Schön und ungezähmt
Stadt aus bequem zu erreichen, und wir sind nicht lange geblieben, nur für eine Nacht. Robert war sogar noch kürzer da. Damien konnte überhaupt nicht kommen, weil er noch in Spanien weilte. Aber er wird nächste Woche wieder in England sein, habe ich gehört. Ich werde nur die engsten Freunde und Familienangehörigen einladen. Es wird also keine von diesen großen Veranstaltungen sein, die ich so ermüdend finde, sondern hoffentlich einfach eine angenehme Abwechslung.«
Rebecca versuchte, sich den Duke of Rolthven bei einer Hausparty vorzustellen. Selbst wenn es seine eigene war, gelang es ihr nicht. Es war schwer vorstellbar, dass er mit Pfeil und Bogen auf dem Rasen herumtollte oder beim Blindekuh-Spiel mitmachte. Er war so würdevoll und reserviert, trug seinen Titel ohne Mühe, auch wenn sie ihn hin und wieder schon hatte lächeln sehen, meist in Richtung seiner Frau, und dieses Lächeln ließ eine Wärme in seiner Miene aufscheinen, die durchaus auf eine andere Seite an ihm hinweisen konnte. Rebecca kannte ihn nicht gut genug, um beurteilen zu können, ob er Gefallen an der Aussicht auf eine Party auf seinem Familiensitz finden würde, aber Brianna schien begeistert zu sein. Darum sagte Rebecca: »Ich bin sicher, es wird wunderbar.«
»Das hoffe ich wirklich. Mein Ziel ist es, dass Colton nicht immer so viel arbeitet.« Briannas Brauen zogen sich zu einem kleinen Stirnrunzeln zusammen. »Wenn du die Wahrheit hören willst, bin ich überhaupt nicht sicher, ob er mir dafür dankbar sein wird. Aber ich bin trotzdem fest dazu entschlossen.Wir sind seit über drei Monaten verheiratet, und ich kenne ihn noch immer nicht. Ich muss zugeben, es läuft nicht so, wie ich es erwartet habe.«
Da auch sie eines Tages einen Ehemann wählen musste – ihre
Eltern hatten ihr bereits deutlich gemacht, dass sie glaubten, inzwischen genug Geduld aufgebracht zu haben -, fragte Rebecca frei heraus: »Was hast du denn erwartet?«
Brianna befingerte mit gedankenverlorener Miene den Stoff ihres Kleids. »Ich glaube, als er um mich warb, schienen mir seine Förmlichkeit und seine Distanziertheit normal zu sein. Er ist beim ersten Kennenlernen in der Tat etwas einschüchternd. Unglücklicherweise hat sich seit unserer Heirat daran nicht allzu viel geändert. Oh ja, er ist fast übertrieben höflich und großzügig. Diese Höflichkeit bringt mich manches Mal dazu, mit den Zähnen zu knirschen. Ich denke, ich habe mir eine Freundschaft vorgestellt, die zwischen uns wächst, aber es hat sich kaum etwas verändert. Wir leben im selben Haus, ich trage seinen Namen, und er sucht mein Bett auf, aber ansonsten macht es auf mich den Eindruck, als lebten wir unterschiedliche Leben. Ich weiß, er verbringt mehr Zeit in seinem Club als mit mir, und er denkt, es sei durchaus vernünftig, sein Leben so fortzuführen wie vor der Heirat. Colton hat etwas altmodische Ansichten, was die Beziehung zwischen Mann und Frau betrifft, glaube ich.«
»Sie sind kaum altmodisch«, erwiderte Rebecca scharf. »Wenn du damit meinst, dass er glaubt, jede Frau müsse sich auf bestimmte Weise verhalten, in einem gewissen Alter heiraten und den Regeln folgen, die ihr von ihrer Familie und der Gesellschaft vorgeschrieben werden, steht er nicht allein da. Das ist eine deprimierend übliche Sicht der Dinge.«
Brianna straffte den Rücken und starrte sie an. »Solche Vehemenz! Was ist passiert? Haben deine Eltern dich erneut unter Druck gesetzt?«
»Das ist eine Untertreibung. Ich werde jeden Tag daran erinnert, dass dies meine zweite Saison ist. Es würde erheblich helfen,
wenn einer der Männer, die sie gutheißen, wenigstens etwas Eindruck auf mich machen würde.« Obwohl sie sich bemühte, nicht niedergeschlagen zu klingen, bezweifelte Rebecca, ob ihr das gelang.
»Ist da niemand?«, fragte Brianna mitfühlend. »Ich glaube, die stadtbekannten festen Vorstellungen deines Vaters darüber, was er für dich für angemessen hält, könnten auf den einen oder anderen potenziellen Schwiegersohn aus unserem Bekanntenkreis abschreckend wirken. Aber du hattest bereits über ein Dutzend Männer, die um deine Hand angehalten haben, Beck. Hat kein Einziger deinen Gefallen gefunden? Nicht ein einziger, gut aussehender, junger Gentleman, der dein Herz höher schlagen ließ?«
Das Bild von Robert kam ihr unglücklicherweise in den Sinn. Wie das Kerzenlicht auf seinem kastanienbraunen Haar glänzte, die elegante Linie seines Kinns, das schelmische Lächeln, die anmutige,
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