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Schönbuchrauschen

Schönbuchrauschen

Titel: Schönbuchrauschen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dietrich Weichold
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Dann sind wir den Fall los!«, lachte Merz.

5
    Nach der Weiterleitung des Falls nach Stuttgart hatte Kupfer gemeint, er habe mit dem Toten von der Neuen Brücke nichts mehr zu tun, und hatte sich wieder auf einen verzwickten Fall konzentriert, den er schon seit Wochen bearbeitete. Auch die Tatsache, dass sein Freund OW den Toten gefunden hatte, rief bei ihm kein Interesse wach. Er war mit diesem anderen Fall beschäftigt, der ihm auch außerhalb der Dienstzeit immer wieder durch den Kopf ging.
    Das »Schmieröl«, wie sie den Fall im Bürojargon nannten, hatte mit einem tödlichen Autounfall zu tun. Ein junger Familienvater war auf der A 81 in einer Rechtskurve bei 120 Stundenkilometern von der Fahrbahn abgekommen und gegen einen Brückenpfeiler geknallt. Er war auf der Stelle tot gewesen. Kfz-Spezialisten der Polizei und die Gutachter der Versicherung waren unabhängig von einander zu der Überzeugung gekommen, dass es sich bei dem Unfall nicht um einen Fahrfehler des Verunglückten gehandelt hatte. Vielmehr stellte man fest, dass das Lenkgetriebe schadhaft gewesen war und blockiert hatte.
    Die junge Witwe sagte aus, dass das Lenkgetriebe des Unfallfahrzeugs erst wenige Tage zuvor ausgetauscht worden war, hatte aber keine Rechnung in der Hand, mit der sie den Vorgang hätte beweisen können. Sie beschuldigte einen dreißigjährigen Mechaniker namens Mark Nägele, der in einer Scheune am Rand von Darmsheim eine kleine Schrauberwerkstatt betrieb. Die meiste Zeit arbeitete er allein, konnte aber, wenn er viel zu tun hatte, auf ein paar Helfer zurückgreifen, die nach ihrem Feierabend bei ihm mit anpackten, wenn er zu viel zu tun hatte.
    Die Ermittlungen hatten ergeben, dass Nägele keine abgeschlossene Ausbildung hatte. Er hatte seine Kfz-Mechanikerlehre im dritten Jahr abgebrochen und sich mit wechselnden Jobs über Wasser gehalten, bis er nach ein paar Jahren diese Werkstatt selbständig aufgebaut hatte, wie er Kupfer gegenüber stolz betont hatte.
    Seine Ausflucht, er habe noch keine Zeit gehabt, die Rechnung für den Austausch des Lenkgetriebes auszustellen, klang wenig glaubhaft. Denn seine Buchhaltung, soweit überhaupt von einer solchen geredet werden konnte, wies horrende Lücken auf. Er beschuldigte einen anderen aus der Schrauberszene, einen gewissen Bernd Lemgruber, ihm das Ersatzteil als einwandfrei verkauft zu haben, was dieser aber abstritt. Ermittlungstechnisch war der Fall nicht besonders schwierig, wenn man einmal davon absah, dass Nägele und seine Feierabendschrauber sich herauszureden versuchten, indem sie sich gegenseitig diese Reparatur in die Schuhe schoben. Was Kupfer großes Unbehagen bereitete, war der Gedanke, dass er mit seinen Ermittlungen zwangsläufig der Kfz-Versicherung zuarbeitete und nicht der jungen Frau, der unbedingt hätte geholfen werden müssen. Nägele würde am Ende hinter Gittern sitzen, und die Kfz-Versicherung würde sich mit Hinweis auf die unsachgemäße Reparatur aus der Affäre ziehen, so dass die junge Frau mit ihren beiden Kindern ohne jede finanzielle Hilfe dastehen würde. Denn bei Nägele selbst, das stand fest, war absolut nichts zu holen. Welche Versicherung hätte diesem Schrauber schon eine Berufshaftpflichtversicherung angeboten?
    Gerade grübelte er über den Fall nach, da erreichte ihn der Anruf seines Kollegen Schnaidt aus Tübingen. Sie hatten sich schon vor Jahrzehnten auf Fortbildungen kennengelernt und seither immer wieder miteinander zu tun gehabt, weil ihre »Kundschaft die Grenze zwischen den Regierungsbezirken nicht ums Verrecken respektieren will«, wie Schnaidt immer sagte.
    Dabei musste immer wieder geklärt werden, wer nun eigentlich für den jeweiligen Fall zuständig war. Obwohl diese Entscheidung auf höherer Ebene gefällt wurde, gab es zwischen ihnen jedes Mal ein Geplänkel, das sich im Lauf der Jahre zu einem richtigen Ritual entwickelt hatte. Spaß und Ernst waren darin unauflöslich miteinander vermengt. So war es auch dieses Mal wieder.
    »Lieber Siggi, viel Feind, viel Ehr. Du kriegst den Toten vom Goldersbachtal auf den Schreibtisch«, kündigte ihm Schnaidt am Telefon seine neue Aufgabe an.
    »Wieso denn ich? Ich habe schon einen unangenehmen Fall an der Backe. Ich habe absolut keine Zeit«, wehrte Kupfer ab.
    »Immer noch das Schmieröl?«
    »Ja, das auch.«
    »Dann tut dir doch etwas Waldesluft gut.«
    »Ich habe für diesen neuen Fall einfach keine Zeit«, sagte Kupfer, wobei er jedes Wort betonte.
    »Das hatte ich mir schon

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