Schön tot: Ein Wien-Krimi (German Edition)
falschen Busen und seine Netzstrümpfe hinter dem Vorhang verpackte, gab er mir seine Visitenkarte und bat mich, ihn demnächst anzurufen. „Wir könnten uns ja mal im Cuadro treffen“, sagte er.
Er kaufte den Anzug, den Borsalino und die Sonnenbrille. Kaum hatte sich die Tür hinter ihm geschlossen, sagte Frau Klaric: „Dieser Herr ist ein guter Kunde von mir. Sieht er nicht fantastisch aus? Sein Waschbrettbauch ist einfach hinreißend.“
„Ein Mann ohne Bauch ist wie ein Himmel ohne Sterne“, sagte ich und sah mir seine Visitenkarte genauer an. „Tony Meyers. Tony mit Ypsilon. Ein Angeber“, murmelte ich abfällig. „Beruf hat er anscheinend keinen. Vielleicht ist er Zuhälter? Oder einer von diesen schwindligen Versicherungsmaklern?“
„Keine Ahnung. Aber er hat einen guten Schmäh. Ich finde ihn jedenfalls sehr charmant“, betonte Frau Klaric.
Dann widmeten wir uns wieder ernsthafteren Themen. Auch sie hatte Ilona, die Tote aus dem Bacherpark, gekannt. Und bevor ich Orlandos Serientäter-Theorie ins Gespräch bringen konnte, sagte sie: „Ich bin überzeugt, dass die beiden Frauen Opfer ein- und desselben Täters waren. Und jetzt hätte fast auch noch der arme kleine Orlando dran glauben müssen, weil er wie eine hübsche Tussi aussah. Ich sag’s Ihnen, in Margareten treibt ein Serienkiller sein Unwesen.“
Ich nickte abwesend. Meine Gedanken waren bei dem Schmalspurcasanova von vorhin.
Die Türglocke gab wieder klägliche Laute von sich. Frau Klaric bot ihrer neuen Kundin Kaffee an. Dann stellte sie mir die Dame vor. „Frau Magister Käferböck, unsere Steuerberaterin.“
Obwohl meine finanzielle Lage nicht gerade rosig war und ich als Angestellte eigentlich keiner Beratung bedurfte, fragte ich sie nach der Adresse ihrer Kanzlei. „Gleich dort drüben. Ziegelofengasse 21“, sagte sie.
Wer weiß, vielleicht würde ich demnächst auch ein Geschäft oder ein Lokal eröffnen? Dann würde es sicher nützlich sein, Kontakt zu einer Steuerberaterin zu haben.
Frau Klaric erzählte ihrer Bekannten von dem Überfall auf Orlando.
„Orlando? Nein, das darf nicht wahr sein!“, rief Gabriele Käferböck sichtlich entsetzt. „Ich kenne ihn, seit er auf der Welt ist. Seine Mutter war eine Jugendfreundin von mir. Sie war eine zarte, zerbrechliche Schönheit mit wunderschönem langem hellbraunem Haar. Als Studentin habe ich oft auf den Kleinen aufgepasst, wenn sie abends gekellnert hat. Die Arme musste sich und den Jungen allein durchbringen. Ihr Studium hat sie bald nach seiner Geburt aufgegeben. Auch ich habe neben dem Studium immer gearbeitet, allerdings im Statistischen Zentralamt und nicht bis Mitternacht in einer Bar. Orlandos Vater war Italiener, ein Urlaubsflirt mit verhängnisvollen Folgen. Der Typ hat sich bald nach seiner Geburt abgesetzt. Meine Freundin hat es nicht leicht gehabt mit dem Jungen. Er war ein schwieriges Kind, versponnen und überaus sensibel. Als Gymnasiast hat er immer vorgegeben, von italienischem Adel abzustammen. Er litt sehr darunter, keinen Vater zu haben.“
„Er weiß bis heute nicht, wer er ist und wo er hingehört“, murmelte ich.
Frau Käferböck schaute mich irritiert an. Sie konnte nicht ahnen, dass sie mir soeben Orlandos Sisi-Tick verständlich gemacht hatte. Ich wusste, dass Orlando seine Mutter früh verloren hatte, auch das verband uns miteinander. Aber ich hatte nicht gewusst, dass seine Mutter Sisi ähnlich gesehen hatte.
„Später haben wir uns aus den Augen verloren. Als ich dann vom Selbstmord meiner Jugendfreundin erfuhr, versuchte ich wieder Kontakt mit Orlando aufzunehmen, aber er war wie vom Erdboden verschluckt. Er muss damals sechzehn oder siebzehn gewesen sein.“
Ich fiel aus allen Wolken. Orlando hatte mir nie erzählt, dass sich seine Mutter umgebracht hatte.
„Unlängst habe ich ihn zufällig auf der Straße getroffen. Er erzählte mir, dass er Maler sei. Ich habe ihm angeboten, ein paar Bilder in meiner Kanzlei aufzuhängen. Die Bilder hängen noch immer bei mir. Seit der Vernissage habe ich nichts mehr von ihm gehört.“
Frau Käferböck hatte ihren Kaffee inzwischen ausgetrunken und verabredete sich mit Frau Klaric für die kommende Woche. Dann eilte sie weiter zu ihrem nächsten Termin.
Schweigend bezahlte ich Orlandos neue Brüste, meinen BH und den Slip. Strapse und Netzstrümpfe gab ich Frau Klaric zurück. Ich wusste nicht, wann ich sie tragen sollte, ich lief ja fast nur in Jeans herum.
Als ich mit der französischen
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