Schöne Sauerei: Ein Schweinekrimi (German Edition)
liebenden Lichtschweine vor Augen gehabt? War sie krank? Drehte sie irgendwie durch?
Deng hatte sie mit einem kleinen Stock zurück auf die Wiese dirigiert. Vielleicht wäre sie sonst doch noch auf Wanderschaft gegangen. Im Wahrheit war sie allerdings nicht sehr weit gekommen – nur ein kurzes Stück die Straße entlang. Unentwegt hatte Deng auf dem Weg zurück geredet, als wüsste er, dass Kim ihn verstehen konnte. »Geliebt zu werden macht stark – selbst zu lieben macht mutig … Kim, ich muss sie einfach gewinnen. Mein Herz blutet, jetzt hat das Schicksal sie mir zurückgebracht … Ich darf sie nicht verscheuchen, muss freundlich sein … Wenn ich einen grünen Zweig im Herz trage, wird sich ein Singvogel darauf niederlassen …« Dabei hatte er ständig mit dem Stock gewedelt, unter dem anderen Arm das Gewehr, wieder in Plastik gehüllt. Den Apparat, aus dem Jans Stimme erklungen war, hatte er zum Glück nicht mehr in die Hand genommen.
Kim hatte begriffen, dass Dengs Nöte mit der blonden Sabeth zu tun haben mussten, doch eigentlich hatte sie mehr interessiert, was er mit dem Gewehr anfangen wollte. Würde er es Dörthe zeigen? Nein, auf der Wiese angekommen, war er in den Stall gelaufen, ohne auch nur einen Blick zum Haus zu werfen. Es hatte sogar eher den Eindruck gemacht, als wollte er mit dem Gewehr nicht entdeckt werden, aber er hatte ja auch den silbernen Knopf bisher vor allen versteckt.
»Irgendwann musst du dich entscheiden, wo du leben willst«, sagte Doktor Pik. Nun wirkte er traurig und schwermütig.
Kim nickte. Kannst du mir nicht einen Rat geben?, wollte sie fragen. Es ist so schwer, das Richtige zu tun. Doch da beanspruchte ein Wagen ihre Aufmerksamkeit, der auf den Hof fuhr.
Es war der Mann, dem sie gestern auf ihrer Wanderschaft begegnet war und den sie zuerst irrtümlich für den Polizisten mit dem dunklen Teint gehalten hatte. Er stieg aus, betrachtete das Haus und klingelte. Dörthe öffnete ihm, doch schien sie ihn nicht in das Haus lassen zu wollen.
Sie wies ihm den Weg zu dem kleinen Tisch und den Stühlen, die im Hof unter einem Sonnenschirm standen.
Sehr gut. Kim nickte – so konnte sie immerhin lauschen.
Der Mann schüttelte sein langes Haar aus und strich sich über einen Bart, der sein Kinn zierte, bevor er sich setzte.
Dörthe nahm mit verschränkten Armen ihm gegenüber Platz.
»Ist wohl eine gefährliche Gegend«, begann der Mann, und als Dörthe nichts erwiderte, fuhr er fort: »Schon wieder ist jemand ganz in der Nähe zu Tode gekommen, nicht wahr? Jagt Ihnen das keine Angst ein? Ich meine, werte Frau Miller, Sie wohnen hier mutterseelenallein mit Ihren paar Schweinen, und ein Kind bekommen Sie auch noch … Und wenn man korrekt informiert ist, fehlt Ihnen der Partner …« Der Mann lachte kurz und humorlos auf und strich abermals über seinen Bart.
Kim ekelte vor dem aufdringlichen Geruch des Mannes, der irgendwie künstlich war, doch sie ahnte, dass Dörthe sich ihm gegenüber nicht deswegen so ablehnend verhielt.
»Herr Marten«, unterbrach sie ihn, »lassen Sie doch diese albernen Vorreden. Ich kenne Sie, und ich weiß auch, was Sie wollen, doch auf solche Briefe, wie Leute wie Sie sie schreiben, antworte ich erst gar nicht … Makler sind für mich Abschaum, ja wirklich, Abschaum.« Sie spuckte das Wort förmlich aus.
»Nun ja.« Der Mann verzog das Gesicht und lächelte, dabei kniff er seine Augen zusammen und blickte zur Wiese und zu Kim hinüber. Mit schneidender Stimme fuhr er fort. »Ich sehe schon, dass Sie glauben, sich hier Ihr kleines Paradies zusammengezimmert zu haben. Aber, wissen Sie, es gibt höher gelagerte Interessen … Wir haben Ihnen ein überaus großzügiges Angebot gemacht, auf das Sie längst hätten reagieren müssen. Die Gesellschaft, die mich beauftragt hat, wird diesen Flughafen so oder so bauen, und ob Ihr kleiner Schweinehof dann mitten in der Einflugschneise liegt oder nicht, ist uns ziemlich gleichgültig. Manche Menschen schlafen mit Ohropax ganz gut, andere dagegen drehen mit der Zeit durch. Zu welcher Sorte Mensch gehören Sie wohl? Zu den ganz Hartgesottenen? Wohl kaum.« Der Mann blickte Dörthe wieder an und leckte sich über die Lippen, als bereitete es ihm besondere Freude, hässliche, unfreundliche Worte auszusprechen.
Kim grunzte ihre Entrüstung hinaus. Ja, Dörthe, wollte sie sagen, du hast recht, dieser Mann hat nichts Gutes im Sinn. Man kann es riechen, unter dem künstlichen Geruch, der ihn umgibt, lauert ein
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