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Schönbuchrauschen

Schönbuchrauschen

Titel: Schönbuchrauschen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dietrich Weichold
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geredet?«
    Lemgruber nickte.
    »Mutter und Kind?«
    Lemgruber regte sich nicht.
    »Und da kamen Sie auf die Idee mit der Handgranate, weil das das Einfachste war?«
    Keine Reaktion.
    »Haben Sie eigentlich eine Vorstellung davon, was wirklich passiert, wenn so eine Handgranate in einem eng bebauten Wohnviertel explodiert? Da, schauen Sie sich dieses Foto genau an.« Er schob ihm das Foto vom Experiment des Kriminaltechnischen Untersuchungsamt zu. »Wir haben es ausprobiert. Sie haben ja keine Ahnung davon, wie viele Menschenleben Sie gefährdet haben. Wussten Sie eigentlich, dass so eine Splitterhandgranate dreitausendfünfhundert kleine Kügelchen enthält, die mit siebentausend Meter pro Sekunde herausgeschossen werden? Stellen Sie sich einmal vor, wie diese Frau morgens in ihr Auto steigt, ihr Kind auf dem Kindersitz anschnallt, vielleicht noch mit jemandem redet, der eben vorbeikommt. Kinder sind auf dem Schulweg, ein alter Herr führt seinen Hund aus, die Post wird zugestellt, und dann BUMM!« Das letzte Wort schrie Kupfer hinaus.
    Lemgruber fuhr zusammen. Seine Hände zitterten. Seine Augen wurden feucht.
    »Wer hat die Handgranate angebracht?«
    »Drescher.«
    »Drescher sagt aber, dass er nur Schmiere gestanden ist. Sie sollen zu ihm sogar gesagt haben, dass er nicht geschickt genug ist, um das Ding zu fixen. Wer lügt denn nun? Er oder Sie?«
    Lemgruber klemmte seine Hände zwischen die Oberschenkel und zitterte am ganzen Leib.
    »Ich sag Ihnen mal, wie ich das sehe. Diesen Job hat der Mechaniker erledigt und nicht der Kaffeeausschenker. Ich habe mir Dreschers weiche Hände angesehen. Die sehen nicht so aus, als könnte er geschickt mit Bohrer und Zange umgehen, und schon gar nicht bei Nacht in gebückter Haltung. Der kann gerade mal Tassen abwaschen. Diesen Handwerkerjob haben Sie erledigt. Da gibt es gar keinen Zweifel. Wann haben Sie das Ding angebracht?«
    »Zwischen drei und vier.«
    »Stand da vor Frau Lorenz’ Auto schon ein Cabrio?«
    Lemgruber zuckte mit den Achseln.
    »Ist eigentlich auch egal. Aber jedenfalls hat das Cabrio dafür gesorgt, dass aus dem geplanten Doppelmord nur ein Mordversuch in zwei Fällen geworden ist. Ein günstiger Zufall für Sie, dass Frau Lorenz erst einmal zurückstoßen musste. Dadurch hat Ihre Mechanik nicht funktioniert. Da hat sie Glück gehabt, aber Sie auch, Herr Lemgruber, Sie auch.«
    Lemgruber wurde etwas ruhiger.
    »Und jetzt erzählen Sie mir doch einfach, was Ihre Schwester Ihnen versprochen hat.«
    Lemgruber heftete seinen Blick auf den falschen Pass, der noch aufgeschlagen in der Klarsichthülle auf dem Tisch lag, und begann langsam zu reden. Seine Stimme klang heiser.
    »Sie sagte, dass sie durch so etwas wie eine Erbschaft an sehr viel Geld kommt, das ihr sowieso schon irgendwie gehört. Ich habe das nicht verstanden, aber es war mir auch egal. Und sie wollte mir aushelfen, damit ich aus der Scheiße herauskomme. Wenn ich von ihr Geld bekommen hätte, hätte ich vielleicht noch eine Ausbildung machen können. Umschulen oder so was.«
    »Das haben Sie ihr geglaubt? Sie hatte sich doch noch nie um sie gekümmert.«
    »Sie hat gleich Geld auf den Tisch gelegt, eine Anzahlung, vierzigtausend Euro. Geld wäre gar kein Problem, wenn …«
    »Wenn die rechtmäßigen Erben beseitigt wären. War es so?«
    Lemgruber nickte.
    »Und wieviel wollte sie als Erfolgsprämie nachschieben?«
    »Sechzig.«
    »Gut. Dann fassen wir mal zusammen. Sie geben also Folgendes zu: Für vierzigtausend Euro sofort und das Versprechen auf sechzigtausend danach haben Sie im Auftrag Ihrer Schwester Andrea Lorenz und ihre Tochter umbringen wollen, indem Sie an ihrem Auto eine Handgranate befestigt haben, die beim Anfahren explodieren sollte. Der Auftrag, den Sie bekamen, ließ offen, wie Sie den tödlichen Unfall herbeiführen sollten. Stimmt das?«
    Lemgruber sah vor sich hinunter und nickte schwach.
    »Würden Sie vielleicht so laut ja sagen, dass es auf das Band kommt?«
    »Ja«, klang es leise und heiser.
    »Ich lasse das Protokoll vom Band schreiben. Das müssen Sie dann noch unterschreiben.«
    Lemgruber wurde abgeführt.

4
    Es ging auf elf zu. Kupfer war schon im Bett, aber schlief noch nicht. Er lag auf dem Rücken und starrte an die Decke. Das Buch in seiner Hand, mit dem er sich hatte ablenken wollen, war ihm auf die Brust gekippt, als wäre er darüber eingeschlafen. Doch er war hellwach.
    »Du schläfst noch nicht?«, fragte Marie, die mit einer Tasse warmer Milch ins

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