Schockwelle
kleinen Bälger, die du in der Gosse ausgetragen hast, mit Sicherheit sterben. Machst du deine Sache gut, werden sie ein Leben in Reichtum führen.«
»Du bist ja verrückt«, stieß sie fassungslos aus. »Du würdest dein eigen Fleisch und Blut ermorden, als wäre das gar nichts –«
»Oh, da irrst du dich aber gewaltig, liebes Schwesterherz«, wurde sie von Boudicca unterbrochen. »Zwanzig Milliarden Dollar sind weit mehr als gar nichts.«
»Was für einen Wahnwitz habt ihr da ausgebrütet?« fragte Maeve.
»Wenn du nicht davongelaufen wärst, wüßtest du es«, sagte Deirdre giftig.
»Papa gedenkt den Diamantenmarkt weltweit zusammenbrechen zu lassen«, erklärte Boudicca so ungerührt, als beschriebe sie ein neues Paar Schuhe.
Maeve starrte sie an. »Das ist doch unmöglich. Nie und nimmer würden De Beers und das übrige Kartell einen drastischen Preisverfall bei Diamanten dulden.«
Dorsett warf sich hinter seinen Schreibtisch in die Brust.
»Sosehr sie auch mit ihren üblichen Methoden das Gesetz von Angebot und Nachfrage zu manipulieren versuchen – in dreißig Tagen wird es zum Zusammenbruch kommen. Dann nämlich werden Steine den Markt überschwemmen, und das zu einem Preis, den sich jedes Kind leisten kann.«
»Nicht mal du kannst die Gesetze des Marktes bestimmen.«
»Du irrst dich gewaltig, liebe Tochter«, sagte Dorsett selbstgefällig. »Die überzogenen Diamantenpreise stehen in unmittelbarem Zusammenhang mit der geringen Fördermenge.
De Beers hat sich die Legende von den angeblich so seltenen Diamantenvorkommen zunutze gemacht, neue Minen in Kanada, Australien und Afrika dazugekauft, die geförderten Steine zurückgehalten und so den Preis in die Höhe geschraubt.
Als beispielsweise die Russen ihre Minen in Sibirien erschlossen und ein vierstöckiges Lagerhaus mit Tausenden von Tonnen von Steinen gefüllt haben, konnte De Beers nicht zulassen, daß sie damit den Markt überschwemmten. Folglich wurde man sich handelseinig. De Beers gewährt der neuen russischen Regierung Kredite in Milliardenhöhe, die in Diamanten zurückbezahlt werden. Damit hat er im Interesse der Produzenten und Händler die hohen Preise gewahrt. Das Kartell hat viele Minen aufgekauft und dann stillgelegt, um die Fördermenge künstlich niedrig zu halten. So zum Beispiel die Lagerstätten im amerikanischen Bundesstaat Arizona. Wenn die ausgebeutet würden, könnten sie einer der ergiebigsten Fundorte der Welt werden. Statt dessen hat De Beers die Ländereien erstanden und sie der Nationalparkverwaltung übereignet, die Touristen gegen ein geringes Entgelt die Erlaubnis erteilt, ein bißchen an der Oberfläche herumzuschürfen.«
»Und genauso ist man mit anderen Fördergesellschaften umgesprungen, ob nun in Tansania oder in Brasilien«, sagte Deirdre. »Du warst ein guter Lehrer, Papa. Wir wissen bestens Bescheid über die heimlichen Manipulationen des Diamantenkartells.«
»Ich nicht«, fauchte Maeve ihren Vater an. »Mich hat der Diamantenhandel noch nie interessiert.«
»Wie schade, daß du bei Papas Lektionen nie zugehört hast«, sagte Boudicca. »Wäre in deinem eigenen Interesse gewesen, wenn du besser aufgepaßt hättest.«
»Und was hat das alles mit dem Zusammenbruch des Marktes zu tun?« fragte Maeve. »Ein Preisverfall würde doch auch Dorsett Consolidated Mining ruinieren. Welchen Vorteil hättest du denn durch so eine Katastrophe?«
»Es ist besser, wenn du das erst hinterher erfährst«, sagte Dorsett und biß mit den verfärbten Zähnen auf das Mundstück der kalten Pfeife. »Im Gegensatz zu Boudicca und Deirdre kann ich mich bei dir nicht darauf verlassen, daß du Stillschweigen bewahrst.«
»Dreißig Tage. Ist das dein Zeitplan?«
Dorsett lehnte sich zurück, verschränkte die mächtigen Arme und nickte. »In den letzten zehn Jahren habe ich meine Schürfer in drei Schichten rund um die Uhr arbeiten lassen. Noch einen Monat, dann habe ich Steine im Wert von über zwei Milliarden Dollar auf Lager. Da die wirtschaftliche Entwicklung derzeit weltweit ins Stocken geraten ist, hat der Diamantenabsatz zeitweise stagniert. Nicht einmal die immensen Summen, die das Kartell in die Werbung gesteckt hat, konnten die Verkaufszahlen steigern. Wenn mich mein Instinkt nicht trügt, wird der Markt in dreißig Tagen am Tiefpunkt angelangt sein, ehe er sich wieder erholt. Genau in diesem Moment gedenke ich zuzuschlagen.«
»Was treibst du in deinen Minen? Was verursacht dieses Massensterben da draußen im
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