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Schöne Neue Welt

Schöne Neue Welt

Titel: Schöne Neue Welt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Aldous Huxley
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fünfundfünfzig?
    Schwer zu sagen. Übrigens ergab sich die Frage gar nicht, denn in diesem Jahre der Beständigkeit, 632 n. F., fiel es niemandem ein, sie zu stellen.
    »Ich werde beim Anfang beginnen«, sagte der BUND, und die ganz Gewissenhaften unter den Studenten vermerkten seine Absicht in ihren Heftchen: Beim Anfang beginnen!
    »Das hier sind die Brutofen«, sagte er mit einer
    schwungvollen Handbewegung. Er öffnete eine abgedichtete
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    Tür und zeigte ihnen die vielen Gestelle voll bezifferter Reagenzgläser. »Der wöchentliche Eingang an Ovarien. Ständig bei Körpertemperatur gehalten. Die männlichen Gameten«, hier öffnete er eine andere Tür, »müssen dagegen bei fünfunddreißig statt bei siebenunddreißig Grad gehalten werden. Normale Körpertemperatur macht unfruchtbar. Böcke in Barchent zeugen keine Zicklein.«
    An die Brutofen gelehnt, gab er den wild über die Seiten hastenden Bleistiften eine kurze Beschreibung des modernen Befruchtungsvorgangs, sprach selbstverständlich zuerst von dem operativen Eingriff - »eine freiwillig zum Gemeinwohl auf sich genommene Operation, die überdies noch mit einer Prämie in Höhe von sechs Monatsgehältern verbunden ist« - , beschrieb hierauf das Verfahren, mit dem der entnommene Eierstock am Leben und funktionstüchtig gehalten wurde, ging dann auf die Frage der optimalen Temperatur, des Salzgehalts und der Viskosität über, erwähnte die Nährlösung, in der die
    abgetrennten und ausgereiften Eier aufbewahrt wurden, führte seine Schützlinge an die Arbeitstische und zeigte ihnen, wie diese Lösung aus den Reagenzgläsern abgezogen und
    tropfenweise auf die vorgewärmten Objektträger der
    Mikroskope geträufelt wurde, wie die in ihr enthaltenen Eier auf Fehlentwicklungen untersucht, gezählt und in einen porösen Behälter gelegt wurden und - hier ließ er sie bei der Prozedur zusehen - wie man diesen Behälter in eine warme Brühe voll freischwimmender Spermatozoen tauchte - Mindestgehalt
    100000 pro Kubikzentimeter, betonte er - und wie nach zehn Minuten der Behälter aus der Flüssigkeit gehoben und sein Inhalt neuerlich untersucht wurde. Waren einige Eier
    unbefruchtet geblieben, wurde er noch ein zweites Mal und, wenn nötig, noch ein drittes und viertes Mal eingetaucht. Dann kamen die befruchteten Eier zurück in die Brutofen, wo die Alphas und Betas bis zur endgültigen Abfüllung in die Flaschen blieben, während die Gammas, Deltas und Epsilons schon nach
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    sechsunddreißig Stunden herausgenommen und dem
    Bokanowskyverfahren unterzogen wurden.
    »Bokanowskyverfahren«, wiederholte der Direktor, und die Studenten unterstrichen das Wort in ihren Heftchen.
    Ein Ei - ein Embryo - ein erwachsener Mensch: das
    Natürliche. Ein bokanowskysiertes Ei dagegen knospt und
    sproßt und teilt sich. Acht bis sechsundneunzig Knospen und jede Knospe entwickelt sich zu einem vollausgebildeten
    Embryo, jeder Embryo zu einem vollentwickelten Menschen.
    Sechsundneunzig Menschenleben entstehen zu lassen, wo früher nur eines entstand: Fortschritt.
    »Das Bokanowskyverfahren«, schloß der BUND, »besteht im
    wesentlichen aus einer Reihe von Unterbrechungen des
    Entwicklungsverlaufs. Wir hemmen das normale Wachstum,
    und, so paradox es klingt, das Ei reagiert darauf mit Knospung.«
    Reagiert mit Knospung. Die Bleistifte waren geschäftig am Werk.
    Der Direktor wies auf ein sehr langsam laufendes Band, auf dem soeben ein Gestell voller Reagenzgläser in einen großen Metallkasten befördert wurde; ein anderes Gestell verließ ihn im selben Moment. Der Mechanismus surrte leise. Acht Minuten dauerte es, bis die Röhrche n den Kasten durchlaufen hatten, erklärte der Direktor. Acht Minuten starker Röntgenbestrahlung waren nahezu das Äußerste, was ein Ei aushalten konnte. Einige gingen zugrunde; die am wenigsten empfänglichen teilten sich in zwei; die meisten trieben vier Knospen; manche acht. Alle wurden in die Brutofen zurückgebracht, wo sich die Knospen zu entwickeln begannen; dann, nach zwei Tagen, wurden sie plötzlicher Kälte ausgesetzt und so im Wachstum angehalten.
    Nun trieben die Knospen ihrerseits zwei, vier oder acht Knospen. Wenn es soweit war, erhielten sie eine fast tödliche Menge Alkohol zugesetzt, bildeten daraufhin abermals
    Knospen, und dann, wenn die Knospe aus der Knospe der
    Knospe entsprungen war, ließ man sie sich in Ruhe
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    weiterentwickeln, da eine weitere Unterbrechung meist
    verhängnisvoll wirkte. Zu diesem Zeitpunkt

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