Schoen wie Kaesekuchen
höchstpersönlich seinen gesamten Jahresurlaub versaut.
»Dann will ich den Rest des Rates mal zusammenrufen. He, du da, Rossignolino! Lauf und hol‘ mir meine Harfe. Die habe ich oben auf dem Richterpult liegen gelassen. Und mach gefälligst schnell!«, weist Samson meinen armen Freund Bernd an. Ich werfe Samson einen angewiderten Blick zu und sage zu Bernd: »Ich kenne mich hier zwar nicht aus, aber ich kann mir vorstellen, dass auch im Himmel ein höfliches Bitte durchaus angebracht ist.«
Bernd reißt entsetzt die Augen auf, macht auf dem Absatz kehrt und eilt davon, um schnellstmöglich die geforderte Harfe anzuschleppen. Während ich in Petrus‘ Gesicht ein belustigtes Schmunzeln sehen kann, haben sich Samsons Augen zu kleinen Schlitzen verengt. Er funkelt mich wütend an.
»So, da haben wir wohl eine ganz vorlaute Mortatin, was? Na, dann wollen wir nur mal hoffen, dass der Rat sie zurück zur Erde schickt. Das Leben im Himmel kann ganz schnell zur Hölle werden!«
Dass ich mich auch nie zurückhalten kann! Aber dieser aufgeblasene Möchtegern-Heilige, der mir gerade für jeden offensichtlich auf den Busen glotzt, kann doch Bernd nicht behandeln wie einen niederen Dienstboten. Ich kenne diesen Typ Mann, der sich Frauen gegenüber immer überlegen fühlt und sie nur auf ihr Aussehen reduziert. Ich werfe ihm einen spöttischen Blick zu, der seine Wirkung nicht verfehlt. Samson sieht aus, als würde er gleich auf mich losgehen. Bevor es dazu kommt, kehrt Bernd zurück und verhindert Schlimmeres.
»Hier, hier ist Eure Harfe, werter Herr Samson«, keucht er, während er im Schweinsgalopp auf uns zu geeilt kommt und zaghaft mit seinen Flügelchen schlägt.
»Wird ja auch Zeit«, schnauzt Samson und greift nach einer Harfe, die aussieht, als hätte sie ihre besten Tage schon lange hinter sich.
»Danke, mein Freund«, sagt Petrus zu Bernd und wirft mir einen Blick zu, der mich wissen lässt, dass er Samsons Verhalten genauso unmöglich findet wie ich. Man sollte doch annehmen, dass im Himmel nur gute und nette Geschöpfe zuhause sind, aber das ist offensichtlich ein Irrtum. Oder denen ist damals auch ein Fehler unterlaufen, als sie Samson hier hereingelassen haben.
Samson beginnt mit erstaunlich gekonnten Handgriffen, leicht die Seiten der Harfe zu zupfen. Es überrascht mich, aber die erklingende Melodie ist wunderschön. Es hört sich gar nicht an wie eine gewöhnliche Harfe. So muss der Gesang von Engeln klingen. Eine tiefe Sehnsucht ergreift von mir Besitz und auf einmal bin ich mir gar nicht mehr sicher, ob ich wirklich von hier weg will.
»Sieh an, der frechen kleinen Mortatin gefällt mein Harfenspiel. Wer hätte das gedacht?«, reißt mich Samson aus meinen Gedanken und grinst böse. Die Sehnsucht ist von einem Moment auf den nächsten verschwunden. Allein die Vorstellung, die Ewigkeit in der Gegenwart von diesem Scheusal zu verbringen, macht die Erde gleich noch attraktiver.
»Ja, ich hätte auch nicht gedacht, dass mir irgendetwas an Ihnen gefallen könnte.« Oh, verdammt! Warum kann ich nicht einfach meine Klappe halten? Bernd wird nach meiner Antwort leichenblass und ich fürchte, er wird sich gleich übergeben. Petrus‘ Schultern hingegen zucken verräterisch. Bevor Samson zu einer Erwiderung ansetzen kann, tauchen unmittelbar neben mir weitere Personen auf.
»Autsch!«, entfährt es mir, da eine der Personen direkt auf meinem Fuß stehend, erschienen ist.
»Oh, ich bitte vielmals um Entschuldigung. In letzter Zeit habe ich irgendwie Schwierigkeiten mit der Teleportation«, erklärt mir eine kleine Frau. Sie hat ein rundes Gesicht mit gesund geröteten Wangen und scheint asiatischer Herkunft zu sein, wenn man das hier oben denn überhaupt so einordnen kann. Ihre freundlichen Augen blicken neugierig in die Runde. Ihr Mund ist freudig nach oben gezogen und überhaupt scheint Lächeln ihr bevorzugter Gesichtsausdruck zu sein. Ich schöpfe wieder Hoffnung. Vielleicht habe ich doch noch eine Chance nach Hause zu kommen. Anscheinend sind nicht alle Richter so missgestimmt wie Samson. Zuversichtlich schaue ich mir auch die anderen Neuankömmlinge etwas genauer an. Die meisten von ihnen sehen ziemlich überrascht aus. Hier und da nickt mir einer freundlich zu. Inmitten des munteren Tumults und des immer lauter werdenden Stimmengewirrs, versucht der kleine Bernd sich vergeblich Gehör zu verschaffen.
»Liebe Freunde, liebe Ratskollegen«, erklingt Petrus‘ volltönende Stimme. »Der gute
Weitere Kostenlose Bücher