Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Schöne Leichen (Ein Lisa Becker Krimi) (German Edition)

Schöne Leichen (Ein Lisa Becker Krimi) (German Edition)

Titel: Schöne Leichen (Ein Lisa Becker Krimi) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Falko Rademacher
Vom Netzwerk:
Clubbesuche. Tausende bildende Künstler leben in Berlin, und viele können von ihrer Kunst sogar leben. Ich konnte das auch meistens.
    Was das Tacheles angeht, war mir aber schon lange klar, dass es irgendwann enden musste. Bis 2008 zahlte jeder nur eine symbolische Miete von einer Mark im Monat, bezi e hungsweise 50 Cent. Aber dann wurde die Initiative insolvent, und die Gläubiger verlangten marktübliche Mi e ten, wie man so sagt. Die wollen das Haus zwangsversteigern und dazu mü s sen sie jeden ei n zeln rausekeln. Langsam aber sicher bringen die das Gebäude scheibchenweise unter Ko n trolle. Leicht ist das nicht, weil immer wieder neue Künstler als Besetzer au f treten, und man muss jeden einzeln rausklagen. Der Senat könnte das Areal kaufen, aber das kostet mindestens 35 Mill i onen, und das ist schließlich fast der ganze Jahresetat der Staatsoper. Also, das kommt n a türlich nicht in Frage.
    Ich wurde nicht rausgeekelt, ich wurde gekauft. 100.000 Euronen haben sie mir in die gierige, korrupte Kralle gedrückt, und ich hab sie genommen und bin gegangen, so wie einige andere, auch die gesamte Gastronomie. Die hassen mich dort jetzt. Aber man muss die Zeichen der Zeit erkennen. Wer sich stur an die Vergangenheit klammert, wird von der Zukunft überrollt. Es war Zeit für etwas Neues.“
    Lisa und Fabian hatten dem Monolog von Xaver Stolz aufmerksam zugehört. Sie befanden sich in seinem Atelier, im dritten und obersten Stockwerk eines Gründerzeitgebäudes an der Hasenheide, vor dem Krieg die Textilfabrik Unger & Söhne, heute bekannt als Fandango – ohne Söhne. Stolz hatte keinen Arbeitstisch, deshalb saßen sie auf zwei Klappstühlen, der Hausherr in einem zerschlissenen TV-Sessel, gemütlich hoc h geklappt, ein Glas Wein nippend. Er hatte den beiden Kommi s saren nichts angeboten. Er war Ende 50, grauziegenbärtig und gekleidet in Jeans und einem T-Shirt mit einem Bild von Erich Honecker in einer Che-Guevara-Pose. Keine Ahnung, was das jetzt wieder bedeuten sollte.
    „Also, mit dem Geld haben Sie das hier aufgezogen?“ spann Lisa den Faden weiter.
    „Es ist deutlich kleiner als das Tacheles , wir kriegen ins Fandango maximal zwanzig Künstler rein, im Tacheles waren es schon mal hundert. Die Location ist auch nicht optimal für Theater oder Kino, ein bisschen zu abgelegen. Aber unsere Bar wird schon gut besucht.“
    „Und außerdem ist der Volkspark Hasenheide gleich n e benan, wo man rund um die Uhr mit Stoff versorgt wird“, l ä chelte Fabian.
    Stolz lachte. „Ich habe nicht den Hauch einer Ahnung, w o von Sie reden, Herr Kriminalrat. Wie Sie sehen, bin ich lediglich ein Edel-Alkoholiker. Für meine lieben Mieter kann ich nicht sprechen. Ich bin übrigens nicht der einzige , der einen Neua n fang wagt . Ein Kollege hat in Treptow einen alten Supermarkt umgestaltet, das ist sehr nett geworden. Gehen Sie ihn mal besuchen.“
    „Machen wir“, sagte Lisa gelassen, „ sobald auch in seinem Haus ein Mörder lebt.“
    Stolz zog seine Augenbrauen gen Himmel.
    „Pardon?“
    Lisa klassifizierte die Reaktion als ehrliche Überraschung ohne Schock.
    „Sie haben uns gar nicht gefragt, warum wir hier sind, Herr Stolz.“
    „Ich hab angenommen, es geht um die Besitzverhältnisse. Das hat alles seine Ordnung, ich hab den Bau übernommen und leite jetzt sukzessive die Sanierung ein. Alle helfen mit, wir kriegen das gebacken.“ Er leerte sein Glas und stellte es auf dem Boden ab, dann setzte er sich auf. „Und jetzt erzählen Sie was von Mörder. Soll das etwa wieder irgendein Trick sein? Ich dachte, ich kannte schon alle.“
    „Da s ist kein Trick“, sagte Fabian und erklärte die Z u sammenhänge.
    „Ja“, sagte Stolz langsam und bedächtig. „Es gibt hier e i nen einzigen Internet-Zugang, den alle benutzen. Ein WLAN-Netz, nichts Besonderes, aber jeder kann mit seinem Comp u ter darauf zugreifen.“
    Mist , dachte Lisa, es wäre wohl auch zu einfach gewesen .
    „Ich nehme an, es ist nicht passwortgeschützt?“ fragte F a bian.
    „Nein, wozu auch?“
    „Na, genau wegen so etwas. Man kann sich im Internet strafbar machen. Zum Beispiel Kinderpornos runterl aden.“
    „Oder überhaupt Pornos“, ergänzte Lisa, „beziehungswe i se alles, was irgendwie rechtlich geschützt ist. Eine ganze Abmahnindustrie aus nach Schwefel stinkenden Anwälten zieht sengend und brennend durchs Land, um tausend Euro für einen einzigen Brief zu kassieren. Da ist es gut, wenn man denjenigen ausfindig machen kann,

Weitere Kostenlose Bücher