Schöne Sauerei: Ein Schweinekrimi (German Edition)
hatte, oder der furchtbare Marten, den das Feuer eingehüllt hatte.
Als Kim aufwachte, war sie allein im Stall. Für einen Moment konnte sie gar nicht glauben, dass sie doch noch eingeschlafen war. Zum Glück hatte sie nicht vom Feuer oder von der wimmernden Dörthe geträumt. Müde schritt sie zum Ausgang. Die Sonne schien; auf dem Hof rührte sich nichts, die anderen hatten sich jedoch bereits auf der Suche nach Fressen über die Wiese verteilt. Kaum hatten sie Kim entdeckt, liefen sie jedoch zusammen und stellten sich in einem Halbkreis auf. Che blickte streng zu ihr herüber, Brunst kaute noch an einem Kanten Brot, während Doktor Pik den Kopf gesenkt hielt. Cecile hatte sich eng an ihn gedrückt und machte ein Gesicht, als wäre ihr jemand auf ihren winzigen Schwanz getreten.
»Alles klar bei euch?«, rief Kim spöttisch herüber. »Oder hast du wieder eine deiner Ideen gehabt, Che? Ringelpietz mit Anfassen, um Erleuchtung zu kriegen?« Sie lachte, obwohl ihr nicht zum Lachen zumute war. Insgeheim hielt sie nach Lunke Ausschau, doch nichts war am Durchschlupf zu sehen.
»Die Entscheidung – das Verdikt«, verkündete Che mit wichtiger Stimme. So etwas konnte er – sich in die Brust werfen und auf Anführer machen. »Haben wir dir doch versprochen.«
»Du musst mir nichts versprechen«, entgegnete Kim. Sie blickte zu dem ausgebrannten Kabriolett hinüber. Wo war Dörthe? Was war mit ihrem Kind?
»Kim«, erklärte Che mit Nachdruck, »du solltest uns ansehen, wenn wir unsere Entscheidung verkünden. Der Revolutionsrat hat getagt.«
Kim lächelte ihn honigsüß an. Ihre Laune war so düster, dass es ihr beinahe gleichgültig war, was Che nun von sich geben würde.
»Mit zwei zu eins Stimmen sind wir zu einer Entscheidung gelangt«, rief er aus, als müsste der ganze Wald es hören.
Kim schaute ihn verwundert an. »Wieso zwei zu eins?«, fragte sie.
»Ich durfte nicht mit abstimmen«, piepste Cecile beleidigt.
Brunst verpasste ihr einen Stoß, und Che erklärte: »Nur vollwertige Schweine waren beim Tribunal zugelassen.«
»Ach so!« Kim zog ihre Augenbrauen zusammen. Sie bemerkte, dass die Eingangstür geöffnet wurde und Sabeth heraustrat. »Dann lass mal hören, was euer famoser Rat beschlossen hat.«
Sabeth betrachtete das verbrannte Auto. Einen Moment später trat Max neben sie. Beide wirkten müde und konsterniert.
»Mit zwei zu eins Stimmen haben wir beschlossen, dass du nicht mehr zu uns gehörst. Es werden dir zahlreiche Vergehen zur Last gelegt. Du hast die Revolution verraten, du hast die Himmelsleiter sabotiert, du hast Sus Scrofa, unseren Urvater, geschmäht, du bist mit den wilden Schwarzen einen Pakt eingegangen …«
»He!«, rief Kim und unterbrach Che so laut, dass er tatsächlich innehielt und verstummte. Vermutlich hatte nur Doktor Pik für ihren Verbleib gestimmt. »Ihr habt bei der Abstimmung etwas vergessen.«
Che und Brunst schauten sie an. »Was denn?«, fragten sie beide gleichzeitig.
»Mich! Bin ich etwa kein vollwertiges Schwein? Wieso bin ich von der Abstimmung ausgeschlossen?«
Brunst warf Che einen fragenden Blick zu, dem das Protestschwein mit einem Schnauben auswich. Er vermochte zwar mit Mühe bis drei zu zählen, aber warum Kim kein vollwertiges Schwein sein sollte, konnte er offenkundig nicht sagen.
Kim lächelte. »Na, seht ihr«, sagte sie. »Ich darf also auch abstimmen – und ich, nun ja, ich stimme für meinen Verbleib auf der Wiese. Damit steht es zwei zu zwei. Also keine Mehrheit für euch.«
Doktor Pik nickte nachdrücklich. »Jawohl«, murmelte er vor sich hin, und Cecile quiekte: »Beim nächsten Mal möchte ich auch mitmachen.«
»Ja«, rief Kim. »Revolutionäre möchten immer gerne über etwas abstimmen. Vielleicht stimmen wir darüber ab, ob Che bei uns bleiben oder ob er als Botschafter der Revolution auf Wanderschaft gehen soll. Oder ob Brunst nicht zu dick ist. Oder …«
»Ich bin nicht zu dick«, rief Brunst entrüstet. »Während Che weg war, habe ich streng gefastet.«
»Oder wir stimmen ab, ob wir nicht alle zu den wilden Schwarzen rübermachen sollen«, fuhr Kim fort.
»Du spinnst wohl!« Che drehte sich ab. Augenscheinlich hatte er nichts zu entgegnen, um seine Niederlage abzuwenden.
Ein Auto rauschte auf den Hof.
Dörthe – endlich!, durchzuckte es Kim voller Erleichterung, doch dann sah sie, dass David Bauer und Marcia Pölk ausstiegen und zu Sabeth und Max schlenderten. Bauer trug eine Sonnenbrille, die er erst abnahm, als er
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