Schön und ungezähmt
gestützt und einen Ellbogen auf das Pianoforte gelegt, spielte sie gedankenverloren immer wieder Fis. Sie hielt die einzelne Note kurz, ehe sie den Finger hob. Da. Wenigstens konnte sie behaupten, dass sie etwas anderes getan hatte, außer dazusitzen und über das Unmögliche nachzudenken.
Und ihre Träume waren unerreichbar.
Jetzt wusste sie, wie es war, Robert nahe zu sein. Den sauberen, männlichen Geruch seines Rasierwassers und des frischen Leinenhemds einzuatmen. Das Gefühl seiner Lippen, die über ihre Haut streichelten. Die Stärke seines schlanken Körpers, der sich gegen ihren drückte …
Nun, es machte die Sache um ein Vielfaches schlimmer, und sie hatte die ganze Zeit gewusst, dass ihre hoffnungslose Vernarrtheit in einen erfahrenen Wüstling, für den eine zwanglose Eroberung zur Tagesordnung gehörte, lächerlich war. Nicht zu vergessen die Verachtung ihres Vaters für den Mann.
Ein kurzes Klopfen unterbrach ihre hoffnungslosen Träumereien,
in denen sie in Robert Northfields Armen lag. Rebecca betete, dass es nicht der Butler oder eine der Zofen war, um ihr mitzuteilen, dass Lord Watts bei ihr vorsprach. »Ja?«
Die Tür öffnete sich, und zu ihrer Erleichterung erkannte sie Brianna, die ihren Kopf durch den Türspalt steckte. »Ich habe mein Glück versucht, ob du zu Hause bist, Beck. Ich habe Hains gesagt, er solle mich nicht förmlich melden und dich stören. Wenn du arbeitest, werde ich später vorsprechen, wenn ich wieder in der Gegend bin.«
Obwohl Rebeccas Eltern das Komponieren für eine allzu blaustrümpfige Beschäftigung hielten und darüber nicht sprachen, wussten Arabella und Brianna natürlich von ihrer Leidenschaft und brachten Verständnis auf. Tatsächlich waren sie ihr bestes Publikum, wenn sie ein neues Musikstück mit ihnen teilen wollte. Sie behaupteten wenigstens immer, sie seien beeindruckt und entzückt. Rebecca schüttelte den Kopf. »Ich versuche zu arbeiten, aber es gelingt mir überhaupt nicht. Vielleicht ist der Besuch einer lieben Freundin die willkommene Inspiration. Komm herein.«
Sie sollte eine Duchess vermutlich in den Salon bitten. Aber es war Brianna. Und tatsächlich, die erhabene Duchess of Rolthven setzte sich ungezwungen in einen der bestickten Sessel. Ihre Röcke wirbelten blau und seidig um sie. Ihr helles Haar war zu einem schlichten Knoten hochgesteckt; jemand von Briannas berückender Schönheit brauchte keine komplizierten Frisuren. Rebecca dachte oft, dass Briannas Genügsamkeit sie noch attraktiver machte. Das war wohl auch der Grund, warum sie einem der begehrtesten Junggesellen Englands aufgefallen war. Die Selbstbeherrschung der Duchess of Rolthven schenkte ihr eine für ihr Alter überraschend reife Haltung.
In der letzten Saison war den drei Freundinnen ein bemerkenswerter Erfolg beschieden gewesen. Brianna kam mit ihrem gut aussehenden Duke zusammen, Arabella fand ihren freundlichen Earl, und dann war da noch Rebecca. Sie hatte einen Heiratsantrag nach dem nächsten abgelehnt, weil sie eine krankhafte Vorliebe für einen unbekümmerten Lebemann hatte, bei dem sie ziemlich sicher war, dass er sich an jenem Abend nicht einmal an ihren Namen hatte erinnern können.
Vielleicht war sie doch kein so großer Erfolg.
»Ich werde eine Hausparty ausrichten.«
Bei der freimütigen Ankündigung blinzelte Rebecca. »Ja? Ich dachte, du verabscheust Hauspartys.«
Brianna verzog das Gesicht. »Tue ich normalerweise auch. Das heißt, ich verabscheue eher das Bogenschießen – darin bin ich entsetzlich schlecht -, die Musiktheaterstücke und das Schauspielern. Aber auch wenn ich Hauspartys nicht mag, heißt das nicht, dass es allen so geht. Sie sind sehr beliebt, besonders jetzt im Herbst. Ich hoffe, Colton wird angenehm überrascht sein, wenn ich ihm erkläre, ich richte sie für seinen Geburtstag in einigen Wochen aus. Weißt du, es ist verflixt schwierig, für einen Mann, dem halb Britannien gehört, ein Geschenk zu finden. Er besitzt alles, was man sich wünschen kann. Ich glaube , das hier wird ihm gefallen, obwohl ich nicht sicher bin. Wir können die Hausparty in Rolthven Manor ausrichten, und seine Großmutter kann mir bei der Organisation helfen. Sie wird hoch erfreut sein, und wirklich, das riesige Haus könnte durchaus häufiger genutzt werden. Außer den Bediensteten hält sie sich den Großteil der Zeit allein dort auf.«
»Ich dachte, ihr wart gerade erst dort.«
»An ihrem Geburtstag«, bestätigte Brianna. »Das Anwesen ist
von der
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