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Schöne Ruinen

Schöne Ruinen

Titel: Schöne Ruinen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jess Walter
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aus, wie Daryl in der Unterwäsche ratlos vor dem Kühlschrank steht und diese alberne Frage schickt, weil er keine Milch findet. Glaubt er vielleicht, sie hat irgendwo anders Milch versteckt? Sie schreibt zurück: Waschmaschine. Der Veraglim-Typ lässt sich noch immer über seine schizoiden Fantasien aus, und Claire beschleicht unwillkürlich der Verdacht, dass sich das Schicksal über sie lustig machen will, denn es hat ihr den schlimmsten Wild-Pitch-Freitag seit ewigen Zeiten beschert – vielleicht sogar den schlimmsten Tag überhaupt seit der achten Klasse, als bei einem Kickballspiel in einer gemischten Sportstunde plötzlich eine alarmierend heftige Periode einsetzte und Marshall Aiken verträumt auf die Blüte an ihrer Sporthose deutete und dem Lehrer zuschrie: Claire läuft aus – , und im Moment ist es ihr Gehirn, das ausläuft und sich sabbernd über den ganzen Konferenztisch ergießt, als dieser Hohlkopf mit dem zweiten Buch der Veraglim Tetra logie loslegt (Flandor zieht sein Schattenschwert!) und auf dem Blackberry in ihrem Schoß die nächste SMS von Daryl blinkt: Cornflakes.
    Quietschende Flugzeugreifen greifen nach der Landebahn, und Shane Wheeler fährt aus dem Schlaf. Er schielt auf die Uhr. Immer noch gut. Stimmt, die Maschine hat eine Stunde Verspätung, aber bis zu seinem Termin sind es noch drei Stunden, und er ist jetzt nur noch zweiundzwanzig Kilometer entfernt. Zweiundzwanzig Kilometer mit dem Auto können ja nicht so lange dauern. Er entspannt sich und steigt aus. Wie im Traum schreitet er durch den langen, gefliesten Flughafentunnel, die Gepäckausgabe und eine Drehtür, klettert am sonnenbeschienenen Vorplatz in einen Bus zur Autovermietung, stellt sich in die Schlange der lächelnden Disneybesucher (die anscheinend auch den Online-Gutschein der Leihwagenfirma über vierundzwanzig Dollar gesehen haben) und schiebt der Angestellten, als er schließlich an der Reihe ist, Führerschein und Kreditkarte hin. Sie spricht seinen Namen so bedeutungsvoll aus (»Shane Wheeler ?«), dass er sich einen Moment lang der Illusion hingibt, einen Zeitsprung in eine ruhmreiche Zukunft gemacht zu haben, in der sie irgendwie von ihm gehört hat. Doch natürlich sucht sie nur seine Reservierung heraus. Wir leben in einer Welt der banalen Wunder.
    »Sind Sie aus geschäftlichen oder privaten Gründen hier, Mr. Wheeler?«
    »Zur Erlösung.«
    »Versicherung?«
    Nachdem er Vollkasko abgelehnt, ein Upgrade zurückgewiesen und sowohl kostpielige GPS - als auch Nachtankop tionen ausgeschlagen hat, zieht Shane mit einem Mietvertrag, einem Satz Schlüssel und einem Stadtplan los, der aussieht wie die Zeichnung eines Zehnjährigen auf Meth. In dem roten Kia schiebt Shane den Fahrersitz in die Gegend des Lenkrads und lässt den Wagen mit einem tiefen Atemzug an. Beim Start probt er die Anfangsworte seines allerersten Pitches: Da ist dieser Typ …
    Eine Stunde später ist Shane irgendwie weiter vom Treffpunkt entfernt. Der Kia steckt im Stau und steht womöglich sogar in der falschen Richtung (das GPS erscheint ihm jetzt ein verdammt gutes Geschäft). Shane schleudert den wertlosen Stadtplan weg und versucht es mit Gene Pergos Handynummer: Mailbox. Er probiert es bei dem Agenten, der das Treffen arrangiert hat, doch die Assistentin sagt: »Tut mir leid, Andrew hab ich nicht«, was immer das auch heißen soll. Widerstrebend wählt er die Handynummer seiner Mom, die seines Dads und schließlich den Festnetzanschluss zu Hause. Scheiße, wo sind sie? Als Nächstes fällt ihm die Nummer seiner Exfrau ein. Saundra ist der letzte Mensch, den er anrufen möchte, aber was tut man nicht alles aus Verzweiflung.
    Anscheinend taucht sein Name immer noch auf ihrem Display auf, denn sie begrüßt ihn mit den Worten: »Sag bitte, dass du anrufst, weil du den Rest von dem Geld zusammenhast, das du mir schuldest.«
    Genau das hätte er sich lieber erspart – diesen ganzen Knatsch von wegen wer hat wessen Kredit versaut und wer hat wessen Auto gestohlen, der seit einem Jahr jedes Gespräch mit ihr überschattet. Er seufzt. »Ob du’s glaubst oder nicht, ich bin gerade dabei, das Geld für dich zu beschaffen, Saundra.«
    »Willst du wieder Plasma spenden?«
    »Nein, ich bin in LA. Will einen Film pitchen.«
    Sie lacht, doch dann merkt sie, dass er es ernst meint. »Moment. Du schreibst jetzt einen Film ?«
    »Nein. Ich pitche einen Film. Erst pitcht man ihn, dann schreibt man ihn.«
    »Kein Wunder, dass Filme so beschissen sind.« Das

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