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Schöne Khadija

Schöne Khadija

Titel: Schöne Khadija Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gillian Cross , Tanja Ohlsen
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denn ich hatte das Handy bereits am Ohr. Es waren aber nur ein paar Nachrichten von der Mailbox darauf. Hassan war nah genug, um die erste zu hören.
    Wo steckst du, Mann? Wie oft muss ich dich denn noch anrufen?
    Laut rief er: »Das ist Rageh! Er ruft aus Somalia an!«
    Plötzlich drängten sich alle um mich, um meine Nachrichten mitzuhören. Das schien mir keine gute Idee zu sein, deshalb schaltete ich das Telefon wieder aus und steckte es in die Tasche. Zum Glück kam gerade der Bus. Bis wir alle eingestiegen waren, erzählte Liban von seiner Band, und die anderen hatten mein Telefon vergessen.
    Aber ich nicht.
    Wie war das Telefon plötzlich in meiner Tasche gelandet? Mit Onkel Osman konnte es nichts zu tun haben. Wenn er gewollt hätte, dass ich es zurückbekomme, hätte er es mir selbst gegeben – zusammen mit einer langen Rede darüber, dass er mir vertraute, es vernünftig zu benutzen.
    Aber wenn er es mir nicht wiedergegeben hatte – wer dann?
     
    Erst in der Pause kam ich dazu, meine Nachrichten in Ruhe abzuhören. Sobald die anderen außer Hörweite in der Schlange vor den Getränkeautomaten standen, schlüpfte ich wieder ins Klassenzimmer zurück.
    Die beiden neuen Nachrichten waren von Rageh. Es war vorherzusehen, wie sie lauteten: Komm schon, Abdi, ruf mich zurück! Ich will alles über das Fußballspiel wissen! (Nichts darüber, wie es in Somalia war, was ich gerne wissen wollte.)
    Aber es war auch eine gespeicherte Nachricht da. Beinahe hätte ich aufgelegt, ohne sie abzuhören, weil ich glaubte, ich müsse sie schon kennen. Aber irgendetwas ließ mich weiterhören. Und da erklang plötzlich die Stimme, auf die ich gewartet hatte. Sehr deutlich und geschäftsmäßig:
    Hier ist Sandy. Ruf mich an. So schnell wie möglich.
    Ich hörte sie dreimal ab, nur um sicherzugehen, dass ich mir das nicht nur einbildete. Dann lief ich los, um Khadija zu suchen. Sie stand am Rand einer Gruppe von Somali-Mädchen und kam auf ein leichtes Kopfnicken von mir herüber.
    »Sieh mal, was ich hier habe.« Ich hielt das Telefon hoch, um es ihr zu zeigen. »Und rate mal, wer eine Nachricht hinterlassen hat!«
    Wir hatten nicht über Sandy gesprochen, nicht seit dem Tag, an dem mir mein Telefon weggenommen worden war. Aber Khadija verstand mich sofort. Einen Moment lang wurde sie ganz still, dann streckte sie die Hand aus.
    »Lass mich mal hören«, verlangte sie.
    Kein Oh mein Gott! Ich fasse es nicht! -Geschrei wie bei anderen Mädchen. Es war, als hätte sie nie auch nur einen Moment daran gezweifelt, dass Sandy anrufen würde. Sie nahm das Telefon, hörte sich die Nachricht an und nickte dann zufrieden.
    »Wir sollten sie zurückrufen. Worauf wartest du, Abdi? Tu es gleich. Das hat sie doch gesagt.«
    »Warte mal.« Ich hatte nachgedacht. »Irgendjemand hat diese Nachricht gespeichert  – und das war nicht ich. Das heißt, dass jemand meine Mailbox abgehört hat. Und der weiß jetzt von Sandy.«
    » Was weiß er darüber?«, meinte Khadija verächtlich. »Sie ist ja schließlich nicht die einzige Sandy auf der Welt, oder? Hör auf, dir unnütze Sorgen zu machen und ruf sie an!«
    Es wäre verrückt gewesen, es hier zu tun, wo jeder mithören konnte, daher gingen wir in unser Klassenzimmer zurück und schlossen die Tür. Ich spielte die Nachricht für Khadija noch einmal ab und rief dann Sandys Nummer an.
    Sie antwortete fast sofort. »Abdi? Bist du das?«
    Mein Herz klopfte heftig. »Ja, hier ist Abdi«, sagte ich. »Sie wollten mich sprechen?«
    »Natürlich. Warum hat das so lange gedauert?«
    »Ich hatte ein paar Probleme mit dem Handy.«
    »Nun, wir müssen weitermachen.« Ich hörte ihre Ungeduld. »Und ich möchte mit euren Eltern sprechen. Können wir uns am Sonntagnachmittag treffen? Gegen vier?«
    Ich stellte mir vor, was Maamo sagen würde, wenn sie Sandy traf. »Vielleicht«, antwortete ich vorsichtig.
    »Ich muss mit euren Eltern sprechen«, beharrte Sandy. »Ihr bringt sie mit, ja?«
    »Ja, natürlich.« Ich wollte nichts sagen, was sie abschrecken würde. »Wir werden am Sonntag da sein.«
    »Gut«, sagte Sandy. »Aber denkt daran, dass es geheim bleiben muss. Wenn sie mit jemand anderem reden, kann ich Khadija nicht einsetzen, verstanden?«
    »Verstanden«, sagte ich, denn das war die Antwort, die sie hören wollte.
    Aber ich fragte mich unwillkürlich, was sie wohl für ein Leben führte. Hatte sie denn keine Freunde? Oder Familie? Wenn Maamo hörte, was sie Khadija anbot, würde sie natürlich mit

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