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Schön tot: Ein Wien-Krimi (German Edition)

Schön tot: Ein Wien-Krimi (German Edition)

Titel: Schön tot: Ein Wien-Krimi (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Edith Kneifl
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hat keinen anderen als meinen Vater, diesen unscheinbaren, großen, dünnen Mann mit Brille, geliebt“, unterbrach ich sie.
    „Die halbe Männerwelt von Margareten war in sie vernarrt.“
    „Habe ich gehört“, sagte ich leise.
    „Sie sah aus wie ein Vamp. Sie könnten genauso aussehen. Sie haben ihr Gesicht und ihr dichtes, lockiges Haar geerbt. Nur die Farbe ist anders. Allerdings sind Sie viel schlanker.“
    Gott sei Dank, dachte ich, sagte es aber nicht laut. Ich hatte von klein auf versucht, das mütterliche Erbe zu verleugnen. Gab mich betont maskulin. Schminkte mich kaum und trug keinen auffälligen Schmuck. Meine Mutter hatte eine Vorliebe für große, schwere Ohrgehänge und Ketten gehabt. Auch was meine Kleidung betraf, versuchte ich, mich von ihr zu unterscheiden. Sie hatte grelle, leuchtende Farben bevorzugt und ihre sehr weiblichen Formen mit entsprechender Garderobe unterstrichen. Ich trug am liebsten dunkle, relativ unauffällige Klamotten.
    „Haben Sie sich etwa für Ihre Mutter geschämt?“
    „Natürlich nicht. Ich stehe zu meiner Herkunft“, sagte ich und wusste eigentlich nicht, warum ich das sagte. „Aber Sie wissen genauso gut wie ich, dass Sinti und Roma bei uns nach wie vor schräg angeschaut werden, obwohl Österreich das erste europäische Land war, das die Sinti und Roma offiziell als Minderheit anerkannt hat.“
    „Und das war gut so.“ Es klang eher fragend.
    „Ja, es wurde langsam Zeit. Schließlich sind wir die größte ethnische Minderheit Europas“, sagte ich.
    Sie reagierte nicht auf meine trotzige Antwort, sondern zeigte mir nun Unterwäsche aus hauchdünner Spitze, die sie gerade aus Paris mitgebracht hatte.
    Ich konnte nicht widerstehen. Verschwand hinter dem Vorhang, hinter dem sich ihr Lager und ihre Teeküche befanden, und probierte den mit kleinen roten Röschen bestickten schwarzen BH und den dazupassenden Stringtanga.
    Normalerweise mochte ich es nicht, wenn ich beim Probieren von Unterwäsche gestört wurde, doch als Frau Klaric den schweren Vorhang beiseite schob und mir ihre Hilfe anbot, fragte ich sie, ob ich in meinem fortgeschrittenen Alter noch in solch aufreizender Wäsche herumlaufen könne.
    Lächelnd zupfte sie an den Trägern meines BHs herum. Brachte meinen Busen in Bestform. Dann fragte sie mich, wozu ich eine Brustprothese brauchen würde.
    Zögernd erzählte ich ihr von Orlando und dem missglückten Anschlag auf ihn. Ihre Augen weiteten sich vor Entsetzen, als ich ihr die Wunde unter seiner Schulter beschrieb. Sie kannte Orlando seit seiner Kindheit und schien durchaus etwas für ihn übrig zu haben. Jedenfalls gab sie mir ein paar Netzstrümpfe für ihn mit.
    Ich wollte dieselben Strümpfe probieren. Während ich sie an dem schwarzen Strapsgürtel, den sie mir mit den Strümpfen reichte, befestigte, läutete die altmodische Türglocke. Ich erhaschte einen Blick auf einen dunkelhaarigen Mann in meinem Alter. Er musterte mich amüsiert, bevor ich den Vorhang zuziehen konnte.
    Frau Klaric schien ihn zu kennen. Sie kannte Gott und die Welt. Während ich mich rasch wieder anzog, plauderte sie mit ihrem neuen Kunden.
    Als ich hinter dem Vorhang hervorkam, stand der Feschak in einem knappen schwarzen Slip vor Frau Klaric. Er war offensichtlich gerade dabei, einen altmodischen Nadelstreifanzug anzuprobieren. Ein schlanker, aber muskulöser und stark behaarter Mann. Die Ausbuchtung in seiner Unterhose war nicht zu übersehen.
    Frau Klaric zwinkerte mir belustigt zu.
    Er war genau der Typ, auf den ich normalerweise reinzufallen pflegte. Dunkelhaarig, sonnenstudiogebräunt, Lachfältchen um die Augen und ein bisschen schmierig. Ich interessierte mich plötzlich brennend für eine alte Schreibmaschine, die auf einer wackeligen Kommode neben der Eingangstür stand.
    Als Frau Klaric mich fragte: „Passt dem Herrn denn dieser Anzug nicht wie angegossen?“, griff ich nach einem schwarzen Borsalino.
    „Setzen Sie den mal auf und dazu die schwarze Sonnenbrille aus dem Schaufenster. Damit würden Sie wie ein sizilianischer Mafioso aussehen“, sagte ich grinsend.
    Er schenkte mir ein breites Gigolo-Lächeln. Sein rechter Eckzahn war mit Gold überzogen. Mir wurde bewusst, dass er eigentlich wie ein Rom aussah. Sofort verging mir das Lachen.
    Frau Klaric scherzte weiter mit ihm. Er flirtete richtiggehend mit ihr, obwohl sie mindestens zwanzig Jahre älter war als er. Ich mischte mich nicht ein. Beobachtete ihn nur misstrauisch.
    Als Frau Klaric dann Orlandos

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