Schöne Sauerei: Ein Schweinekrimi (German Edition)
dass Jan Tauer nicht freiwillig aus dem Leben geschieden ist?«
Bauer schüttelte den Kopf. »Unser Besuch hat nichts mit Tauer zu tun.« Er zögerte. »Deng, Mister Schlitzauge … Er ist ganz offensichtlich ebenfalls freiwillig aus dem Leben geschieden. Holzarbeiter haben ihn erhängt an einem Baum gefunden, gar nicht weit von hier.«
Kim spürte, wie alle den Atem anhielten. Dann griff Dörthe sich an den Bauch, als wäre mit ihrem Kind etwas nicht in Ordnung. Sabeth wischte sich über das Gesicht. »Aber warum … Doch nicht, weil ich ihn abgewiesen habe?«
Marcia Pölk schüttelte den Kopf. »Das wissen wir nicht. Wir haben keinen Abschiedsbrief gefunden. Auf Fremdverschulden gibt es jedoch bisher keinen Hinweis. Neigte dieser Chinese auch zu Depressionen?«
Dörthe griff nach ihrem Glas und kippte die Flüssigkeit herunter. Als sie die Polizistin ansah, standen ihr Tränen in den Augen. »Das kann doch nicht sein, dass auch Deng tot ist. Liegt irgendein Virus in der Luft, dass sich hier einer nach dem anderen umbringt?«
Nein, hätte Kim am liebsten geschrien, Jan hat sich nicht umgebracht und Deng vielleicht auch nicht, doch nur ein schwacher Grunzer drang aus ihrem Maul.
Brunst drehte sich zu ihr um. Ein dunkles, trauriges Licht stand in seinen Augen. »Che war mein Freund«, sagte er. »Er kann mich nicht allein lassen, er muss einfach zurückkommen.«
Kim nickte, ohne ein Wort zu sagen.
»Wenn ich wüsste, wo ich anfangen sollte, würde ich ihn suchen gehen«, setzte Brunst hinzu. Dann drehte er sich um und behielt wieder die Straße zum Hof im Blick.
»Manchmal sind die Wege, auf denen die Menschen wandeln, sonderbar. Nur Gott mag sie verstehen«, erklärte der grauhaarige Pfarrer. »Sollte Ihr Chinese der heiligen katholischen Kirche angehört haben, so würde ich mich freuen, wenn ich ihn auf seinem letzten Gang begleiten dürfte …«
»Wir haben bei Mister Schlitzauge etwas gefunden, was uns Rätsel aufgibt«, unterbrach David Bauer den Pfarrer. Er griff in seine Tasche und holte ein Stück Papier hervor, das er Sabeth hinhielt.
Sabeth nahm es und runzelte die Stirn. »Das ist die Trauer-
anzeige, die ich für Jan aufgegeben habe. Der Text ist angeblich von Michelangelo: ›Du bist nicht tot. Du wechselst nur die Räume. Du lebst in uns und gehst durch unsere Träume.‹ Diesen Zettel hat Deng bei sich gehabt?«
»Möglicherweise ist die Rückseite interessanter«, erwiderte Bauer.
Sabeth drehte das Stück Papier herum. »2.2.1988 – ein Datum. Deng hat ein Datum aufgeschrieben. Vielleicht war das sein eigener Geburtstag?«
Marcia Pölk schüttelte den Kopf. »Wir haben die Daten sofort überprüft. Nein, er ist 1985 geboren.«
»Und hier steht noch etwas«, fuhr Sabeth aufgeregt fort. »›Non semper ea sunt, quae videntur.‹ Das ist Latein.«
»Ja, Chinesisch ist es jedenfalls nicht, so viel haben wir auch schon herausgefunden.« Bauer klang genervt. »Wahrscheinlich irgendeine lateinische Weisheit. Hat Mister Schlitzauge nicht unentwegt irgendwelche schlauen Sprüche von sich gegeben?«
Der Pfarrer hüstelte. »Vielleicht darf ich übersetzen«, erklärte er zurückhaltend und beugte sich über das Papier. »›Die Dinge sind nicht immer das, was sie zu sein scheinen.‹ So in etwa müsste es heißen.« Er lächelte nachsichtig in die Runde.
»Eine phänomenale Erkenntnis!« Bauer stöhnte auf. »Wir haben Ihren Deng in die Rechtsmedizin bringen lassen. Wenn sich nichts Besonderes ergibt, werden wir es als Freitod deklarieren müssen. Akte zu, Chinese tot.« Er blickte Marcia Pölk auffordernd an und erhob sich. »Passen Sie auf sich auf!«, sagte er spöttisch und ging in Richtung Auto. Die rothaarige Polizistin folgte ihm.
In ratlosem Schweigen saßen alle da und beobachteten, wie die Polizisten davonfuhren. Kim spürte es in ihrem Magen rumoren. Ihr war immer noch übel, aber ihre Neugier war zurückgekehrt. Warum sollte Deng sich umgebracht haben? Das ergab keinen Sinn.
»Ich werde für Herrn Deng beten«, erklärte der Pfarrer dann feierlich und erhob sich ebenfalls. »Wenn ich sonst etwas tun kann – ich bin Tag und Nacht im Pfarrhaus zu erreichen. Leider habe ich heute am Abend noch eine Gemeinderatssitzung, die ich nicht versäumen darf.« Wieder hob er die Hand und malte ein Zeichen in die Luft.
»Wir werden noch alle verrückt«, stieß Sabeth hervor, nachdem auch Husemann verschwunden war. »Und dieser Polizist ist ein ziemlicher Mistkerl.«
James gähnte und
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