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Schöne Khadija

Schöne Khadija

Titel: Schöne Khadija Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gillian Cross , Tanja Ohlsen
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unverschämten Art, wie sie ein paar Teenager anstarrte, die sich zwischen uns befanden.
    Sie standen voreinander wie Menschen, die sich stritten. Ein Mädchen mit einem Kopftuch und ein Junge mit blitzenden Augen. Sie waren beide wütend. Einen Augenblick sah es aus wie ein Streit unter Liebenden, aber das schien irgendwie nicht zu passen. Das Mädchen war älter als der Junge und wesentlich größer. So wie sie ihn ansah, vermutete ich, dass sie seine Schwester war.
    Der Junge sprach scharf zu ihr und sie trat einen Schritt zurück und schob die Hände vor, als wolle sie ihn abwehren. Aber sie berührteihn nicht wirklich. Es war eine überraschende Bewegung, graziös und aggressiv zugleich, und sobald ich sie sah, wusste ich, warum Sandy sie anstarrte.
    Ihr war das Mädchen aufgefallen.
    Geht das schon wieder los , dachte ich. Sandy ist dafür berühmt, neue Models zu finden, die ihre Kleider tragen. Sie hatte ein paar Jahre zuvor Molly Parker und Siobhan entdeckt und die drei Polinnen, die ihre Transparent-Winter-Kollektion vorstellten. Dieses Auge für neue Models gehört zu ihren Geheimnissen.
    Aber selbst nach diesen Standards war das Mädchen außergewöhnlich. Es war nicht nur ihr Gesicht, obwohl es mit seinen scharfen, goldbraunen Kanten sehr schön war. Es war die Art und Weise, wie sie sich bewegte – wie sie stand . Selbst wie sie so völlig reglos dastand, musste man sie ansehen, weil ihr ganzer Körper lebendig und hellwach war. Für alles bereit.
    Dennoch hatte sie nichts Affektiertes an sich. Ich sah auf den ersten Blick, dass sie nicht posierte. Es war ihr völlig egal, ob sie jemandem auffiel oder nicht.
    Die kriegst du nicht, Sandy, dachte ich. Nie im Leben.
     
    Erst als wir im Auto saßen und in Dads Wohnung zurückfuhren, sprach Sandy mit mir. Sie warf mir einen Blick zu und fragte: »Nun? Wie hast du dich gefühlt? Wie war es?«
    »Schrecklich«, antwortete ich. »Als ob ich von der Welt abgeschnitten wäre.«
    Sandy nickte und schwieg einen Moment, während sie ihren Wagen zwischen zwei Taxen hindurchmanövrierte. Dann sagte sie: » Nur schrecklich? Oder war da auch etwas anderes?«
    »Na ja …«
    Ich wollte es ihr nicht wirklich sagen, denn eigentlich widersprach es allem, was ich immer von Schleiern gehalten hatte. Aber nur schrecklich wäre eine Lüge gewesen.
    »Es verleiht einem irgendwie Macht, wenn man unsichtbar ist«,meinte ich. »Wenn die Leute einen nicht sehen können, werden sie unsicher. Und wenn man das ausnutzt …«
    Ich sprach es nicht aus, aber das war auch nicht notwendig. Sandy nickte bereits, als würde sie mich verstehen.
    Als ob das genau die Antwort wäre, die sie erwartet hatte.

E s war ein langer Weg ins Lager. Lang und heiß und wir mussten schwere Bündel tragen. Jedes Mal, wenn eines der Lastkamele starb, musste Mahmoud einen Anteil an der Bürde übernehmen.
    Während er dahinstapfte, sang er manchmal, manchmal verfasste er aber auch eine E-Mail in seinem Kopf.
     
    Du hast immer gern neue Orte besucht, nicht wahr, Geri? Nun, jetzt gehen wir an einen neuen Ort. Und die Reise macht mich stark. Wenn du nach Somalia zurückkehrst, wirst du mich nicht mehr »kleiner Bruder« nennen können …
     
    Jedes Mal wenn sie durch ein Dorf kamen, suchte er nach einem Ort, von dem aus er diese Mail losschicken konnte, aber seine Onkel wollten nicht anhalten. Jetzt, da sie sich entschlossen hatten, zum Lager zu gehen, schien es, als ob sie dort so schnell wie möglich hingelangen wollten. Und als er seine Mutter fragte, schüttelte sie nur seufzend den Kopf.
    »Warte, bis wir wissen, wo wir hinkommen«, sagte sie. »Wenn wir das wissen, können wir mailen und ihr sagen, dass sie uns etwas Geld schicken muss.«
    Also ging Mahmoud weiter. Und weiter und weiter und weiter …
     
    Bekommst du in England viel zu essen? Sei vorsichtig! Wenn du noch weiter wächst, passt du in kein Flugzeug mehr.

Ja, ich hatte Streit mit Khadija. Denn sie war völlig unvernünftig.
    Gut, ich hatte versprochen, sie zweimal die Woche zu Tante Safias Laden zu begleiten und sie dort wieder abzuholen. Und das hatte ich ja auch getan. Eine ganze Woche lang war ich an den Abenden, die sie arbeitete, hin- und hergelaufen. Das erste Mal, als ich sie abholte, regnete es und ich wurde nass bis auf die Knochen. Und beim zweiten Mal musste ich zehn Minuten warten, bis sie den Boden fertig gewischt hatte. Doch ich hatte mich nicht beschwert.
    Aber an diesem Abend war es anders. Mein Freund Rageh wollte am

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