Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Schöne Sauerei: Ein Schweinekrimi (German Edition)

Schöne Sauerei: Ein Schweinekrimi (German Edition)

Titel: Schöne Sauerei: Ein Schweinekrimi (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Arne Blum
Vom Netzwerk:
Und ein langer, gellender Schrei drang an ihr Ohr: »Hierher – sie verliert ihr Kind!«
    Ein Stück hinter dem brennenden Kabriolett, nahe der Hauswand, erhob sich Max; seine grauen Haare standen in alle Richtungen ab, als wäre der heiße Wind auch über ihn hinweggeweht; er verzog das Gesicht vor Anstrengung und streckte seine Arme vor. Dörthe – er hielt Dörthe, die sich wand und krümmte und leise schrie.
    Mit rasendem Herzen beobachtete Kim, wie sich zwei Männer von ihrem Wagen lösten. Sie liefen auf Max zu, einer hielt einen silberfarbenen Koffer in der Hand. Nachdem sie sich mit einem Blick kurz verständigt hatten, half der eine, Dörthe zu halten, während der andere den Koffer öffnete, einen kleinen Gegenstand herausholte und sich über sie beugte. Was er tat, konnte Kim nicht erkennen. Sie hörte jedoch, dass Dörthe erneut aufschrie.
    Wenig später wurde ihre Herrin in einem der roten Autos abtransportiert.
    Max stand da und sah dem Wagen nach. Dass Männer an ihm vorbeihasteten und das Feuer nun erloschen war, schien er nicht zu registrieren. Langsam hob er eine Hand und winkte, mit einem starren Ausdruck im Gesicht, als wäre er sicher, Dörthe nie wiederzusehen.

25
    Wenn ihre Mutter, die fette Paula, ihr im Traum erschien, machte sie Kim meistens Vorhaltungen, dass sie zu neugierig sei und sich zu sehr um die Belange der Menschen kümmere. Einmal aber hatte sie mit einer förmlichen Stimme, die gar nicht zu ihr passte, gesagt: »Ein Schwein ist ein Schwein ist ein Schwein.«
    Verblüfft hatte Kim ihre Mutter im Traum angesehen. »Was meinst du damit?«, hatte sie gefragt, und ihre Mutter, die sonst nicht zu Erklärungen neigte, hatte erwidert: »Ich meine damit, dass ein Schwein wissen muss, wohin es gehört.«
    Als Kim müde und zerschlagen in den Stall zurückkehrte, fiel ihr dieser Traum wieder ein. Wohin gehörte sie? Zu Dörthe und Che und den anderen, vielleicht sogar zu Lunke hatte sie immer gemeint, doch plötzlich war sie sich da nicht mehr so sicher.
    Mit einem feindlichen Schweigen empfingen die anderen sie, als wäre sie an dem Feuer und der Aufregung schuld, oder Che hatte sie aufgehetzt, weil er ihr noch übelnahm, dass seine Himmelsleiter zusammengebrochen war? Er schnaufte nur verächtlich, während sie ein wenig Stroh zusammenkratzte, und selbst Doktor Pik bedachte sie mit einem strengen Blick.
    »Ich«, sagte Kim leise, »habe mit dem Feuer nichts zu tun.«
    »Die anderen meinen, dass du Ärger anziehst«, erwiderte Doktor Pik, fast ein wenig mitleidig. »Immer mehr Ärger.«
    Kim antwortete nicht darauf. Lunke will mich nie wieder sehen, hätte sie beinahe gesagt, um Che zu besänftigen. Vermutlich hatte er wieder davon gesprochen, dass man sie ausschließen müsse, weil sie nichts von einer Revolution hielt und sich mit den Menschen gemein machte. Aber wenn Dörthe nicht zurückkehrte, wären sie ohnehin alle verloren.
    »So ein Feuer bis zum Himmel habe ich noch nie gesehen«, piepste Cecile, doch sofort wurde sie von Brunst angeraunzt. »Halt’s Maul – ich will schlafen.«
    Als Kim die Augen schloss, sah sie wieder das Feuer und Lunke, der durch die Luft gewirbelt wurde, und dann erschien ihr das Bild, wie die wimmernde Dörthe mit dem roten Auto weggefahren wurde. Den verletzten Marten hatte man ein wenig später abtransportiert. Die weißen Männer, die ihn auf der Trage in den Wagen verluden, hatten sorgenvolle Gesichter gehabt. Nach und nach waren auch die Männer mit den seltsamen Kopfbedeckungen abgezogen, als das Feuer endgültig gelöscht war. Dörthes stolzes gelbes Kabriolett war nur noch ein schwarzer, stinkender Haufen Blech. Schließlich waren lediglich Sabeth und Max übrig geblieben; sie hatten mit dem Besen den Hof gekehrt. Eine Arbeit, die Kim völlig sinnlos vorgekommen war.
    »Morgen«, sagte Che in die Dunkelheit hinein, »teilen wir dir mit, wie wir entschieden haben – ob du besser zu den wilden Schwarzen gehst oder ob du bei uns bleiben darfst.«
    Che war ein Idiot, aber Kim war viel zu müde, um da-
rauf zu antworten.
    Zwei Atemzüge später begann er laut zu schnarchen.
    Obwohl sie so erschöpft war, fand Kim keine Ruhe. Immer wieder lauschte sie hinaus, ob nicht ein Wagen auf den Hof fuhr, der Dörthe zurückbrachte, aber nichts war zu hören.
    Die Nacht war totenstill. Ja, es war ihr, als würde tatsächlich irgendwo jemand sterben – Dörthe mit ihrem Kind im Bauch oder Lunke, der sich bei seinem Flug durch die Luft ernsthaft verletzt

Weitere Kostenlose Bücher