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Schöne Ruinen

Schöne Ruinen

Titel: Schöne Ruinen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jess Walter
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Gefängnis. Und wer wollte schon un brutto campo da tennis?
    In dieser Nacht traf der Mann, auf den Dee Moray wartete, nicht ein, und Pasquale fühlte sich irgendwie verant wortlich, als wäre sein schwacher Wunsch, der Kerl möge ertrinken, zu einem Gebet aufgewertet worden und in Erfüllung gegangen. Dee Moray, die sich am Abend in ihr Zimmer zurückgezogen hatte, wurde am Morgen wieder von heftiger Übelkeit heimgesucht und schaffte es kaum aus dem Bett, um sich zu übergeben. Als nichts mehr in ihrem Magen war, flossen ihr die Tränen aus den Augen, und sie sank in gekrümmter Haltung zu Boden. Sie wollte nicht, dass Pasquale sah, wie sie würgte, also setzte er sich in den Gang und streckte den Arm um die Ecke durch die Tür, um ihr die Hand zu halten. Von unten hörte Pasquale das Rumoren seiner Tante.
    Dee holte tief Luft. »Erzähl mir eine Geschichte, Pasquale. Was ist passiert, als der Maler zu der Frau zurückkam?«
    »Sie heiraten und haben fünfzig Kinder.«
    »Fünfzig?«
    »Vielleicht sechs. Er wird berühmter Maler, und immer wenn er malt eine Frau, malt er sie.«
    Dee Moray erbrach sich erneut und konnte erst nach einer Weile wieder sprechen. »Er kommt nicht, oder?«
    Es war seltsam vertraut, wie sie sich an den Händen hielten, die Köpfe in verschiedenen Räumen. Sie konnten reden und einander berühren. Aber ihre Gesichter blieben unsichtbar.
    »Er kommt«, versicherte ihr Pasquale.
    Sie flüsterte: »Woher weißt du das, Pasquale?«
    »Ich weiß.«
    »Aber woher?«
    Er schloss die Augen, um sich auf die Worte zu konzentrieren. »Wenn du wartest auf mich … ich krieche auf Knien von Rom zu dir.«
    Sie drückte seine Hand und musste wieder würgen.
    Auch an diesem Tag kam der Mann nicht. Und sosehr er Dee Moray für sich wollte, Pasquale packte der Zorn. Was war das für ein Kerl, der eine kranke Frau in ein abgelegenes Fischerdorf schickte und sie dort allein ließ? Er überlegte, ob er nach La Spezia fahren und von dort aus im Grand Hotel anrufen sollte. Doch er wollte diesem Schweinehund in sein kaltes Auge schauen.
    »Ich fahre nach Rom heute«, eröffnete er ihr.
    »Nein, Pasquale. Das ist schon in Ordnung. Ich kann in die Schweiz reisen, sobald es mir besser geht. Vielleicht hat er mir dort eine Nachricht hinterlassen.«
    »Muss ich sowieso nach Rom«, log er. »Ich suche diesen Michael Deane und ihm sage, du wartest hier.«
    Ihr Blick wurde leer, dann lächelte sie. »Danke, Pasquale.«
    Er erteilte Valeria genaue Anweisungen, wie sie sich um die Amerikanerin zu kümmern hatte: Sie sollte sie schlafen lassen, ihr nichts zu essen aufdrängen, was sie nicht mochte, und ihr keine Vorlesungen über dünne Nachthemden halten. Und sofort Dr. Merlonghi holen, wenn ihr schlecht wurde.
    Dann sah er nach seiner Mutter, die wach war und auf ihn wartete. »Ich bin morgen wieder zurück, Mamma.«
    »Es wird schön sein für dich«, erklärte sie, »Kinder mit so einer großen, gesunden Frau zu haben, die so einen Busen hat.«
    Er bat Tomasso den Kommunisten, ihn mit dem Boot nach La Spezia zu fahren, damit er den Zug nach Florenz und von dort weiter nach Rom nehmen konnte, um Michael Deane anzubrüllen, diesen Mistkerl, der eine leidende Frau auf diese Weise im Stich ließ.
    »Eigentlich sollte ich dich nach Rom begleiten«, meinte Tomasso, als sie sich durch die leicht kabbelige See auf den Weg nach Süden machten. Der kleine Außenbordmotor tuckerte und greinte, wenn er aus dem Wasser tauchte. Tomasso steuerte von hinten und spähte mit zusammengekniffenen Augen die Küste entlang, während Pasquale vorn kauerte. »Diese amerikanischen Filmleute sind Schweine.«
    Pasquale gab ihm recht. »Erst schicken sie die Frau weg, und dann vergessen sie sie einfach.«
    »Sie verhöhnen die wahre Kunst«, stellte Tomasso fest. »Sie nehmen das ganze Elend des Lebens und veranstalten einen Zirkus mit dicken Männern, die in Sahnetorten fallen. Sie sollten das Filmemachen den Italienern überlassen, aber stattdessen verbreitet sich ihre Dummheit wie eine Hurenkrankheit bei Seeleuten. Commedia all’italiana – bah!«
    »Ich mag die amerikanischen Western«, bekannte Pasquale. »Die Cowboys.«
    »Bah«, wiederholte Tomasso.
    Eigentlich ging Pasquale etwas anderes durch den Kopf. »Tomasso, Valeria sagt, dass in Porto Vergogna niemand stirbt außer kleinen Kindern und alten Leuten. Sie meint, die Amerikanerin stirbt nicht, solange sie hier ist.«
    »Pasquale …«
    »Nein, ich weiß, Tomasso, das ist bloß das

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