Schoene, raetselhafte Becca
an der Schürze ab. Dann streckte sie geradezu trotzig das Kinn vor und nahm ihre Arbeit wieder auf. Sie ging von Tisch zu Tisch und erkundigte sich nach den Wünschen der Gäste, bis sie schließlich zu ihm kam. „Wolltest du noch einen Nachtisch?“
„Nein, danke.“ Obwohl er nach den jahrelangen Erfahrungen mit Zeugenbefragungen wusste, dass es zu nichts führte, wenn man mit der Tür ins Haus fiel, vergaß er in diesem Moment all seine Verhaltensregeln und fragte sie unverblümt: „Wer war denn deine Freundin?“
„Meine … Freundin?“
„Die Frau, der du gerade deinen Hausschlüssel gegeben hast.“
Sie zog eine Augenbraue hoch. „Stehe ich unter polizeilicher Überwachung?“
Statt zu antworten, sagte er: „Ich tendiere nun mal dazu, Dinge zu beobachten, die um mich herum vorgehen. Das gehört zu meinem Beruf. Sie hat dich offenbar verärgert.“
„Sie hat mich nicht verärgert. Ich war nur … überrascht, sie hier zu sehen. Das war meine liebe Mutter. Sie will die Feiertage mit Gabi und mir in Pine Gulch verbringen. Ist das nicht schön?“
Der sarkastische Unterton in ihrer Stimme strafte ihre Worte Lügen. Ihre Mutter. Deshalb also war sie ihm bekannt vorgekommen. Sie sah der Frau ähnlich, die er lieb… Trace riss sich zusammen. Nicht dieses Wort. Er räusperte sich. „Das ist doch schön für Gabi, wenn ihre Großmutter Weihnachten bei ihr ist.“
„Nicht wahr?“, erwiderte sie mechanisch. Dann wandte sie sich zum Gehen. Obwohl er wusste, dass er es nicht tun sollte, streckte er die Hand aus und berührte ihren Arm. Sie zitterte ein wenig, zuckte aber nicht zusammen.
„Auch wenn ich mich wiederhole, Becca: Wenn du Probleme hast, kannst du jederzeit zu mir kommen. Es verpflichtet dich zu gar nichts.“
Ihre Blicke trafen sich, und er glaubte ein sehnsüchtiges Schimmern in ihren Augen zu sehen. Doch dieser Ausdruck verschwand so schnell, wie er gekommen war.
„Vielen Dank, aber das ist bestimmt nicht nötig“, entgegnete sie mit dem kühlen Lächeln, das er inzwischen zu hassen gelernt hatte. Dann löste sie sich aus seinem Griff und widmete sich einem anderen Gast.
Monica! Ausgerechnet hier in Pine Gulch.
Becca konnte keinen klaren Gedanken fassen. Mechanisch nahm sie die Bestellungen der Gäste entgegen, servierte das Essen, kassierte und räumte die Tische ab, bis ihre Schicht zu Ende war.
Wie hatte ihre Mutter sie ausfindig gemacht? Monica konnte von Beccas Erbe nichts wissen, denn Becca hatte sorgsam darauf geachtet, alle Spuren zu verwischen, als sie mit Gabi nach Pine Gulch gezogen war. Selbst ihren engsten Kollegen hatte sie nichts von ihren Plänen erzählt.
Genau das hatte sie befürchtet. Monica führte bestimmt nichts Gutes im Schilde, wenn sie wie aus heiterem Himmel plötzlich vor ihr stand. Was wollte sie von ihnen? Hatte sie sich etwa Pine Gulch als nächsten Schauplatz für ihre Schwindeleien ausgesucht? Aus jahrelanger Erfahrung wusste Becca, dass ihrer Mutter alles zuzutrauen war. Wenn es eine Möglichkeit gab, in Pine Gulch auf krummen Wegen an Geld zu kommen, würde Monica sie nicht ungenutzt verstreichen lassen.
Das durfte auf keinen Fall geschehen. Allein bei dem Gedanken bekam Becca eine Panikattacke. Sollte Monica planen, die Bewohner von Pine Gulch über den Tisch zu ziehen, konnte sie mit Gabi nicht länger hierbleiben. Und wohin sollten sie dann gehen?
Am liebsten hätte Becca ihre Mutter sofort aus dem Lokal geworfen. Doch das hätte nur für eine unangenehme Szene gesorgt. Doch eins interessierte sie: Woher wusste Monica eigentlich, dass Becca im Gulch arbeitete?
Monica hatte ihr gestanden, dass sie ein Dach über dem Kopf benötigte. Fahr zur Hölle , hätte sie ihr beinahe gesagt.
„Ich habe draußen einen Streifenwagen gesehen. Wem gehört er?“ Ihr Blick, den sie durch das Lokal schweifen ließ, war bei Trace hängen geblieben. Monica konnte einen Polizisten zehn Meilen gegen den Wind riechen. „Es ist dieser gut aussehende Typ mit den grünen Augen, stimmt’s? Er trägt keine Uniform. Ist er Kriminalbeamter?“
Sie wusste, dass Monica so lange bohren würde, bis sie die Wahrheit erfuhr. Deshalb sagte Becca es ihr lieber gleich: „Er ist der Polizeichef.“
„Ah. Perfekt. Was würde dieser tolle Polizeichef machen, wenn ich zu ihm ginge und erzählte, dass du meine Tochter entführt hast? Ich kann das sehr überzeugend rüberbringen, wie du sicher weißt.“
„Ich habe niemanden entführt“, antwortete sie schärfer als
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