Schöne Khadija
ihr gespartes Geld brauchen, nur um am Leben zu bleiben, bis der nächste Lastwagen mit Lebensmitteln kam.
Es war eine schlimme Zeit. Mahmoud hatte Angst, dass seine Mutter den Mut verlieren und den Kampf aufgeben würde. Zum ersten Mal bemerkte er, wie müde sie war und wie dünn, und er fragte sich, wie lange sie noch weitermachen konnte.
Aber sie schaffte es. Als der Kampf vorbei war, verschwand sie im Lager, um Leute zu finden, die ihr Lebensmittel verkaufen konnten. Und sobald sie zurückkam, begann sie, das Haus wieder aufzubauen, und rief Mahmoud und seine Schwestern, ihr dabei zu helfen.
»Wenn wir anfangen, uns zu beklagen, werden wir alles verlieren«, sagte sie. »Jetzt ist es an der Zeit zu arbeiten. Keine Angst, eines Tages wird es auch wieder besser.«
Wir konnten nicht hoffen, die zerbrochenen Pfosten, die die Stützen für die Hütte gebildet hatten, ersetzen zu können, aber Mahmouds Mutter fand trotzdem eine Verwendung für sie. Gemeinsam mit Mahmoud baute sie ein neues Gerüst und schickte die Mädchen los, Plastikteile zu suchen, mit denen wir die Matten ausbessern konnten, aus denen die Wände bestanden.
Dann saßen wir alle zusammen und reparierten die Matten. Bei der Arbeit erzählte Mahmouds Mutter ihnen ihre Lieblingsgeschichten und erinnerte sie daran, dass das Leben besser werden würde.
Mahmoud bemühte sich, ihr zu glauben. Seit er sich erinnern konnte, hatte er die Geschichten vom besseren Leben gehört – manchmal lag es in der Vergangenheit, manchmal in der Zukunft. Aber es fand nie genau jetzt statt. Es schien immer außer Reichweite.
Hoffnung verspürte er nur, wenn er an Geri dachte. Er wusste, dass sie sie nicht vergessen würde. Eines Tages würde sie zurückkommen, sie aus dem Lager retten und genügend Geld mitbringen, um ihnen neue Kamele zu kaufen, und Gewehre, um sie zu beschützen.
Natürlich würde sie sie retten.
Warum war sie sonst weggegangen?
Die Fahrt mit dem Taxi nach Hause war wie eine Reise von einem Leben in ein anderes. Als wir Sandys Atelier verließen, hatte ich tatsächlich gedacht, wir würden Maamo erzählen, wo wir gewesen waren. Sie würde doch sicher verstehen, was für eine großartige Chance sich Khadija bot? Und nicht nur Khadija. Die Verbindung mit Sandy konnte alles verändern. Wir mussten nur Maamo davon überzeugen.
Aber das war natürlich nur eine Fantasie. Als wir die Straße zum Battle Hill hinauffuhren, überlegte ich mir einen Plan. Vielleicht war es besser, das Geheimnis noch ein wenig länger zu bewahren. Damit wir nicht alles ruinierten.
»Lassen Sie uns bitte hier aussteigen«, sagte ich zum Fahrer. »Den Rest können wir laufen.«
Er zuckte mit den Achseln und hielt an, gleich um die Ecke von der Schulbushaltestelle. Wenn wir von dort aus kamen, sah es so aus, als wären wir wie üblich mit dem Bus gekommen.
So dachte ich mir das jedenfalls. Aber es war schon zu spät, um schlau zu sein, denn eine der Lehrerinnen hatte bemerkt, dass Khadija und ich nicht zum Unterricht erschienen waren. Sie hatte Fowsia gefragt, ob wir uns den Virus eingefangen hätten, der umging, und diese war nicht so schlau gewesen, zu Hause den Mund zu halten.
Als wir in die Wohnung kamen, saßen Onkel Osman und Tante Safia bei Maamo in der Küche. Von den Mädchen war nichts zu sehen. Nur die drei Erwachsenen warteten auf unsere Rückkehr. Sobald ich sie sah und ihre Blicke bemerkte, wusste ich, dass wir Ärger bekommen würden.
»Wo wart ihr?«, fragte Onkel Osman.
»In der Schule«, antwortete Khadija schnell.
War das nicht dumm? Wieso, glaubte sie, warteten sie hier auf uns? Sie mussten doch schon wissen, dass sie log.
Ich tat, was ich konnte, um den Schaden zu reparieren. »Khadija ist weggegangen – in die Bibliothek«, stieß ich hervor. »Sie wollte etwas für ein Projekt suchen, aber ich sah, dass sie sich nicht ausgetragen hatte, also bin ich ihr nach, um sie zurückzuholen und …«
In meinem Kopf hatte ich die ganze Geschichte bereit und sie war fast überzeugend. Aber Onkel Osman sah mir in die Augen und die Worte verpufften sinnlos in der Luft.
»Setz dich«, befahl er mir. »Da drüben. Und du dort, Khadija.«
Wir setzten uns ihm gegenüber nebeneinander an den Tisch. Hätten wir nur daran gedacht, uns eine gute Geschichte auszudenken! Jetzt war es zu spät für Lügen – aber die Wahrheit konnten wir auch nicht erzählen. Aber denkt daran – es muss ein Geheimnis bleiben. Wenn ihr anderen Leuten davon erzählt, ist die
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