Schockwelle
erwischen.«
»Dann benutze ich eben ein größeres Boot und nehme eine Harpune mit«, versetzte Pitt spöttisch.
»Warum begeben Sie sich nicht einfach mit einem Team zuverlässiger kanadischer Umwelttechniker auf das Gelände und informieren uns über jegliche unlauteren Vorgänge?«
Pitt schüttelte den Kopf. »Reine Zeitverschwendung. Dorsetts Betriebsleiter würde lediglich die Mine schließen, bis wir wieder weg sind. Man erfährt mehr, wenn sie nicht auf der Hut sind.«
Posey starrte mehrere Sekunden lang an Pitt vorbei aus dem Fenster. Dann zuckte er die Achseln. »Na schön, ich besorge Ihnen von Environment Canada einen Zeitvertrag zur Erforschung des Seetangs rund um Kunghit. Sie werden dort untersuchen, ob der Riementang Schäden von Chemikalien davonträgt, die im Zuge der Schürfarbeiten ins Meer geleitet werden. Wie klingt das?«
»Vielen Dank«, sagte Pitt. »Wieviel verdiene ich dabei?«
Posey ging auf den Scherz ein. »Tut mir leid, Sie sind im Etat nicht vorgesehen. Aber vielleicht lasse ich mich überreden und spendiere Ihnen an der nächsten Imbißbude einen Hamburger.«
»Einverstanden.«
»Noch etwas. Wollen Sie allein hin?«
»Eine Person wirkt weniger verdächtig als zwei.«
»Nicht in diesem Fall«, sagte Posey grimmig. »Ich rate Ihnen dringend, einen einheimischen Indianer als Führer mitzunehmen. Dadurch wirkt Ihr Auftreten offizieller.
Environment Canada arbeitet eng mit den Stämmen zusammen, um Umweltschäden zu verhindern und die Waldbestände zu bewahren. Ein Forscher und ein einheimischer Fischer, die im Auftrag der Regierung tätig sind, dürften jegliche Zweifel bei Dorsetts Wachpersonal zerstreuen.«
»Haben Sie jemanden im Sinn?«
»Mason Broadmoor. Ein sehr findiger Bursche. Ich habe ihn schon früher bei einer Reihe von Umweltprojekten eingesetzt.«
»Ein Indianer namens Mason Broadmoor?«
»Er ist vom Stamme der Haida, die auf den Queen Charlotte Islands vor der Küste von British Columbia leben. Die meisten haben schon vor zig Jahren englische Namen angenommen. Sie sind aus gezeichnete Fischer und kennen die Gewässer rund um Kunghit.«
»Ist Broadmoor ebenfalls Fischer?«
»Eigentlich nicht. Aber er ist sehr kreativ.«
»In welcher Hinsicht?«
Posey zögerte einen Moment, rückte einige Papiere auf seinem Schreibtisch zurecht und schaute Pitt dann ziemlich verlegen an.
»Mason Broadmoor«, sagte er schließlich, »schnitzt Totempfähle.«
18
Arthur Dorsett trat wie jeden Morgen pünktlich um sieben Uhr aus dem Privatfahrstuhl zu seinem Penthaus. Er wirkte wie ein Stier, der in die Arena von Sevilla prescht – gewaltig, bedrohlich und unbezwingbar. Ein Hüne von einem Mann, dessen breite Schultern den Türrahmen streiften, als er sich unter dem Sturz hindurchduckte. Er hatte eine Statur wie ein Proficatcher, muskulös und furchteinflößend. Wie Stahlwolle ringelten sich die sandfarbenen Haare auf seinem Kopf. Das Gesicht war derb und hatte denselben bösartigen Ausdruck wie die schwarzen Augen unter den dichten, struppigen Brauen. Er bewegte sich mit einem seltsam schaukelnden Gang, bei dem sich seine Schultern hoben und senkten wie die Tandemausgleichsbalken einer Dampfmaschine.
Seine Haut war ledrig und sonnengegerbt, denn nach wie vor arbeitete er tagelang in den offenen Minen, trieb seine Schürfer zu immer höherer Leistung an und steckte, was die Ausbeute anging, selbst die Fleißigs ten noch immer in den Sack. Ein mächtiger Schnurrbart, dessen Spitzen neben den Mundwinkeln nach unten gezwirbelt waren,
zierte
seine Oberlippe, die er stets leicht hochgezogen hatte wie eine Muräne, so daß man die vom jahrelangen Pfeiferauchen gelblich verfärbten Zähne sah. Er wirkte arrogant und verächtlich, erhaben über Gott und die Welt.
Arthur Dorsett war ein Herrscher von eigenen Gnaden und folgte einzig seinen Gesetzen.
Dorsett scheute das Rampenlicht, was nicht einfach war bei seinem Reichtum, von dem unter anderem die vierhundert Millionen Dollar teure Firmenzentrale seines Schmuckhauses in Sydney kündete. Ohne jeden Bankkredit hatte er den Bau dieser beiden Hochhausgiganten finanziert, in denen sich die Büros der Makler, Agenten und Verkäufer sowie Werkstätten zum Schleifen, Facettieren und Polieren der Steine befanden. Man wußte, daß er einer der großen Diamantenproduzenten der Welt war, aber niemand ahnte, daß er auch hinter den Kulissen des Buntedelsteinmarktes eine gewichtige Rolle spielte.
Er schritt durch das Vorzimmer, ohne die
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