Schoen wie Kaesekuchen
Mikrowelle ist zu hören, und der Wolkenschleier lichtet sich. Dahinter erscheint eine große goldene Tür. Oder vielmehr ein Tor. Es ist über und über mit Gold beschlagen. Um den Torbogen herum sind Edelsteine in allen erdenklichen Farben angeordnet. Links unten erkenne ich einen Rubin, das Grüne darüber dürfte wohl ein Smaragd sein. An dieser Stelle versagen meine Kenntnisse dann leider auch schon. Nur weil man gerne teuren Schmuck trägt, heißt das noch lange nicht, dass man sich automatisch damit auskennt.
Ich kann mich gar nicht sattsehen. Wo ich auch hinschaue, überall entdecke ich etwas, das mich begeistert. In der Mitte der beiden Flügel ist ein Riegel angebracht, der aus einem einzigen großen Diamant gearbeitet zu sein scheint. Im Glanz dieser Pforte verblasst sogar Petrus Heiligenschein zu einem erbärmlichen kleinen Flackern. Es wundert mich, dass ich in diesem Moment nicht die Engelein singen höre. Zu schade, dass ich keine Kamera dabei habe.
»Mensch Monique, krieg‘ dich wieder ein. Du siehst aus wie ein frisch geborenes Mondkalb, so wie du das Tor anglotzt«, frotzelt Bernd.
»Sei ein bisschen höflicher, kleiner Rossignolino. Du sahst bestimmt auch nicht anders aus, als du zum ersten Mal die Herrlichkeit unseres Himmelreichs erblickt hast«, ermahnt Petrus ihn. »Ich erinnere mich noch allzu gut, wie lange ich davor stand und das Tor bewundert habe. Hätte Jakobus mir nicht einen ordentlichen Schupps gegeben, stünde ich noch heute davor und würde staunen«, fährt er an mich gewandt fort, wobei ein kleines schelmisches Grinsen über sein Gesicht huscht. »Dennoch hat Bernd recht, wir dürfen nicht trödeln. Nun, dann wollen wir mal eintreten, meine Lieben.« Beherzt tritt Petrus nach vorne und schiebt den diamantenen Riegel beiseite. Die Torflügel schwingen auf und geben den Blick ins Himmelreich frei.
Neugierig dränge ich mich an Petrus vorbei. Die Gelegenheit ist günstig und ich muss doch wissen, ob es sich überhaupt lohnt, ein anständiges Leben zu führen.
Das ist jetzt allerdings überhaupt nicht das, was ich erwartet habe. Hinter der Tür erstreckt sich eine riesige, mit unzähligen Kratern übersäte Fläche, die von feinem weißen Flaum bedeckt ist. Wenn das das Paradies sein soll, entscheide ich mich vielleicht doch für die andere Seite. In der Hölle kann man bestimmt ganz tolle Barbecue Partys feiern.
»Entschuldigen Sie, Saint Pierre, aber das kann doch nicht Ihr Ernst sein! Diese Einöde soll das Himmelreich sein? Da haben Sie uns Menschen aber ganz schön verarscht! Ich hatte mir das Ganze doch etwas eindrucksvoller vorgestellt. Man könnte hier bestimmt prima den nächsten Teil der Star Wars Saga drehen, aber …“
»Monique, du dummer, frecher Mensch. Meinst du denn, wir können so einen unverschämten Sonderfall einfach ins Himmelreich vorlassen? Das geht natürlich unter gar keinen Umständen«, fällt mir Engelbert ins Wort.
Dieser kleine Klugscheißer. Ich muss an mich halten, um dem vorlauten, fliegenden Zwerg nicht seine Flügel zu stutzen.
»Ganz toll, Engelbert. Woher soll ich das denn bitte wissen? Ist es nicht naheliegend, dass das Tor zum Himmelreich auch ins Himmelreich führt? Stattdessen stehen wir hier vor dieser Mondlandschaft,« schimpfe ich. Bernds vorwurfsvoller Blick lässt mich erahnen, dass ich mich schon wieder im Ton vergriffen habe. Gekonnt setze ich eine engelsgleiche Unschuldsmiene auf und schaue mit großen Augen zu Petrus hinüber. Wäre doch gelacht, wenn er sich meinem Charme entziehen könnte. Er mag zwar ein Heiliger sein, aber letzten Endes ist auch er nur ein Mann.
»Aber, aber meine Lieben, streitet euch doch nicht,« beendet Petrus mit großväterlicher Gelassenheit unseren kleinen Disput. „Monique hat ja recht. Wenn man mit dem Himmelreich gerechnet hat, ist das hier bestimmt enttäuschend, nicht wahr?“
Gönnerhaft nicke ihm zu. Ich bin ja nicht nachtragend.
»Dann lasst uns mal schnell eintreten,“ fährt der Heilige fort. „Bevor die Pforte sich wieder schließt und uns an einem noch seltsameren Ort raus lässt. Ich habe euch gesagt, dass das Tor noch nicht ganz in Ordnu…«
»Frère Jaques, Frère Jaques
Dormez-vous, dormez-vous?
Sonnez les matines, sonnez les matines.
Ding ding dong, ding ding dong«, erklingt es plötzlich aus Richtung des Tores und übertönt Petrus‘ letzte Worte. Noch ehe ich mich über das uns soeben dargebotene Ständchen wundern kann, schnappt sich Bernd geistesgegenwärtig
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