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Schöne Lügen: Roman (German Edition)

Schöne Lügen: Roman (German Edition)

Titel: Schöne Lügen: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sandra Brown
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aufzufallen, die zwischen den anderen Fahrgästen des Wagens herrschte. Schweigend fuhren sie nach Hause.
    Erin hatte bemerkt, daß die Augen ihrer Schwägerin rot und geschwollen waren, also hatte sie geweint. Die sonst so lebhafte junge Frau hatte sie und Lance ganz zerstreut begrüßt, als sie aus dem Haus gekommen und in den Fond des Wagens gestiegen war. Lance hatte Clark gebeten, bei dem Wagen zu bleiben, bis er fertig repariert war.
    Melanie hockte zusammengesunken in einer Ecke, und man sah ihr an, daß sie keine Lust hatte, sich zu unterhalten. Seit ihrer Ankunft in San Francisco hatte Erin Melanie noch nie so verzagt gesehen. Es schien, als habe eine Verzweiflung sie erfaßt, die zu tief war für Tränen, eine Hoffnungslosigkeit, die mit normalen Mitteln nicht zu besiegen wäre.
    Sobald sie das Haus betreten hatten, entschuldigte Melanie sich und ging die Treppe hinauf in ihr Zimmer.
    Lance und Erin wechselten kein einziges Wort. Sie hängte ihren Mantel an die Garderobe und verschwand in der Küche, um etwas zu trinken. Auf dem Flur zur Treppe begegnete sie Lance nochmals, der aus dem Wohnzimmer kam, wo er mit Mike gesprochen hatte. Kalt und unpersönlich nickte er ihr zu, als sei er ein Fremder. Dabei hatte sie am Vormittag in seinen Armen gelegen und seinem Liebesgeflüster
gelauscht. Sie kannte seinen Körper und dennoch kannte sie den Mann nicht, dem er gehörte. Den Grund für seinen Ärger hatte er ihr erklärt – ihre Unterhaltung mit Bart – und hatte sie völlig mißverstanden.
    Wie konnte er nur glauben, daß sie einer solchen Hinterhältigkeit fähig wäre? Dachte er wirklich, daß sie das, was zwischen ihnen geschehen war, auf die leichte Schulter nehmen würde? Er kannte sie einfach nicht. Und genau darum ging es. Sie kannten einander nicht in den Zusammenhängen, die eigentlich zählten.
    In ihrem Zimmer bereitete sie sich auf das Schlafengehen vor. Sie hatte gerade das Licht im Bad gelöscht und wollte sich hinlegen, als es an der Tür klopfte.
    »Ich bin es.«
    »Komm rein, Melanie. Ich bin noch nicht im Bett«, antwortete Erin.
    Melanie hatte einen dünnen Morgenmantel über ihr Nachthemd geworfen. »Störe ich?«
    »Natürlich nicht.«
    »Wie war dein Tag heute?« fragte Erin die jüngere Frau, die erschöpft in den Lehnsessel sank.
    »Es war schrecklich, Erin.« Sie fuhr sich durchs Haar und drehte den Ehering an ihrem Finger. »Meine Eltern machen mich verrückt. Sie haben heute morgen angerufen und darauf bestanden, daß ich sie besuchen sollte. Weißt du, worüber sie mit mir sprechen wollten? Über eine Scheidung. Sie wollen, daß ich mich von Ken scheiden lasse.«
    »Oh, Melanie! Wie konnten sie dir so etwas vorschlagen, ausgerechnet zum jetzigen Zeitpunkt?«
    »Ich weiß es nicht. Natürlich habe ich mich geweigert, sie
auch nur anzuhören, aber sie haben mich in die Zange genommen und mir all die Gründe für eine Scheidung klarzumachen versucht. Den Hauptgrund, der dagegen spricht, wollten sie gar nicht hören. Ich liebe Ken.« Sie barg ihr Gesicht in den Händen und begann zu schluchzen, ihre Schultern bebten so sehr, daß es Erin das Herz zerriß. Sie kniete vor ihrer Schwägerin nieder und zog sie in ihre Arme.
    »Mein Vater ist schuld, daß Ken das alles getan hat. Er hat ihn immer unter Druck gesetzt, in der Bank hat er ihm die unmöglichsten Arbeiten aufgehalst, und dann hat er ihn vor anderen Leuten lächerlich gemacht, wenn ihm Fehler unterliefen. Ken hat sich solche Mühe gegeben, es meinem Vater recht zu machen, aber dem reichte es nie. Seit etwa einem Jahr hat er davon gesprochen, sich einen anderen Job zu suchen, aber ich habe ihn gebeten, abzuwarten. Mein Vater hat keinen Sohn, verstehst du, und ich glaubte, daß Ken vielleicht diese Lücke füllen könnte, weil mir das nicht gelungen war. Ich war so selbstsüchtig, ich habe nicht begriffen, wie schrecklich Ken gelitten hat.«
    »Mach dir keine Vorwürfe, Melanie. Ken ist ein erwachsener Mann. Er hat vielleicht gelitten, hat sich unzulänglich gefühlt, aber er hat etwas Unrechtes getan und wird die Konsequenzen tragen müssen. Das weiß er auch, und bestimmt wird er dir deswegen keine Vorwürfe machen.«
    »Aber warum hat er dann nicht versucht, sich mit mir in Verbindung zu setzen? Ich habe seit dem Morgen, als er zur Arbeit ging, nichts mehr von ihm gesehen oder gehört. Erin, ich fühle mich so elend ohne ihn.«
    Erin tätschelte Melanie den Rücken, so gut es ihr möglich war, und tröstete ihre Schwägerin:

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