Schöne Sauerei: Ein Schweinekrimi (German Edition)
fast sah es so aus, als gefiele ihr diese Berührung.
Wie seltsam die Menschen doch waren!
Als die beiden Männer sich erhoben, machte der Pfarrer wieder ein Zeichen in die Luft, diesmal in Richtung Wiese, als würde es ihr gelten. Dann reichte er den Frauen die Hand.
»Wenn Sie also wollen, bereiten wir alles für eine würdevolle Trauerfeier vor«, sagte er. »Das ist mir auch persönlich eine Herzensangelegenheit, immerhin sollte der Verstorbene mir zu Ehren den Jesus spielen.«
James hielt Dörthes Hand beim Abschied einen Moment länger als nötig, fiel Kim auf.
Dann stiegen die beiden Männer in den leuchtend roten Wagen, und einen Moment später jagte ein Flugzeug laut dröhnend und so tief über den Hof hinweg, dass man seine zwei Insassen sehen konnte. Kim spürte, wie ihr die Knie weich wurden. Vor Schrecken machte sie beinahe unter sich.
Dörthe hielt sich die Hände auf die Ohren und zog den Kopf ein.
»Das also hat dieser schmierige Makler gemeint«, sagte sie zu Sabeth, nachdem das Flugzeug verschwunden war und nur noch der Nachhall des furchtbaren Dröhnens in der Luft lag, »als er meinte: Der Krieg hat begonnen.« Dann lachte sie, aber es klang alles andere als fröhlich.
11
Ein Lachen hatte sie aus dem Stall gelockt, ein lautes, herzliches Lachen, wie Kim es noch nie gehört hatte. Neugierig blickte sie sich um – da saßen sie alle auf der Wiese und lachten. Che lachte am lautesten, von ihm war dieses Lachen gekommen. Voller Verwunderung näherte sich Kim, ihre Schritte waren schwer, als wäre sie plötzlich gealtert, ja, sie fühlte sich uralt und dick. Che lachte immer lauter, kugelte sich beinahe, was so gar nicht zu ihm passte, und da war auch Lunke, der ebenfalls lachte, allerdings schnaubend und eher ein wenig unterdrückt. Einträchtig saßen die beiden nebeneinander und schauten Michelle an, die vor ihnen auf und ab stolzierte und Kunststücke vorführte. Kim stockte bei dem Anblick der Atem. Michelle vollführte ausgerechnet die Kunststücke, die Kim neulich geprobt hatte, nur gelangen sie der wilden Schwarzen. Sie warf den Kopf in den Nacken, vollzog eine Verbeugung, wackelte dabei mit den Ohren, und dann … Kim konnte es kaum fassen, während die anderen, einschließlich Doktor Pik, so sehr lachten, dass sie sich auf die Seite warfen, und Cecile schrill kicherte. Michelle imitierte sie, legte den Kopf schief, wie Kim es manchmal tat, und blickte Lunke mit einem ironischen Zwinkern an, und dann hauchte sie mit Kims Stimme, nur fürchterlich affektiert: »Lunke, mein wilder Schwarzer – isch liebe disch!«
Isch liebe disch? Was für eine bodenlose Unverschämtheit!
Hör sofort damit auf, Schlampe!, wollte Kim entrüstet rufen, doch da öffnete Michelle ihr hässliches Maul und stellte sich in Position, als wolle sie nun auch noch singen, statt wunderbarer Töne aber drang ein schreckliches, tiefes Knurren aus ihrem Schlund.
Kim schrak auf. Ihr Atem ging heiß und hastig. Orientierungslos schaute sie sich um.
Großer Gott, sie war im Stall – sie hatte nur geträumt. Michelle war gar nicht auf der Wiese. Beinahe war sie erleichtert. Die anderen lagen in ihren Ecken, aber was war das für ein Knurren gewesen, das sie geweckt hatte? Kim erhob sich und lauschte. Draußen wurde es langsam hell. Erste Sonnenstrahlen fielen durch das Fenster. Ein Grummeln hing noch in der Luft und kehrte plötzlich zurück.
Ein Flugzeug! Schon wieder! Che zuckte im Schlaf zusammen, und Cecile quiekte leise, ohne jedoch aufzuwachen.
Vorsichtig bewegte Kim sich zum Durchgang. Ihre Erleichterung war schlagartig verschwunden. Was war nur los mit ihr? Nun schlich sich diese furchtbare Michelle schon in ihre Träume. Vielleicht sollte sie dieser hässlichen wilden Schwarzen doch ihre Grenzen aufzeigen und sich auf Lunke einlassen … Nein, daran sollte sie nicht einmal denken.
Die Wiese kam ihr klein und trostlos vor. Erneut überkam sie der Wunsch, einfach abzuhauen. Etwas stimmte nicht mit ihr – sie war aus der Balance geraten, machte sich zu viele Sorgen.
An einer der Zinkwannen trank sie ein wenig Wasser, als könnte sie all die lästigen Gedanken hinunterschlucken. Hunger hatte sie keinen. Noch immer verwirrt blickte sie an sich hinunter. Dick war sie sich im Traum vorgekommen, dick und alt. Sie nahm sich vor, Doktor Pik zu fragen, ob sie sich verändert hatte.
Ein schwarzer Wagen rollte auf den Hof, seltsam leise, als habe er keinen Motor.
Es sollte sie nichts angehen, sagte Kim sich, und
Weitere Kostenlose Bücher