Schöne Leichen (Ein Lisa Becker Krimi) (German Edition)
abräumen. Wann war denn überhaupt diese Grü n derzeit, und wieso hieß sie so? Was hat man denn gegründet?“
Fabian zuckte nur mit den Schultern. „19. Jahrhundert , e i ne Phase starken Wirtschaftswachstums in Europa. Gegründet wurden halt große Konzerne, Krupp zum Beispiel. Das hier war eine Textilfabrik, aber sie muss damals ausgesehen haben wie eine Mischung aus Museum und Herrenhaus , alles schön d e koriert und großzügig geschnitten, mit viel Holz und Stuck . Jetzt guck dir die Scheiße an, die sie draus gemacht haben.“
Lisa betrachtete die kaputten Wände, die kaputten Fenster und nicht zuletzt die kaputte Treppe, auf der sie sich bewe g ten.
„Kann man ja jetzt denen nicht vorwerfen, die sind ja erst seit kurzem hier.“
„Sicher, sicher. Aber sie haben ganz klar nicht die Ambit i on, hier Schönheit entstehen zu lassen. Und so was nennt sich Künstler. “ Fabian schaute nach oben. „Ich hätte den Sack echt gern ver haftet . “
„Meine Güte, so schlimm fand ich ihn jetzt auch nicht.“
„Dieser Lustgreis macht meine Perle an, vor meinen A u gen!“ knurrte er übertrieben dramatisch.
„Woher soll der denn wissen, dass ich deine Perle bin?“
„Das kann man ja wohl voraussetzen, wenn zwei verboten attraktive Menschen verschiedenen Geschlechts vor einem stehen .“
„Wir sind beruflich hier, du Vollspack.“
„Ach, stimmt ja.“ Fabian seufzte theatralisch. „Na gut, vie l leicht haben wir ja Glück und wir erwischen gleich jemanden, der panisch davonläuft, wenn er hört, dass wir Bullen sind.“
Er probierte es gleich mal aus bei einem jungen, dunke l haarigen Mann im Traingsanzug, der ihnen von unten entg e genkam.
„Hey, wir sind von der Polizei. Tachchen.“
Er glotzte Fabian an. „Qué?“
Lisa lachte. „Übersetz mal Tachchen ins Spanische.“
„Hola“, radebrechte Fabian mutig, „nosomos policia…“
Der junge Mann lachte und ging einfach an ihnen vorbei nach oben.
„Nosomos?“ fragte Lisa skeptisch.
„Falsch?“
„Keine Ahnung. Zumindest hat er nicht gesagt All Cops Are Bastards .“
„Ja“, fand Fabian, „das war ziemlich überraschend. Norm a lerweise kriegt man das doch dauernd zu hören, grad so als wäre es eine richtige Meinung.“
Si e waren im 1. Stock angekommen und suchten nach dem Atelier von Mike Warburg. Eine fröhlich vor sich hin si n gende Frau mit knallroten Haaren, die einen großen Stapel Farbsprühdosen in Armen hielt, zeigte in Richtung des Endes vom linken Gang, von wo seltsam anmutende Maschineng e räusche an die polizeilichen Ohren drangen. Die meisten T ü ren waren geschlossen, aber die betreffende war geöffnet, wahrscheinlich um alle an dem Krach teilhaben zu lassen. Hier war jemand schwer am Arbeiten. Nicht in dem Sinne, in dem Stahlkocher , Sweatshop -Kinder oder Call-Center-Agenten a r beiten, aber immerhin.
„Also ernsthaft “, seufzte Fabian , „ meinetwegen kann der Typ einfach ein Geständnis ablegen und sich dann mit seiner Kreissäge oder was immer er benutzt die Gurgel durchschne i den. Ich habe diese Vision von einem mysteriösen Mordfall, der nach nur 50 Buchseiten gelöst ist.“
„Das wäre ja wohl eine unverschämte Verarsche “, gab Lisa zurück . „ Leute bezahlen schließlich Geld. Und dafür erwarten die mehr als nur eine poplige Leiche.“
„Verwöhntes Pack!“
Acht
Mike Warburgs Atelier war recht groß, etwa 40 Quadra t meter, vermutlich eins der größten im Haus . Es lag im Eckb e reich des Gebäudes und hatte zwei Wände mit großen Fen s tern, durch die das Licht nur so hereinflutete. Auch wenn Wände, Boden und Decke im selben Zustand waren wie im Rest des Fandango , war hier doch etwas mehr Ästhetikb e wusstsein zu erkennen: Warburg hatte die Wände einheitlich dunkelgrün gestrichen und rätselhafterweise darauf verzic h tet, sie dann gleich wieder vollzuschmieren. Die Holzdielen waren zwar nicht sauber, aber es war zumindest mehr Holz als Farbe oder Dreck zu sehen. Der Raum war nicht überfüllt, zwar gab es mehrere Regale und aufgebockte Tischplatten, aber nur eine Handvoll Skulpturen, allesamt aus Metall, waren zu sehen.
Lisa gefielen sie, und auch Fabian taxierte sie mit Woh l wollen. Die meisten waren klein, nicht höher als dreißig Ze n timeter, und waren nicht abstrakt. Es war klar, was sie da r stellten: Nackte Menschen, beiderlei Geschlechts, in allen möglichen und teilweise physisch komplett unmöglichen P o sen. Teilweise waren sie von dampfender,
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