Schön und ungezähmt
herrscht.«
Ihr Aussehen zu beschreiben war leicht, da er jeden einzelnen Zentimeter ihres herrlichen Körpers vom Scheitel ihres schimmernden Haars bis zu den Zehen kannte.
»Hilft Ihnen das?« Er reichte ihm eine kleine Miniatur, die erst kürzlich gemalt worden war. Schon in dem Moment, als er das Medaillon losließ, hatte er das Gefühl, einen Verlust zu erleiden.
»Das hilft sehr. Mein Kompliment. Die Duchess ist sehr hübsch. Sagt, gibt es jemanden, den Ihr besonders verdächtigt, Euer Gnaden?« Hudsons Finger spielten gedankenverloren mit dem winzigen Porträt von Brianna. »Ein Freund, ein Kollege oder ein Verwandter? In den seltensten Fällen ist es ein Fremder, der Euch hintergeht.«
Einen Moment lang war Colton so betrübt, dass er darüber nachdachte, aufzustehen und die Nachforschung aufzugeben. Dann schüttelte er das Gefühl ab.Wenn seine Frau ohne Schuld war, würde alles gut gehen. Wenn sie es nicht war … nun, er war nicht sicher, was er dann tun würde, außer zu zerspringen. In tausend winzige Splitter.
»Nein.« Er stand auf und beendete damit die schmerzliche Befragung. Nie in seinem Leben war er so froh gewesen, eine Verabredung hinter sich gebracht zu haben.
Schon bald würde er es wissen, dachte er verdrießlich, als er wieder in die Kutsche kletterte.
Er hoffte bloß, die Enthüllung würde ihn nicht auf direktem Wege in die Hölle bringen.
»Du weigerst dich, es mir zu sagen?« Brianna blickte anklagend zu ihrem Schwager auf. Endlich hatte sie ihn im Korridor abgepasst, von dem die einzelnen Apartments der Familie im oberen Stockwerk des Stadthauses in Mayfair abgingen. Es hatte sie einigen Aufwand gekostet, ihn zu stellen. Jetzt wusste sie, warum er für Lord Wellington von so unschätzbarem Wert war. Damien war gewitzt. Es war fast, als hätte er gespürt, dass sie mit ihm reden wollte, und war ihr daher geschickt aus dem Weg gegangen.
»Meine liebe Brianna, ich würde dir nie etwas abschlagen.« Er lächelte sie auf diese ihm eigene hintergründige Weise an, und wenn sie ihn nicht in die Ecke getrieben und daran gehindert hätte, seine Räume zu verlassen, ohne sie beiseitezuschieben, wäre er mit dieser unbefriedigenden Antwort unter Umständen einfach fortgegangen.
»Damien«, sagte sie, seinen Namen bewusst betonend. »Ich mag dich sehr, aber ich könnte zu Gewalttätigkeit gezwungen werden, wenn du mir nicht sagst, was in diesem Haus vor sich geht. Robert war zuletzt abends so kurz angebunden und abgelenkt, ich habe ja fast geglaubt, er würde an seinem Essen ersticken, wenn man ihn aufforderte, sich an einem höflichen Gespräch zu beteiligen. Colton verhält sich auch merkwürdig. Ich bin die einzige Frau der Familie, die hier wohnt, und ich habe das seltsame Gefühl, dass etwas vor sich geht, und ihr Männer haltet es allesamt bewusst von mir fern.«
Und da passierte es schon wieder. Es gab keine Vorwarnung außer dem Zusammenkrampfen ihres Magens. Die Übelkeit stieg so rasch in ihr hoch, dass sie nach Luft schnappte und die Hand auf ihren Mund legte, weil sie fürchtete, sie könne sich über die Schuhe ihres Schwagers erbrechen und sich damit vollends blamieren. Zu ihrem Ärger zog er einfach sein Taschentuch hervor, reichte es ihr und sagte eindringlich: »Hier, nimm das, ich laufe schnell und hole die Waschschüssel.«
Augenblicke später fand sie sich halb liegend auf dem Sofa in seinem Wohnzimmer wieder, und Damien reichte ihr ein kühles, nasses Tuch für ihre Stirn. Das einzig Erlösende an diesem absolut peinlichen Vorfall war nur, dass sie tatsächlich nicht ihr Frühstück von sich gegeben hatte. Als sie endlich wieder sprechen konnte, flüsterte sie: »Entschuldige bitte. Es kam so schnell.«
Damien hockte sich lächelnd neben sie. »Das ist nicht überraschend, wie ich gehört habe. Obwohl ich kein Arzt bin, kommt man in der Armee doch nicht umhin, Erfahrungen in diesen Dingen zu sammeln. Wo Soldaten sind, sind auch Marketenderinnen, und damit auch die unausweichlichen Folgen. Meine Glückwünsche.«
Sie starrte ihn verwirrt an. »Wovon um alles in der Welt redest du?«
Er runzelte die Stirn. Nach einem kurzen Moment des Schweigens fragte er: »Wie oft passiert dir das hier?«
In letzter Zeit zu oft, obwohl sie sich nur selten übergeben musste. Hin und wieder fühlte sie sich einfach mulmig, und sie hatte in den letzten Wochen schwere Soßen und mächtige Nachspeisen gemieden. »Hin und wieder«, erklärte sie ihm. Sie setzte sich auf und
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