Schöne Sauerei: Ein Schweinekrimi (German Edition)
kommen.
»Plötzlich ist der eine Mensch umgekippt und hat sich nicht mehr gerührt«, fuhr Michelle fort. »Und dann erst ist der dritte Mensch aufgetaucht. Irgendwie sahen sie alle gleich aus, nur dass der eine Mensch ein wenig gehinkt hat. Er hat …« Michelle schloss die Augen und schien nachzudenken. Ihre Klauen kratzten wieder über den Boden. »Er hat das linke Bein ein wenig nachgezogen. Ich bin dann in den Wald gelaufen. Vorher habe ich dir nur so zum Spaß einmal über das Gesicht geleckt.« Die Bache grinste widerwärtig.
»Nein, das hast du nicht gemacht!«, stieß Kim wütend hervor.
»Doch, klar. Wollte mal sehen, wie ein Hausschwein schmeckt.« Michelle grinste immer feister. »Hat mir aber nicht geschmeckt.«
Kim machte einen Schritt vor. Am liebsten hätte sie dieser widerlichen Schwarzen das Grinsen aus dem Gesicht geprügelt.
Auch Michelle war einen Schritt näher gekommen. In ihren Augen loderte Zorn. Sie reckte den Kopf vor und schnaubte.
»Genug!«, rief Emma mit dröhnender Stimme. »Ich habe keine Lust, mir euere Streitigkeiten anzusehen. Kim, du weißt jetzt alles. Zeit für dich, zu verschwinden!«
Kim wusste, dass es keinen Sinn hatte, irgendetwas zu entgegnen. Niemand im Wald legte sich mit Emma an.
»Vielen Dank!«, murmelte sie mit einem schüchternen Blick auf die mächtige Bache.
Dann drehte sie sich um und versuchte den Weg zurück zur Wiese zu finden, doch plötzlich sah alles irgendwie gleich aus. Wo war die richtige Abzweigung? Erneut glaubte sie ein Motorengeräusch wahrzunehmen. Sie verharrte, um durchzuatmen. Sie hatte wieder etwas herausgefunden: Deng hatte sich nicht selbst erhängt. Zwei Menschen hatten ihn ohnmächtig gemacht – genau wie sie es auch bei Jan getan hatten. Michelle war eine gute Beobachterin. Ob aber einer der beiden Menschen, die Jan umgebracht hatten, gehinkt hatte, war Kim nicht aufgefallen.
Das Motorengeräusch war wieder verklungen. Zögernd machte Kim drei Schritte. Sie war müde und erschöpft, und obwohl sie den Wald gut zu kennen glaubte, hatte sie keine Ahnung, wohin sie sich wenden musste. Die Dunkelheit war zu dicht, und es lagen auch keine Gerüche in der Luft, die ihr die richtige Richtung verrieten.
Plötzlich fiel ihr der tote Che ein. Sie blickte zu dem schwarzen Himmel hinauf und murmelte: »Lieber Che, wenn du da oben irgendwo bist – sag mir bitte, wie ich zur Wiese zurückkomme.«
Ein paar Atemzüge wartete sie ab, den Blick zum dunklen Firmament gerichtet, ob Che ihr antworten würde. Aber vielleicht war seine Seele noch gar nicht im Himmel angekommen.
Alles, was sich auf Kim herabsenkte, war eine abgrundtiefe Müdigkeit.
Im Traum sah sie Schweine über die Wiese schwanken. Alle waren da: Brunst, Doktor Pik, Cecile, sie selbst und sogar der tote Che, und alle hinkten sie, weil man ihnen das vordere linke Bein abgenommen hatte, um es an Dörthes Haustür zu nageln. Selbst im Traum spürte Kim ihr Entsetzen. Verdammt, wozu waren solche Träume gut?
Als sie erwachte, tastete sie zuerst nach ihrem linken Vorderlauf. Erleichtert stellte sie fest, dass er noch an seinem Platz war.
Die Nacht war vorüber, ein feiner, feuchter Nebel lag über der Lichtung, und die Sonne begann über den Horizont zu kriechen. Kim registrierte, dass sie mitten auf einem Weg lag.
»Guten Morgen!«, grunzte jemand in ihrer Nähe.
Erschreckt wandte sie sich um. Lunke kroch hinter einem Farn hervor, er schmatzte und grinste. »Hab auf dich aufgepasst, Babe«, sagte er, während er kaute. »Was für eine verrückte Idee, sich auf einem Weg schlafen zu legen, auf dem Baummörder mit ihren schweren Karren vorbeifahren. Aber ich hätte dich gerettet!«
Kim brauchte einen Moment, um sich zu erinnern. Irgendwie hatte sie vor Müdigkeit den Weg zurück nicht mehr gefunden.
»War ganz schön mutig von dir, dich mit Emma und Michelle zu treffen. Vor allem Michelle ist nicht besonders gut auf dich zu sprechen.« Lunke grinste wieder, und dann stob er plötzlich heran und machte Anstalten, sich an sie zu schmiegen.
Kim war mit einem schnellen Sprung auf den Beinen. »Ich musste nachdenken«, sagte sie. »Deshalb habe ich mich ausgeruht.«
»Weißt du, dass du manchmal schnarchst?« Lunke hatte seine Stimme zu einem vertraulichen Flüsterton gesenkt, der Kim ziemlich auf die Nerven fiel. »Klingt richtig süß. Dein Rüssel bläht sich dann ein wenig, und gezuckt hast du im Schlaf, als würdest du ein Rennen laufen wollen.«
Kim gähnte und spürte, dass
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