SCHÖN!
jede Barbie ihren Ken finden, und jeder Ken seine Barbie. Wer das Echte (Eros) vom Unechten (Porno/Kitsch) nicht zu unterscheiden weiß, fühlt sich in jedem Fall gut bedient.
Auf der einen Seite stehen die Pseudo-Erotiker – auf der anderen die Kitsch-Fanatiker . Kitsch-Fanatiker durchschauen die Illusionsmaschinerie künstlicher Effekte zwar, bedienen sich ihrer aber dennoch gerne. Sie lassen sich in zwei Gruppen unterteilen:
GRUPPE 1: DIE HARDCORE-KARRIERISTEN: Sie haben gern alles unter Kontrolle. Wenn sie aus dem Menü pornografischer Lüste wählen, dann mit einem konkreten Ziel vor Augen. Sie entscheiden sich für zwei Stunden Leidenschaft, wie sie sich für vierzehn Stunden harte Arbeit entscheiden. Da sie üblicherweise bis zur Besinnungslosigkeit arbeiten, ersticken sie jeden Anflug von Erotik schon im Keim. Wenn sie nach Hause kommen, sind sie völlig erschlafft. Sie sehnen sich nach anstrengungsloser Gesellschaft: den Pornoseiten im Internet. Manchmal reicht ihre Konzentration auch nur noch für eine halbe Folge Daniela Katzenberger – natürlich blond . Die Nachteile des akribisch geplanten Wechsels von Arbeit und Porno/Kitsch liegen auf der Hand: Einsamkeit, Abstumpfung, Selbstbezogenheit, zunehmende Uninspiriertheit.
GRUPPE 2: DIE CAMP-FETISCHISTEN : Ähnlich wie Gruppe 1 ist auch Gruppe 2 von der vorfabrizierten Ästhetik fasziniert, geht aber weitaus fantasievoller mit ihr um. Für die Camp-Fetischisten ist Porno/Kitsch Kult. Das (unübersetzbare) englische Wort »camp« steht für die Ironisierung des Geschmacklosen, wie die amerikanische Kulturkritikerin Susan Sontag ( 1933 – 2004 ) in ihren Anmerkungen zu ›Camp‹ erklärt:
»Camp ist eine Art unter anderen, die Welt als ästhetisches Phänomen zu betrachten. …. Camp sieht alles in Anführungsstrichen: nicht eine Lampe, sondern eine ›Lampe‹; nicht eine Frau, sondern eine ›Frau‹. Camp in Personen oder Sachen wahrnehmen heißt die Existenz als das Spielen einer Rolle begreifen.«
Für kulturell gebildete Camp-Fetischisten ist eine »Frau« wie Daniela Katzenberger nicht Porno-Trash, sondern eine Inspirationsquelle, wie es Sokrates für Alkibiades war. Wenn sie glitzernde Oberflächen der Tiefe eines philosophischen Werks vorziehen, wenn sie ihr Heim mit Gartenzwergen, strassbesetzten Staubsaugern und Dolly-Buster-Statuetten vollstopfen, geht es ihnen nicht um Provokation. Ihr augenzwinkerndes Lob des schlechten Geschmacks ist vielmehr ein Racheakt. Sie rächen sich an der seichten und verlogenen Konsumwelt, die alles andere im Sinn hat als innere Schönheit.
Camp-Fetischisten unterscheiden sich von Hardcore-Karrieristen durch ihre Mission: Sie wollen mit ihrem Lebensstil übertriebener Inhaltslosigkeit auf das aufmerksam machen, woran es dieser Welt mangelt: Echtheit. An echter, tief empfundener Liebe zu Seele und Geist.
Die innere Schönheit eines Menschen können wir nur erkennen, wenn wir genug Seele besitzen, um uns für einen anderen leidenschaftlich zu interessieren und intensiv zu wissen begehren, was in seinem Kopf und seinem Herzen vorgeht. Jemanden zu lieben heißt, jemanden zu erkennen.
Aber jemanden zu erkennen heißt noch lange nicht, ihn zu verstehen. Zwischen zwei Leuten, die sich ein Rätsel sind, kann sich schließlich die tiefste Erotik entwickeln … Aber warum ist das so? Und woher kommt es eigentlich, dass einige der unverständlichsten, unnormalsten Leute eine so ungeheure Sogkraft auf uns ausüben? → Kapitel 5
»Nur oberflächliche Leute
urteilen nicht nach Äußerlichkeiten.
Das wahre Geheimnis der Welt
liegt im Sichtbaren, nicht im Unsichtbaren.«
Oscar Wilde
5 Die Diva:
Warum schön auch schrecklich sein kann
Sterne sind leuchtende Kugeln aus Plasma, die durch ihre eigene Schwerkraft zusammengehalten werden. Der unserem Planeten nächstgelegene Stern ist die Sonne. Mit bloßem Auge können wir nachts bis zu sechstausend weitere Sterne als Lichtpunkte erkennen, deren Strahlungsenergie durch die Kernfusion in ihrem Inneren erzeugt und nach außen reflektiert wird.
Aber Sterne gibt es nicht nur im All, sondern auch auf Erden. Bei den irdischen Sternen – auch »Stars« genannt – handelt es sich um Menschen aus der Showbranche, die uns auf Fotos, von der Leinwand und von großen Bühnen entgegenstrahlen. Stars unterscheiden sich von den vielfach geklonten Allerwelts-Celebrities durch ihre Unverwechselbarkeit und Langlebigkeit. Wie ihre Pendants am Himmel verzaubert uns ihr auf Zelluloid und
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