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Schöne neue Welt

Schöne neue Welt

Titel: Schöne neue Welt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Aldous Huxley
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den Schlafsälen lagen die Spielsäle, in denen jetzt, weil es regnete, neunhundert Kleinkinder sich mit Klötzchen und Plastilin, »Der Zippsack geht um« und sexuellen Spielen vergnügten.
    Summ, summ, summ! Der Bienenstock summte von fröhlicher Geschäftigkeit. Vergnügt sangen die Mädchen an den Eprouvetten, die Prädestinatoren pfiffen bei der Arbeit, und im Entkorkungszimmer wurden bei den sich leerenden Flaschen ganz großartige Witze gerissen. Aber das Gesicht des Direktors, der mit Henry Päppler den Befruchtungssaal betrat, war ernst und von hölzerner Strenge.
    »Ein öffentliches Exempel«, sagte er. »Und gerade in diesem Saal, weil hier mehr Leute aus den höheren Kasten arbeiten als sonstwo in der Zentrale. Ich habe ihn für halb drei hierher bestellt.«
    »Bei der Arbeit ist er ja sehr tüchtig«, warf Henry mit heuchlerischer Großmut ein.
    »Das weiß ich. Ein Grund mehr zur Strenge. Seine geistige Überlegenheit bringt entsprechende sittliche Pflichten mit sich. Je begabter ein Mensch, desto größer seine Macht, andere irrezuleiten. Besser, daß einer leide, als daß viele verdorben werden. Betrachten Sie die Sache objektiv, Herr Päppler, und Sie werden feststellen, daß es keinen ärgeren Frevel gibt als unkonventionelles Verhalten.
    Mord tötet nur einen einzelnen - und was ist schon ein einzelner?« Mit schwungvoller Gebärde wies er auf die Reihen der Mikroskope, die Eprouvetten, die Inkubatoren.
    »Wir können ganz ohne Mühe neue einzelne erzeugen, so viele wir wollen. Unkonventionalität bedroht nicht nur das Leben des einzelnen, sie ist eine Bedrohung für die Gesellschaft. Jawohl, für die Gesellschaft«, wiederholte er. »Ah, da kommt er ja!«
    Sigmund war in den Saal getreten und kam zwischen den Reihen der Befruchter auf sie zu. Ein Anflug sorglosen Selbstvertrauens verbarg nur schwach seine Nervosität.
    Der Ton, in dem er »Guten Tag, Herr Direktor« sagte, war übertrieben laut, und der Ton, in dem er dann, um seinen Fehler wettzumachen, »Sie wollten mich hier sprechen?«
    fragte, lächerlich leise, ein Piepen.
    »Jawohl, Herr Marx«, erwiderte der Direktor unheilverkündend. »Ich wollte Sie hier sprechen. Sie sind gestern abend aus dem Urlaub zurückgekehrt, wie ich höre?«
    »So ist es.«
    »Sso isst ess«, wiederholte der BUND, wie eine Schlange zischend. Plö tzlich hob er die Stimme: »Meine Damen und Herren«, trompetete er, »meine Damen und Herren!«
    Mit einem Schlag verstummte das Singen der Mädchen an den Eprouvetten, das selbstvergessene Pfeifen der Männer an den Mikroskopen. Tiefe Stille trat ein, alles blickte auf.
    »Meine Damen und Herren«, wiederholte der Direktor noch einmal, »entschuldigen Sie diese Unterbrechung Ihrer Arbeit! Ich gehorche einer schmerzlichen Pflicht. Die Sicherheit und Beständigkeit der Gesellschaft sind in Gefahr. Jawohl, in Gefahr, meine Damen und Herren! Dieser Mann hier«, anklagend wies er auf Sigmund, »dieser Mann, der vor Ihnen steht, dieser Alpha-plus, dem so viel zuteil ward und von dem daher so viel erwartet werden durfte, dieser Kollege von Ihnen - oder soll ich vorgreifen und sagen: Ex-Kollege? - hat das in ihn gesetzte Vertrauen schnöde enttäuscht. Durch seine ketzerischen Ansichten über Sport und Soma, durch sein unorthodoxes Geschlechtsleben, durch seine Weigerung, den Geboten Fords des Herrn zu folgen« - bei diesen Worten schlug der Direktor ein T - »und durch sein Benehmen in der Freizeit, das das eines Babys in der Flasche ist, hat er sich als Feind der Gesellschaft erwiesen, der Ordnung und Beständigkeit untergräbt, ja, meine Damen und Herren, als Verschwörer gegen die Zivilisation selbst. Aus diesem Grund beabsichtige ich, ihn zu entlassen, mit Schmach und Schande von seinem Posten in der Zentrale zu jagen und seine Versetzung in eine Hilfszentrale unterster Ordnung zu beantragen. Damit seine Strafe zum Besten der Gesellschaft dient, soll er so weit wie möglich von allen wichtigen Bevölkerungszentren entfernt werden. Island wird ihm wenig Gelegenheit bieten, andere durch sein fordloses Betragen auf Irrwege zu locken.« Der Direktor hielt inne und wandte sich mit über der Brust verschränkten Armen hoheitsvoll an Sigmund. »Marx«, sagte er, »haben Sie irgendeinen Grund vorzubringen, der mich davon abhalten könnte, das Urteil über Sie auf der Stelle zu vollstrecken?«
    »Ja, den habe ich«, entgegnete Sigmund sehr laut.
    Ein wenig ernüchtert, aber noch immer höchst majestätisch, sagte der Direktor:

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