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Schoene Bescherung

Schoene Bescherung

Titel: Schoene Bescherung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sobo Swobodnik
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konnten, wenn es nicht so lief wie im bunten Hochglanzreiseprospekt versprochen. Und, das ist jetzt kein Geheimnis: Jeder weiß, dass es nie so läuft, wie man es sich farbig ausmalt und ausgemalt bekommt – da sind dann gleich die Enttäuschung da und der Ärger nicht mehr weit. Und vom Ärger zur Beschwerde und zu allerhand anderen Scherereien ist es nur noch ein Katzensprung. Genau dafür braucht man einen Reisebegleiter, den man voll quatschen kann, bedrängen, anmachen, bei dem man sich abreagieren und auskotzen kann. Quasi als Kotztüte hat er mich engagiert, dachte Plotek, als einen, der für die Seelennöte und Verdüsterungen der Wellness-Touristen herhalten muss – einerseits. Bei diesen Gedanken ging es Plotek schlagartig wieder viel besser. Kaum mehr Übelkeit, kein Schwindelgefühl, nichts. Komisch. Aber, so ist er eben, der Plotek. Immer anders als man – und vor allem auch er selbst – denkt. Vielleicht ging es ihm aber andererseits jetzt auch deswegen besser, weil ihn die Seelennöte der anderen von den eigenen ablenkten – keine Ahnung.
    Plotek stand kopfschüttelnd und schulterzuckend im Gang zwischen den Sitzen – noch immer von Fragen und Wünschen der Reisenden bombardiert – und beobachtete dabei die Blinde, die nach wie vor selbstvergessen zum Fenster hinausguckte, wo es jetzt leicht zu schneien angefangen hatte. Und als er so der Blinden beim Gucken zuguckte, ertappte er sich bei dem Gedanken, ob es für eine Blinde überhaupt Sinn mache, ins schöne Karlsbad zu fahren, wo sie doch gar nichts sehen konnte? Was für eine Frage, schämte sich Plotek sofort still vor sich hin. Er lief sogar ein wenig rot an, so peinlich war ihm der Gedanke: In dieser Frage schwang nicht nur hochprozentiger Dumpfsinn mit, nein, auch Herrenmenschentum und ja!, in letzter Konsequenz auch Selektion, Euthanasie und alles. Da sieht man mal wieder, wohin achtlos denken führen kann, dachte Plotek und schämte sich noch mehr. Als ob die Blinde nicht nur Ploteks Blicke, sondern auch seinen verwerflichen Gedanken gelesen hätte, drehte sie sich von der Fensterscheibe weg, hin zu Plotek und schaute ihn an.
    »Bitte? Was gibt’s?«
    Ihre Stimme klang selbstbewusst, fordernd, fast schon eine Spur arrogant. Wie das Klatschen einer Hand, zen-buddhistisch jetzt.
    »Äh, nichts. Äh, ich wollte nur, wollte fragen, wissen, ob, äh, ob Sie vielleicht, auch aufs . . . äh . . . Klo?«, stotterte Plotek gar nicht selbstbewusst vor sich hin.
    »Sie meinen, dann würden Sie gerne mitkommen?« Wieder wie ein sanftes Klatschen, diesmal ins Gesicht.
    »Äh, ja, äh, nein, ich meine nur. . .«, hat sich Plotek wieder linguistisch vergaloppiert und ist dabei so rot wie der Lippenstift auf dem Mund der Blinden angelaufen. Bloß gut, dass die Blinde es nicht sehen konnte. Der Mann mit dem Handy von gegenüber schon. Übers ganze Gesicht feixte er jetzt.
    »Keine Angst«, sagte die Blinde, »ich muss nicht. Und wenn, dann schaffe ich das schon alleine.«
    »Äh, ja, natürlich, äh . . .«
    »Und im Übrigen: Ich bin blind, nicht taub.«
    Sie zeigte auf die kleinen Lautsprecherboxen im Bus. Der Gebräunte lachte jetzt nicht mehr lautlos, sondern kicherte wie über einen ordinären Witz.
    »Ja, äh, natürlich, äh, Verzeihung!«
    »Schon gut, junger Mann.«
    Plotek stutzte. Junger Mann? Wie will die denn das wissen?, dachte er jetzt und dann über sein Alter nach: vierzig! Ist da nun das Glas noch halb voll oder bereits halb leer? Keine Ahnung. Wenn die alte Schachtel mit den lila Locken das gesagt hätte – na gut, hätte es natürlich gestimmt. Aber die Blinde? Sicher nicht viel älter als Plotek, wenn nicht sogar jünger. Vielleicht wegen der Stimme?, dachte Plotek. Ploteks Stimme klang vermutlich viel jünger als Plotek war. Ploteks Körper dagegen – frag nicht. Hätte die Blinde Ploteks stark übergewichtigen Körper gesehen, wäre ihr bestimmt nichts dergleichen über die geschminkten Lippen gekommen. Apropos, nicht nur die Lippen waren akkurat geschminkt, das ganze Gesicht war tipptopp: Wangen, Brauen, Make-up, Kajal, Rouge – perfekt. Nur die Augen konnte Plotek hinter den dunklen Gläsern nicht erkennen. Wie man das ohne zu sehen so sauber hinkriegt? Alle Achtung. Da kommt es ja auf Millimeter an – das grenzt dann schon an Kunst. Das wäre vielleicht was für Wetten, dass .. .?‹ »Wetten, dass ich mein Gesicht schneller und genauer schminke als hundert sehende Hausfrauen aus Wassertrüdingen?« Bei dem Gedanken musste

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