Schöne Sauerei: Ein Schweinekrimi (German Edition)
schlauen Sprüche aufgesagt.
Konnte man mit Yoga die Menschen beeindrucken? Kim stellte sich breitbeinig auf die Lichtung, atmete tief ein und streckte ihren Kopf so weit zurück, bis es wehtat.
Dann, nachdem diese Übung einigermaßen geklappt hatte, knickte sie in den Knien ein und begann ihren Kopf kreisen zu lassen. Doch schon nach ein paar Momenten wurde ihr so schwindlig, dass sie aufhören musste.
Vielleicht war Yoga nicht genau das Richtige.
Eine Übung versuchte sie noch: die Hinterläufe zusammenpressen und die Vorderläufe ein Stück vom Boden heben, dabei den Kopf hochstrecken und tief ein- und ausatmen.
Oh, war das anstrengend!
Von einem Moment auf den anderen glaubte sie, keine Luft mehr zu bekommen. Kraftlos sank sie auf den Boden und musste die Augen schließen.
Plötzlich stand ihre Mutter vor ihr auf der Lichtung – durch ihre geschlossenen Augen konnte sie die fette Paula sehen.
»Was soll der Unsinn?«, grunzte ihre Mutter barsch und schnaufte entrüstet, wie es ihre Art gewesen war. »Ein Schwein ist ein Schwein und nicht für Kunststücke gemacht. Geh auf deine Wiese zurück! Füg dich deinem Schicksal! Kein Schwein darf erwarten, glücklich zu sein.«
Doch, wollte Kim ihrer Mutter erwidern, ich möchte glücklich sein – zumindest für ein paar Augenblicke, aber leider fühlte sie sich für eine Antwort viel zu schwach. Also schwieg sie und ertrug Paulas strafenden Blick.
War es ihre Atemlosigkeit, die ihr alle Kraft nahm, oder ihre düstere Stimmung? Kim wusste es nicht, aber es war im Grunde auch gleichgültig. Sie gehörte nirgendwohin auf dieser Welt – das hatte sie mittlerweile begriffen. Und ihre Mutter, die sich so oft in ihren Kopf schlich, war ihr im Grunde nie eine Hilfe gewesen.
Wenn sie es recht bedachte, hatte Kim nichts dagegen, mitten auf der Lichtung einzuschlafen und niemals mehr aufzuwachen …
Vage spürte sie, dass sich ihr ein Tier näherte und um sie herumstrich. Dann glitt etwas über ihre linke Flanke, sanft und vorsichtig, gar nicht unangenehm. Sie grunzte leise, war aber immer noch zu ermattet, um die Augen zu öffnen. Doch offenbar reichte der Grunzer aus, um das Wesen abzuschrecken. Nein, nun näherte es sich ihr von hinten, strich über ihre Hinterläufe und schob sich langsam, aber fordernd auf sie.
Abrupt sprangen ihre Augen auf. »Lunke!«, rief sie und mühte sich, ihn abzuschütteln.
»Oh!« Er grinste sie an. »Dachte schon, du würdest gar nichts mitbekommen. Was hast du denn da vorhin für komische Übungen gemacht? Sah aus, als wärest du krank im Kopf.«
Unwillig senkte Kim den Blick. »Ich habe etwas ausprobiert«, sagte sie vage. Von Yoga und Kunststücken zu sprechen würde bei Lunke absolut keinen Sinn haben.
»Ausprobiert?« Er stieß ein tiefes, kehliges Lachen aus, das zu ihrem Missfallen überaus spöttisch klang. »Wolltest du all die merkwürdigen Sachen aus dem Kopf herausschütteln, die da so drinstecken?«
Kim machte zwei Schritte in Richtung eines ausladenden Farns. Sie biss hinein, nicht weil sie Hunger hatte, sondern weil sie dann nicht zu antworten brauchte. Vermutlich hatte es tatsächlich peinlich ausgesehen, wie sie versucht hatte, aus Dörthes Yogaübungen Kunststücke zu fabrizieren.
»Wo ist eigentlich Michelle?«, fragte sie, nachdem sie den Farn hinuntergeschluckt hatte.
»Hab sie weggeschickt«, erwiderte Lunke, nun wieder ernster. »Hab ihr gesagt, ich müsse eine Weile nachdenken.«
»Nachdenken? Worüber?«
»Über dies und das.« Lunke schlug nun ihre Taktik ein, nichts zu sagen. Er schob sich neben sie und riss den halben Farn aus.
»Verstehe – über die Rauschzeit«, erklärte Kim. Irgendwie war sie doch froh, dass Lunke aufgetaucht war, musste sie sich eingestehen.
»Ja«, sagte Lunke. »Emma hat mir klar zu verstehen gegeben, dass ich nicht ewig warten kann, bis …« Er brach ab und schaute sie an. Nein, er blickte an ihr vorbei und kniff die Augenbrauen zusammen.
Abrupt wandte Kim sich um. Dunkelheit war hereingebrochen, die letzten Sonnenstrahlen schienen sich auf der Lichtung aufzulösen. In diesem Dämmerlicht näherte sich eine Schattengestalt – ein Mensch, der auf das andere Ende der Lichtung trat und sich suchend umsah. Kim hielt den Atem an. Ein Zweibeiner um diese Zeit im Wald? Die Baummörder mit ihren Sägen kamen meistens recht früh am Morgen, aber es gab ja noch die anderen Menschen – die Jäger mit den Gewehren.
»Wir sollten verschwinden«, raunte Lunke ihr zu. »Hab ich
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