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Schöne Khadija

Schöne Khadija

Titel: Schöne Khadija Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gillian Cross , Tanja Ohlsen
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bin der Mann, der deinem Bruder das Leben retten kann.« Es war eine hässliche Stimme. Grausam und hart. Und ich verstand nicht sofort. Da ich in England war, dachte ich, dass er Abdi bedrohte.
    Dann erklang ein merkwürdiges Keuchen und eine andere Stimme erklang über das Telefon und sagte einen anderen Namen.
    »Geri!«
    Nur ein Mensch auf der Welt nennt mich so. »Mahmoud! Bist du das?«
    Ich hörte ihn wieder keuchen und dann sprudelten die Worte aus ihm hervor wie Wasser aus einem Eimer. »Sie haben mich aus dem Lager geholt. Zwei von ihnen – mit Gewehren! Ich konnte nichts machen, Geri! Ich konnte nicht! Wenn es nur einer gewesen wäre, dann hätte ich versucht …«
    Ich verstand noch nicht, aber ich wollte am liebsten weinen. Glaubte er wirklich, ich erwartete von ihm, gegen einen bewaffneten Mann zu kämpfen? Schhht, wollte ich sagen, so wie damals, als er noch klein war und wenn er hingefallen war. Schhht, du bist der mutigste Junge, den ich kenne. Aber für so etwas war er zu alt.
    Und was passiert war, war weit schlimmer, als hinzufallen.
    Ich unterbrach seine Entschuldigung, weil es sein musste. »Erzähl mir nur, was passiert ist. Wer sind diese Männer und was wollen sie, Mahmoud?«
    Er antwortete nicht, weil sie ihm das Telefon wieder wegnahmen. Die hässliche, grausame Stimme erklang wieder und schrie mich an.
    »Willst du deinen Bruder wiedersehen? Dann musst du zahlen! Wir geben dir drei Monate, das Geld zu beschaffen!«
    »Was für Geld?«, fragte ich panisch. Ich dachte an den kleinen Stapel Münzen in meinem Zimmer und ob mir Tante Safia einen Vorschuss geben würde. Ich verstand immer noch nicht.
    »Wir wollen zehntausend Dollar«, schrie der Mann. »Wenn du das Geld zusammen hast – schreib eine S M S an diese Nummer. Dann rufe ich dich wieder an und sage dir, wie du das Geld übergibst.«
    Ich konnte kaum atmen. »Zehntausend …?«
    »U S -Dollar.«
    »Aber ich habe …«
    »Dann bitte deine Freundin Sandy Dexter darum«, sagte die Stimme aus Somalia. »Sie soll es dir geben. Lass sie zahlen – wenn sie will, dass ein Somalimädchen der ganzen Welt ihren Körper zeigt.«
    Was er danach sagte, war beleidigend und ekelhaft. Die Worte liefen über meinen ganzen Körper wie Insekten. Aber ich konnte nicht auflegen, weil es keine Rolle spielte. Nichts davon spielte eine Rolle – bis auf das Wichtigste.
    »Tun Sie Mahmoud nichts!«, schrie ich ins Telefon. »Wagen Sie es nicht …!«
    Der Mann wiederholte meine Worte in einer dümmlich quiekenden Stimme und ich hörte, wie die anderen lachten, als er auflegte.
     
    Sobald ich wieder denken konnte, wusste ich, dass ich meiner Familie in Somalia eine Nachricht schicken musste. Die Computer in der Bibliothek waren alle besetzt, aber Abdi ging zur Bibliothekarin und flüsterte ihr etwas zu. Ich glaube zwar nicht, dass er ihr die Wahrheit gesagt hatte, aber es schien überzeugend zu sein, denn zwei Minuten später saß ich vor einem Bildschirm.
    Als ich meinen Posteingang öffnete, fand ich eine E-Mail von meinem Vater vor. Sie war kurz und knapp:
    Dein Bruder Mahmoud ist von ein paar Männern entführt worden. Wir suchen ihn überall, aber wir können ihn nicht finden. Sie werden Geld verlangen, aber wir haben nichts mehr. Du musst uns alles schicken, was du hast.
    Und bete, dass wir ihn bald finden.
    Ich zwang mich, ihm zu antworten, und betätigte zitternd die Tasten. Ich erzählte meinem Vater von den Männern, die angerufen hatten, aber nichts von Sandy. Wenn du es anderen erzählst, ist die Sache gestorben , hatte sie erklärt. Dieses Risiko konnte ich nicht eingehen, nicht jetzt, wo ich das Geld so dringend brauchte.
    Aber ich musste an die letzte E-Mail denken, die ich Mahmoud geschriebenhatte. Ich hätte es nicht tun sollen. Das war mir klar gewesen, noch während ich sie losgeschickt hatte. Aber ich hatte sie trotzdem geschickt. Irgendwie mussten die Entführer sie gesehen und das mit Sandy herausgefunden haben.
    Es war alles meine Schuld.

Ich hatte einen anstrengenden Tag in der Schule gehabt. Es begann schon, als ich kurz vor neun Uhr dort auftauchte. Mein Freund Ben wartete auf mich, mit einem Gesicht wie ein nasses Küchenhandtuch.
    »Alice«, sagte er. Das war alles, aber ich hörte, wie seine Stimme bebte, und wusste, was kommen würde.
    »Sie hat mit dir Schluss gemacht, ja?«, fragte ich. Ich bereitete mich auf eine Menge Zuhören vor. Wenn es Ben mies geht, ist es ein Fulltime-Job, seine Kummerkastentante zu sein.
    Am

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