Schöne Sauerei: Ein Schweinekrimi (German Edition)
klammerte sich mit der Hand an die Schulter der Polizistin, als würde sie sonst zu Boden sinken. »Ja, mein Freund … irgendwie.« Sie nickte und schluchzte. Ihr regennasses Gesicht war vor Schmerz verzerrt. »Jan war manchmal seltsam … Er hatte Depressionen. ›Meine Stimmungen‹ nannte er das. Er hat früh seine Eltern verloren und ist in einem Heim aufgewachsen.«
»Depressionen!«, rief Bauer aus. »Depressionen sind der häufigste Grund für Selbstmord.« Mürrisch blickte er gen Himmel. Der Regen hatte ein wenig nachgelassen.
Sabeth warf ihm einen giftigen Blick zu. Dann richtete sie sich auf. Ihre Hose war voller Schlamm. »Sie haben ja keine Ahnung«, sagte sie leise.
Ein schwarzer Wagen kam den Weg entlang. Der Fahrer schien es nicht eilig zu haben.
»Sie müssen mir versprechen, dass Sie alles genau untersuchen.« Sabeth hatte die Polizistin am Arm gepackt.
Marcia Pölk nickte. Ihr Haar klebte ihr dunkelrot am Kopf, und nun sah auch sie unglücklich aus.
Deng, der sich zwischenzeitlich nahezu unsichtbar gemacht hatte, traute sich nun wieder näher heran. »Sabeth«, sagte er. »Die Schranken und Schwierigkeiten des Lebens sind nur dazu da, damit unsere Seele ihre Kraft beweisen kann.«
Sabeth dreht sich zu ihm um; ihr Gesicht war eine einzige dunkle Wolke. »Deng«, schrie sie ihn an, »hör mit diesen ewigen Sprüchen auf. Da liegt mein Freund – erschossen! Was hast du eigentlich hier zu suchen?«
Deng senkte den Kopf; er schien tatsächlich ein wenig kleiner zu werden.
Sofort war Bauer neben ihm. »Gibt es vielleicht etwas, das Sie uns sagen wollen, Mister Schlitzauge?« Er packte Deng am Kinn, so dass der aufschauen musste. »Hatten Sie vielleicht einen Grund, einen Mord zu begehen? Aus Eifersucht? Weil Ihre Liebe verschmäht wurde?«
Sabeth stieß einen seltsamen Laut aus – eine Art hohles, krächzendes Lachen.
Deng schüttelte den Kopf, dann blickte er die blonde Frau an, als würde er von ihr Hilfe erwarten.
»Ich kenne Deng gar nicht richtig. Er war vor ein paar Monaten einmal mit mir in einem Uniseminar – irgendwas in Germanistik, glaube ich.«
Deng lächelte zaghaft. »Philosophie«, sagte er leise und sehnsuchtsvoll. »Kant und das Glück – ich habe hinter dir gesessen, jede deiner Bewegungen gesehen.«
»Er ist einfach eine Nervensäge mit seinem Konfuzius-Getue«, erklärte Sabeth, den Blick auf Bauer gerichtet. Selbst Kim spürte, wie verletzend diese Äußerung war.
»Wo Sonne scheint, fällt auch Schatten«, flüsterte Deng. Bauer hatte ihn wieder losgelassen, so dass er einen Schritt zurücktreten konnte. Der dicke Uniformierte hatte sich hinter ihn gestellt, als müsse er auf ihn achtgeben.
Mittlerweile waren zwei weitere Männer, ganz in Schwarz gekleidet, herangekommen. Sie sagten nichts, nickten nur mit leeren, unbewegten Gesichtern. Auf Bauers Anweisung hin luden sie den Toten in ein Behältnis, das ein wenig aussah wie die Wannen, aus denen Kim auf der Wiese immer Wasser trank.
»He!«, tauchte plötzlich eine Stimme neben ihr auf. »Treibst du dich immer noch hier herum?« Lunke grinste. Offenbar war er wieder bei Kräften. »Gibt’s was Tolles zu sehen?« Doch er war nicht wirklich an dem interessiert, was die Menschen da vor ihm taten. Wie beiläufig fuhr er mit seinem rechten, unversehrten Eckzahn sanft über Kims Flanke. Den linken hatte er sich einmal bei einem Kampf ein Stück abgebrochen.
»Sei leise«, fuhr Kim ihn an und deutete mit dem Kopf auf die Menschen. »Sie haben den Toten gefunden.«
»Alles klar!«, entgegnete Lunke mit gedämpfter Stimme. Wieder grinste er breit. »Ich soll dir etwas ausrichten – von Michelle. Sie würde gerne einmal ihre Kräfte mit dir messen. Um die Wette rennen oder auf Kommando Eicheln suchen oder ein kleines Kämpfchen veranstalten, etwas in der Art. Nur um zu sehen, ob sie stärker ist als du.«
Kims Kopf ruckte zu Lunke herum. Ein Wettrennen oder ein kleines Kämpfchen? Erlaubte er sich einen Spaß mit ihr? »Spinnst du?«, stieß sie entrüstet hervor. »Soll ich mit ihr um die Wette Ohrenwackeln? Ist das bei euch so üblich?«
Lunke nickte. »Ja, manchmal kämpfen die Bachen auch um die Gunst der Keiler. Allerdings nicht oft – gebe ich zu. Leider.«
Kim wandte sich wieder um. Der Regen hatte aufgehört, und der tote Jan wurde in der Zinkwanne abtransportiert. Sie hatte eigentlich erreicht, was sie wollte. »Richte deiner blöden Michelle aus, dass ich nicht gegen sie kämpfe – ich wüsste nicht,
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