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Schöne Ruinen

Schöne Ruinen

Titel: Schöne Ruinen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jess Walter
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fliegt der Ball dann nicht ins Wasser?«
    Nachdenklich rieb sich Pasquale übers Kinn.
    Sie lächelte. »Vielleicht kannst du hohe Zäune aufstellen.«
    Pasquale starrte hinaus aufs Meer und stellte es sich bedeckt mit hüpfenden gelben Tennisbällen vor. »Ja. Ein Zaun … ja. Natürlich.« Er war ein Schwachkopf.
    »Bestimmt wird es ein wunderbarer Platz.« Sie wandte sich der See zu.
    Pasquale betrachtete ihr markantes Profil, das vom windgepeitschten Haar umflirrt wurde. »Der Mann, der kommt heute, bist du verliebt in ihn?« Er war überrascht von seiner eigenen Frage und senkte den Blick, als sie ihm das Gesicht zuwandte. »Ich hoffe … ist okay meine Frage.«
    »Oh, natürlich.« Sie atmete tief ein und stieß die Luft hinaus. »Leider bin ich wohl wirklich in ihn verliebt. Obwohl ich es nicht sein sollte. Er ist kein guter Mann zum Verlieben.«
    »Und … er ist verliebt auch?«
    »O ja«, antwortete sie. »Er ist auch in sich verliebt.«
    Pasquale brauchte ein wenig, um zu verstehen, dann war er begeistert von ihrem Witz. »Ah! Sehr lustig.«
    Wieder zauste eine Bö Dees Haar, und sie drückte es mit den Händen an den Kopf. »Pasquale, ich hab die Geschichte gelesen, die ich in meinem Zimmer gefunden habe. Die von dem amerikanischen Schriftsteller.«
    »Das Buch … ist gut, ja?« Im Gegensatz zu Pasquale und seinem Vater hatte seine Mutter Alvis Bender nie besonders gemocht. Wenn der Mann so ein brillanter Autor war, fragte sie, warum hatte er dann in fünf Jahren nur ein Kapitel zustande gebracht?
    »Es ist traurig.« Dee legte die Hand an die Brust.
    Pasquale konnte den Blick nicht abwenden von diesen reizenden Fingern über Dee Morays Busen. »Entschuldigung. Du findest diese traurige Geschichte in meinem Hotel.«
    »O nein, es ist wirklich gut. Es hat eine Art von Hoffnungslosigkeit, die mir das Gefühl gegeben hat, weniger allein zu sein mit meiner eigenen Hoffnungslosigkeit. Verstehst du?«
    Pasquale nickte unsicher.
    »Der Film, in dem ich mitgemacht habe, Cleopatra , geht darum, wie zerstörerisch die Liebe sein kann. Aber vielleicht dreht sich jede Geschichte um dieses Thema.« Sie nahm die Hand von der Brust. »Pasquale, hast du schon mal jemand geliebt?«
    Er merkte, dass er zusammenzuckte. »Ja.«
    »Wie hieß sie?«
    »Amedea.« Er fragte sich, wann er den Namen zum letzten Mal laut ausgesprochen hatte, und war erstaunt über die Kraft, die noch immer darin wohnte.
    »Liebst du sie noch?«
    Diesmal war es weniger die fremde Sprache, die ihm die Antwort schwer machte. »Ja.«
    »Und warum bist du nicht bei ihr?«
    Pasquale atmete aus, überrascht von dem stechenden Gefühl unter seinen Rippen. Schließlich sagte er nur: »Ist nicht einfach, nein?«
    »Nein.« Sie blickte hinaus zu weißen Wolken am Horizont, die sich allmählich zu einem Gewebe zusammenfügten. »Es ist nicht einfach.«
    »Komm. Eine noch.« Pasquale trat nach hinten, wo der Bunker an den schartigen Felshang stieß. Er schob Zweige weg und rückte Steine beiseite, unter denen ein schmales, rechteckiges Loch im Betondach zum Vorschein kam. Er zwängte sich hinein und ließ sich nach unten. Auf halbem Weg bemerkte er, dass Dee sich nicht bewegt hatte. »Ist sicher. Ist okay. Komm.«
    Er sprang in den Bunker, und kurz darauf glitt auch Dee Moray durch das enge Loch und landete neben ihm.
    Drinnen war es dunkel, und die Luft war ein wenig abgestanden. In den Ecken mussten sie sich bücken, um sich nicht den Kopf an der Decke anzustoßen. Durch die drei Schießscharten drang das schwache Licht der Morgensonne ein und fiel in rechteckigen Blöcken auf den Boden. »Schau.« Pasquale nahm eine Schachtel Streichhölzer aus der Tasche und zündete eines an, um es vor die hintere Wand des Bunkers zu halten.
    Dee näherte sich dem flackernden Schein der Flamme. Wie in einer primitiven Galerie erstreckten sich nacheinander über die hintere Mauer fünf mustergültig auf den Beton gemalte Freskos. Pasquale fachte ein weiteres Streichholz an, das er ihr reichte, und sie trat noch näher an die Wand. Der Künstler hatte auch Rahmen aus »Holz« um die Bilder gemalt, und obwohl der Untergrund aus Beton und die Farbe verblasst und rissig war, konnte kein Zweifel an seiner Begabung bestehen. Das erste war eine Seelandschaft – die raue Küste unter dem Bunker, die an die Felsen brandenden Wellen und Porto Vergogna, von dem nur verschachtelte Dächer in der rechten Ecke zu erkennen waren. Die nächsten zwei waren offiziell wirkende Porträts von

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