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Schöne Ruinen

Schöne Ruinen

Titel: Schöne Ruinen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jess Walter
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Deane.
    Pasquale hatte das Grand Hotel noch nie betreten. Die Mahagonitür öffnete sich zu dem prunkvollsten Foyer, das er je erblickt hatte: Marmorböden, Blumenfresken, Kristallkronleuchter, Buntglasdeckenfenster, die Heilige, Vögel und mürrische Löwen abbildeten. Die Flut der Eindrücke überwältigte ihn, und er musste sich zusammenreißen, um nicht zu gaffen wie ein Tourist und ernst und konzentriert zu wirken. Er hatte etwas Wichtiges zu besprechen mit dem Schweinehund Michael Deane. Zahllose Menschen drängten sich in der Halle, Gruppen von Touristen und italienischen Geschäftsleuten mit schwarzen Anzügen und Brillen. Filmstars konnte Pasquale nicht entdecken, allerdings hätte er gar nicht gewusst, wie sie aussahen. Kurz lehnte er sich an die Skulptur eines weißen Löwen, doch das Gesicht war so menschenähnlich, dass er sich unbehaglich fühlte und zur Rezeption strebte.
    Pasquale nahm die Mütze ab und reichte dem Empfangsangestellten den Zettel mit Michael Deanes Namen. Er öffnete den Mund, um seinen Spruch aufzusagen, doch der Angestellte deutete nach einem Blick auf das Papier zu einer kunstreich verzierten Tür am Ende des Foyers. »Dort drüben.« Eine lange Reihe Wartender schlängelte sich durch die Tür, auf die der Mann zeigte.
    »Ich muss zu diesem Mann, Deane. Ist er dort drinnen?«, fragte Pasquale.
    Der Mann deutete erneut und wandte sich ab. »Dort drüben.«
    Pasquale bahnte sich einen Weg zur Schlange am Ende des Foyers. Er fragte sich, ob all diese Leute ein Wörtchen mit diesem Michael Deane zu reden hatten. Vielleicht hatte der Kerl in ganz Italien kranke Schauspielerinnen geparkt. Die wartende Frau unmittelbar vor Pasquale war attraktiv – glat tes, braunes Haar und lange Beine, ungefähr in seinem Alter, zweiundzwanzig oder dreiundzwanzig, enges Kleid.
    Sie fingerte nervös an einer unangezündeten Zigarette herum. »Hast du Feuer?«
    Pasquale fachte ein Streichholz an und streckte es ihr hin.
    Sie hielt die Hand über seine und atmete ein. »Ich bin so nervös. Wenn ich nicht gleich eine rauche, muss ich nachher einen ganzen Kuchen essen. Dann werde ich so dick wie meine Schwester, und sie können mich nicht brauchen.«
    Er spähte an den Wartenden vorbei in einen prächtigen Ballsaal mit hohen Goldsäulen in den Ecken. »Was ist das für eine Schlange?«
    »Das ist die einzige Möglichkeit«, erwiderte sie. »Man kann versuchen, im Studio reinzukommen oder wo sie eben gerade drehen, aber ich glaube, letztlich landen alle am selben Ort. Nein, am besten macht man es wie du und kommt einfach hierher.«
    »Ich bin auf der Suche nach diesem Mann.« Pasquale zeigte ihr den Zettel mit Deanes Namen.
    Nach einem flüchtigen Blick darauf zeigte sie ihm ihren Zettel, auf dem ein anderer Name stand. »Spielt keine Rolle. Alle Schlangen führen zum selben Ort.«
    Hinter Pasquale drängten weitere Leute heran. Die Schlange führte zu einem kleinen Tisch, wo ein Mann und eine Frau mit mehreren zusammengehefteten Blättern saßen. Vielleicht war der Mann Michael Deane. Der Mann und die Frau stellten den Wartenden, sobald sie an der Reihe waren, eine oder zwei Fragen und schickten sie dann entweder zurück in eine Ecke oder durch eine weitere Tür, die anscheinend nach drau ßen ging.
    Als die gut aussehende junge Frau dran war, nahmen sie ihren Zettel und fragten nach ihrem Alter, woher sie kam und ob sie Englisch konnte. Sie antwortete neunzehn, Terni und ja, sie konnte Englisch »molto gut«. Sie baten sie, etwas zu sagen.
    »Baby, Baby. Ich liebe dich, Baby. Du bist mein Baby.« Nach dieser Glanzleistung wurde sie in die Ecke geschickt. Pasquale fiel auf, dass dort alle attraktiven Mädchen landeten. Die anderen wurden durch die Tür gesandt.
    Als er an der Reihe war, reichte er dem Mann am Tisch seinen Zettel, der ihn sogleich zurückgab. »Sind Sie Michael Deane?«
    »Ausweis?«, fragte der Mann auf Italienisch.
    Pasquale zeigte ihm seine Carta d’Identità. »Ich suche nach diesem Michael Deane.«
    Der Mann blickte kurz auf, dann blätterte er in seinen Unterlagen und notierte schließlich Pasquales Namen auf eine der letzten Seiten, wo bereits viele andere Namen in der Handschrift des Mannes vermerkt waren. »Irgendwelche Erfahrungen?«
    »Was?«
    »Schauspielerfahrung.«
    »Nein, ich bin kein Schauspieler. Ich bin auf der Suche nach Michael Deane.«
    »Können Sie Englisch?«
    »Ja«, antwortete Pasquale auf Englisch.
    »Sagen Sie etwas.«
    »Hallo, wie geht es Ihnen?«
    Der Mann

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