Schöne Lügen: Roman (German Edition)
angeschrien, sie mit Worten beleidigt, sie hätte es ertragen, weil er ihr das Gefühl gab, es nicht anders zu verdienen. Doch dann wurde sie plötzlich zornig. Wie die meisten Frauen gab es eines, was Erin von einem Mann nicht ertragen konnte, und das war Gleichgültigkeit.
Sie flog aus der Küche, ihre Augen blitzten kampfbereit.
Als sie ihn dann sah, wie er am Schreibtisch lehnte und ruhig mit Mike sprach, verlor sie einen Großteil ihrer Angriffslust. Er trug seine Brille und las einen Bericht, den einer seiner Agenten durchgegeben hatte. Gerade in dem Augenblick, als Erin ins Zimmer trat, schob er seine Brille auf den Kopf. Es war eine so entzückende Gewohnheit von ihm. Lance, was ist denn geschehen? flehte ihr Inneres.
Er wirbelte zu ihr herum, als hätte er ihre Worte gehört. Verdammt! fluchte er stumm. Warum mußte sie so wunderschön sein? Der korallenrote Pullover unterstrich noch die cremig zarte Haut, die er ja nun von Kopf bis Fuß kannte. Die graue Hose umschloß ihren kleinen Po so eng wie ein Handschuh, und er konnte das feste Fleisch beinahe fühlen. Ihre dunklen, weichen Locken umrahmten ihr Gesicht, und er wußte, wie sie sich anfühlten. Ihre Augen, die ihn vom ersten Augenblick an verzaubert hatten, leuchteten. Es war ein Leuchten, das unmißverständlich verriet, daß sie gerade geliebt worden war. Von ihm.
Beinahe hatte er sich selbst davon überzeugt, daß das ganze Geheimnis um sie zerfallen würde, wenn er sie wiedersah, außerhalb ihres Schlafzimmers. Bloß der rauschende Regen hatte sie in eine so intime Verzauberung gehüllt, daß sich danach alles als ein großer Betrug herausstellen mußte. Keine Wirklichkeit konnte so wunderbar sein. Sein heimtückisches Gemüt hatte ein kleines sexuelles Abenteuer zu einer Erfahrung werden lassen, die ihn bis in die Seele erschüttert hatte.
Wie hatte sie so lange auf der Welt sein können, mit solch einem Aussehen, ohne je einen Mann gehabt zu haben? Seine unerwartete Entdeckung, daß sie noch Jungfrau war, hatte
ihn beinahe zurückweichen lassen. Beinahe. Aber zu diesem Zeitpunkt hätten das zu guter Letzt weder Himmel noch Hölle geschafft.
Aber sie war doch verheiratet gewesen. Was war mit ihrem Mann? Vielleicht hatte sie ihn ja doch angelogen. Dieser Verlobte, von dem sie erzählt hatte, mußte der dümmste Trottel auf Gottes Erdboden sein. Jeder, der so dumm war, eine Frau wie sie ihre Unschuld hüten zu lassen, verdiente es, von dieser hinterhältigen kleinen Schlampe betrogen zu werden.
Er seufzte insgeheim auf. Also gut, Barrett, sie ist keine hinterhältige kleine Schlampe. Bis vor ein paar Stunden noch war sie eine Jungfrau. Lance Barrett war nie ein Mann gewesen, der einer Frau die Unschuld nahm, und auch Erin hatte er nicht gezwungen. Warum hatte sie sich ihm widerspruchslos hingegeben?
Warum? Warum hatte sie sich von ihm lieben lassen? Warum hatte sie überdies bis zum heutigen Morgen ihm selber das Gefühl der Unschuld vermittelt?
Nie zuvor hatte ihn jemand so tief und ohne Einschränkung akzeptiert. Sie war ihm mit einer solchen Bejahung entgegengekommen, daß es mehr würde als eine körperliche Vereinigung – Seelen hatten sich getroffen. Auch als sie liebessatt und schläfrig geworden waren, hatte er gezögert, die intime Umarmung zu lösen. Nur unter Aufbietung eisernen Willens war es ihm gelungen, sie loszulassen, ehe er nochmals Opfer seines wilden Verlangens wurde.
Jetzt sah er sie an und wußte nicht, ob er sie mitten in ihr verlogenes Gesicht schlagen oder sie so lange küssen sollte, bis sie seinen Namen rief, so wie vor einigen Stunden, als das
blendend helle Licht auf dem Höhepunkt ihrer Vereinigung sie miteinander verschmolzen hatte.
Brüsk sprach er sie an. »Holen Sie Ihren Mantel und die Autoschlüssel.« Dann wandte er sich an Mike. »Es wird sicher nicht lange dauern, ich bin bald wieder zurück.«
»Sicher, Lance.« Mike salutierte.
Lance legte die Hand um Erins Oberarm und schob sie aus der Tür, auf den Mercedes zu. »Vertrauen Sie mir genug, um mich fahren zu lassen?« fragte er.
»Das einzige, worauf ich bei Ihnen vertrauen kann, ist, daß Sie sich wie ein Barbar aufführen.« Sie entriß ihm ihren Arm und warf ihm die Autoschlüssel zu. Ohne ein Wort ging sie zur Beifahrerseite des Wagens. Beide ließen die Autotüren krachen, dann startete Lance den Motor und fluchte leise, als er nicht gleich ansprang. Schließlich legte er den Gang ein und fuhr mit quietschenden Reifen aus der Einfahrt.
Es
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