waren auf einem Landausflug. Unser Kreuzfahrtschiff ist weggefahren und nicht zurückgekommen.«
    Ungläubig musterte er sie. »Man hat Sie hier sitzenlassen?«
    Sie nickte und starrte bang in den Sturm hinaus. »Hat es eine weltweite Katastrophe gegeben?«
    Er kniff die Augen zusammen. »Nicht daß ich wüßte. Warum fragen Sie?«
    »Drei Leute aus meiner Gruppe sind unter mysteriösen Umständen ums Leben gekommen. Und die nördlich der Bucht gelegene Pinguinkolonie wurde bis auf den letzten Vogel vernichtet.«
    Der Fremde zeigte keine Reaktion. Falls ihn die traurige Nachricht überraschte, ließ er es sich nicht anmerken. Er half Maeve auf die Beine. »Wir sollten lieber zusehen, daß wir aus diesem Schneesturm rauskommen.«
    »Sie sind Amerikaner«, sagte sie, bibbernd vor Kälte.
    »Und Sie Australierin.«
    »Ist das so offensichtlich?«
    »Man hört’s an der Aussprache.«
    Sie bot ihm die Hand zum Gruß. »Sie wissen ja gar nicht, wie froh ich bin, Sie zu sehen, Mr…?«
    »Ich heiße Dirk Pitt.«
    »Maeve Fletcher.«
    Ohne auf ihre Einwände zu achten, hob er sie hoch, hielt sich an ihre Fußstapfen

Weitere Kostenlose Bücher