Schön scheußlich
habe er die kernigeren Gene, oder zumindest so, als könne er ihr ein Stück Zebrafleisch für ihre Dienste bieten. Viele Evolutionsbiologen vertreten die Ansicht, dass der eine oder andere Knacks in der Monogamie dazu beitrug, die sexuelle Eifersucht beim Mann entstehen zu lassen - und damit so grausame kulturelle Rituale wie die Beschneidung weiblicher Genitalien, das Verkrüppeln der Füße und andere Methoden, mit denen Männer weibliche Untreue unter Kontrolle zu bringen versucht haben. Und wenn eine Frau auch manches Mal gute Gründe haben mag, angesichts der Untreue ihres Gatten in Rage zu geraten, so ist sie doch in der Regel die Kleinere und kaum in der Lage, einen Mann lange genug festzuhalten, um ihm ein eisernes Penisfutteral anzulegen. Aber die Frauen sind nicht ganz und gar hilflos. Die Evolution hat ihnen Möglichkeiten verliehen, sich der allzu engen Überwachung durch den Mann zu entziehen - in erster Linie durch das Geschenk des verborgenen Eisprungs. Im Unterschied zum Rhesusäffchen färbt sich das Hinterteil einer Frau nicht grellrot, wenn sie fruchtbar wird. Im Unterschied zu Motten sendet sie keine Pheromonnachricht über ihren Zustand in den Äther. Und sie steht auch nicht wie eine Katze maunzend am Fenster. Der Mann kann sie während der gefährlichen Zeit um den Eisprung herum also nicht ganz so leicht überwachen.
Um die Männer zusätzlich zu verwirren, haben Frauen durchgehend mehr oder minder gleichbleibend große Brüste. Bei den Menschenaffen sind große Brüste ein Signal dafür, dass das Weibchen stillt und daher in reproduktiver Hinsicht wenig von ihm zu erwarten ist. Beim Menschen aber macht es die unveränderte Form des weiblichen Busens dem Mann schwer, zu beurteilen, wann die Frau fruchtbar ist und wann sie stillt - ein weiterer Strich durch seine Bestrebungen, ihre reproduktiven Aktivitäten einzuschränken. Vielleicht ist das die Erklärung dafür, dass Männer so ungemein busenfixiert sind: Sie suchen nach Hinweisen. Zu dumm, dass sie an der verkehrten Stelle suchen.
2.
Streicheleinheiten
Es ist der Balsam für eine kriegerische Welt. Manchmal wirkt es als Aphrodisiakum: Es veranlasst Männer dazu, Frauen noch leidenschaftlicher zu begehren, und Frauen dazu, männliche Annäherungsversuche noch hingebungsvoller entgegenzunehmen. Es lässt den Körper erbeben und löst wohlige Wellen der Erregung aus. Hinterher bildet es die klassische »Zigarette danach«: Es verstärkt das Gefühl von entspannter Zufriedenheit. Zu anderer Zeit dient es als Verstärker des Familienlebens: Es bringt frisch gebackene Mütter dazu, ihre Jungen zu nähren, und macht frisch gebackene Väter eher bereit, ums Nest herum zu helfen. Auch unter Individuen, die weder Geschlechtspartner noch Eltern sind, kann diese Verbindung einen unwiderstehlichen Drang zum Schmusen erzeugen.
Die magische Verbindung, von der hier die Rede ist, heißt Oxytozin, ein kleines, hoch wirksames Peptidhormon, das von der mandelgroßen Hypophyse am Grund des Gehirns ausgeschüttet wird. Oxytozin ist der Wissenschaft seit langem als die chemische Substanz bekannt, die die Kontraktionen der Gebärmutter im Verlauf der Geburt stimuliert und die Brust der Mutter dazu anregt, Milch für das Neugeborene zu produzieren. Nun scheint es, als könne das Hormon weit mehr, als Muskelkontraktionen auszulösen. Wissenschaftler haben festgestellt, dass es bei bei den Geschlechtern aktiv ist und dazu beiträgt, einen Großteil der angenehmeren sozialen und sexuellen Interaktionen des Lebens zu dirigieren - Beziehungen zwischen männlichem und weiblichem Geschlecht, zwischen Eltern und Nachwuchs, zwischen Nachbar und Nachbar. Es ist das Zufriedenheitshormon, das Hausmittel von Mutter Natur, dem Glück auf die Sprünge zu helfen.
Wie so häufig bei den interessantesten Fragen der Forschung ist ein Großteil der Arbeit an nicht menschlichen Arten erfolgt, und niemand kann sagen, wie leicht sich die Befunde künftig auf uns Menschen anwenden lassen. Es ist zwar mit Sicherheit anzunehmen, dass Oxytozin integraler Bestandteil menschlicher Sexualität und menschlichen Glücklichseins ist, aber ebenso wahrscheinlich ist, dass sich der Hormonstoffwechsel auf seinen verschlungenen Wegen durch unseren Körper und unser Gehirn als ungemein komplex erweisen wird. Machen Sie sich also keine Hoffnungen, dass Oxytozinpillen in absehbarer Zeit Prozac ersetzen werden.
Trotzdem hat sich die Oxytozinmanie eindeutig unserer bemächtigt.
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