Schöne Sauerei: Ein Schweinekrimi (German Edition)
im letzten Käfig muhte ein mageres schwarz-weiß geschecktes Tier leise vor sich hin. Alle diese Wesen schienen einigermaßen angespannt oder sogar verärgert zu sein.
Im mittleren Käfig hatte sich ein Schatten aufgebaut, den Kim nur allzu gut kannte.
»Ihr dürft nie nachlassen«, hob Che mit lauter Stimme an, »die Revolution, die Auflehnung gegen die Diktatur der Menschen ist eine Aufgabe, die unsere ständige Aufmerksamkeit und Kampfbereitschaft erfordert. Keiner von uns darf sich von diesem Ziel abbringen lassen. Dabei dürfen wir niemals vergessen, wie geschickt die Menschen mitunter vorgehen, um unseren Widerstand zu brechen. Ja, sie geben uns Futter, ja, sie bauen uns Ställe, aber seid gewiss, dies alles dient lediglich dazu, uns zu besänftigen. Wir sind für sie nichts als minderwertige Wesen …«
Das Schaf begann unvermittelt loszublöken, und einer der Hunde fing an zu bellen, während der Vogel noch heftiger mit den Flügeln schlug.
»Che ist gar nicht tot«, flüsterte Cecile vor sich hin. Mehr Staunen als Erleichterung schwang in ihrer Stimme.
»Nein, ganz offenkundig nicht«, erwiderte Kim und beobachtete, wie Brunst sich endlich aus seiner Starre gelöst hatte und auf den mittleren Käfig zustürmte. »Er lebt«, murmelte er glücklich, »ich habe es doch gewusst!«
»Revolution hat auch etwas mit Disziplin zu tun.« Che verzog ärgerlich das Gesicht und versuchte den Lärm der anderen Tiere zu übertönen. »Wenn ihr mir nicht zuhört, können wir keinen Plan machen, um die Menschen …«
Einer der Hunde fletschte die Zähne, während der andere gegen die Gitterstäbe sprang, die ihn von dem Protestschwein trennten.
Kim verspürte nur einen Moment lang eine vage Erleichterung darüber, dass Che noch am Leben war, dann stiegen Ärger und Wut in ihr auf. »Verdammt!«, schrie sie. »Kannst du nicht einmal hier das Maul halten!«
Einen Herzschlag später trat Totenstille ein. Der Lärm der Tiere war abrupt verstummt. Kim fühlte, wie sich die Augen aller auf sie richteten. Auch Che drehte sich zu ihr um.
»Ach, ihr seid es«, bemerkte er lahm und so, als hätte er sie erst in diesem Moment entdeckt.
»Che«, sagte Brunst mit flehender Stimme, »wir haben gedacht, du wärst tot … Ich hatte so große Angst um dich …«
»Ist alles in Ordnung«, grunzte Che. »Der Doktor hat mich gesund gemacht, und nun versuche ich diesen Schwachköpfen hier beizubringen, wie wir die Revolution unter die Menschen …«
»Wann kommst du wieder zu uns?«, wollte Cecile wissen.
Che knurrte eine Antwort, die Kim nicht verstehen konnte, weil ganz in der Nähe eine Sirene erklang, schrill und unheilverkündend.
»Wir sollten besser verschwinden«, raunte Doktor Pik ihr zu, der sich die ganze Zeit im Hintergrund gehalten und ängstlich umgeschaut hatte.
Kim nickte. Das mulmige Gefühl in ihrem Bauch verstärkte sich.
Dann erstarb die Sirene abrupt, und etwas anderes war zu hören: Schritte und gedämpfte Stimmen, die von der Straße herüberdrangen.
Man hatte sie entdeckt. Anders konnte es nicht sein.
»Rückzug!«, raunte sie den anderen zu, und selbst Brunst gehorchte, nicht ohne jedoch Che ein »Wir warten auf dich!« zuzurufen.
Auf der Straße war auf den ersten Blick niemand zu sehen. Licht drang aus vereinzelten Fenstern. Vorsichtig schlich Kim voran. Hatte man ihnen eine Falle gestellt? Kaum war sie auf die größere Straße eingebogen, sah sie die Schatten, die fast geräuschlos um einige quer geparkte Autos liefen und sich in Position begaben. Voller Schrecken wich sie zurück und wäre beinahe gegen Doktor Pik geprallt, der hinter ihr stand.
»Was tun wir jetzt?«, flüsterte der alte Eber. Angst lag in seiner Stimme.
Kim schüttelte ratlos den Kopf. Die Straße war abgeriegelt. Sollten sie sich hier irgendwo verstecken, oder sollte jeder versuchen sich auf eigene Faust durchzuschlagen? Sie hatte keine Ahnung. Augenscheinlich schlichen die Menschen deshalb herum, weil man sie gefangen setzen wollte. Vielleicht hielt man sie in der Dunkelheit sogar für gefährliche wilde Schwarze und legte mit Waffen auf sie an. Eine unbändige Wut erfasste Kim – auf Brunst und Che und auf sich selbst, weil sie sich auf dieses Abenteuer eingelassen hatte.
Einen Moment später ertönte ein Ruf durch die Straße. »Zugriff!«, brüllte eine seltsam verzerrte menschliche Stimme.
»Zugriff!«, brüllte die blecherne Stimme noch einmal.
Kim schloss die Augen. Eigentlich hatte sie ein gutes Leben gehabt,
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