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Schöne Scheine

Schöne Scheine

Titel: Schöne Scheine Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Terry Pratchett
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glücklich gerötetem Gesicht davoneilte. Er steckte sein Notizbuch in die Jacke, lehnte sich zurück und lauschte auf das Ticken der Wanduhr und das leise Schnarchen der Bettler, die an einem heißen Nachmittag normalerweise die einzigen Besucher in diesem Büro waren. Alles war friedlich, ruhig und ordentlich, wie es im Leben eben sein sollte.
    Von heute an würde sein Kuchenteller immer gefüllt sein.
    Sofern er sehr, sehr vorsichtig war.
    Feucht lief durch die Krypta auf das helle Licht am Ende zu. Dort stieß er auf eine Szene der Friedseligkeit. Hubert stand vor dem Blupper und klopfte gelegentlich gegen ein Röhrchen. Igor blies ein seltsames Glasgebilde über seinem kleinen Ofen, und Herr Klemme, vormals Eulrich Janken, saß mit entrücktem Blick an seinem Schreibtisch.
    Feucht spürte das bevorstehende Unheil. Etwas stimmte nicht. Vielleicht war es gar nicht einmal etwas Bestimmtes, sondern nur eine rein platonische Unrichtigkeit - und Herrn Klemmes Miene gefiel ihm ganz und gar nicht.
    Doch das menschliche Gehirn, das nur durch Hoffnung von einer Sekunde zur nächsten überlebt, wird stets versuchen, den Augenblick der Wahrheit hinauszuzögern. Feucht näherte sich dem Schreibtisch und rieb sich die Hände. »Und wie läuft es so, Eul... - ich meine, Herr Klemme?«, sagte er. »Sind wir jetzt fertig?«
    »Oh, ja«, sagte Klemme mit einem seltsamen, freudlosen Lächeln auf dem Gesicht. »Hier ist es.«
    Vor ihm auf dem Tisch lag die Rückseite der ersten richtigen Dollarnote, die jemals entworfen werden sollte. Feucht hatte schon ähnliche Zeichnungen gesehen, aber bisher ausschließlich von Vierjährigen im Kindergarten. Das Gesicht, das vermutlich Lord Vetinari darstellen sollte, bestand aus zwei Punkten als Augen und einem breiten Grinsen. Das Panorama der Metropole Ankh-Morpork schien aus lauter quadratischen Häusern zu bestehen, mit einem Fenster, ebenfalls quadratisch, an jeder Ecke und einer Tür in der Mitte.
    »Ich glaube, das gehört zum Besten, was ich je vollbracht habe«, sagte Klemme.
    Feucht klopfte ihm aufmunternd auf die Schulter und marschierte dann zu Igor hinüber, der bereits in Abwehrhaltung ging.
    »Was hast du mit diesem Mann gemacht?«, fragte Feucht.
    »Ich habe auf ihm eine aufgewogene Perfönlichkeit gemacht, die nicht mehr mit den Dämonen der Forge, der Furcht und def Verfolgungwahnf leben muff«, sagte Igor.
    Feucht warf einen Blick auf Igors Werkbank, was in jedem Fall ein mutiges Unterfangen war. Darauf stand ein Glas, in dem etwas Unidentifizierbares schwamm. Feucht sah genauer hin - eine weitere Heldentat, wenn man sich in Gegenwart eines oder mehrerer Igors befand.
    Es war keine glückliche Rübe. Sie war fleckig. Sie stieß ständig gegen die Wände des Gefäßes und überschlug sich gelegentlich.
    »Ich verstehe«, sagte Feucht. »Aber bedauerlicherweise macht es den Eindruck, dass du unserem Freund nicht nur die entspannte und hoffnungsfrohe Lebenseinstellung einer Rübe verliehen hast, sondern auch die künstlerischen Fähigkeiten einer solchen!«
    »Aber er ekfiftiert nun viel glücklicher im Hier und Jepft«, sagte Igor.
    »Richtig, aber wie viel von ihm existiert überhaupt noch, wenn er nur noch ein Stück Gemüse ist? Und zwar - nein, ich zögere nicht, das Wort noch einmal auszusprechen - eine Rübe!«
    Igor dachte einen Moment lang darüber nach. »Alf Medipfiner, Herr«, sagte er, »muff ich berückfichtigen, waf daf Befte für den Papfienten ift. Im Moment ift er glücklich und pfufrieden und kennt keine Forgen. Warum follte er all daf aufgeben, nur um mit einem Pfeichenftift umgehen pfu können?«
    Feucht wurde sich eines beharrlichen Pochens bewusst. Es war die Rübe, die sich gegen die Wand des Gefäßes warf. »Das ist ein sehr interessanter philosophischer Einwand«, sagte er und musterte erneut Klemmes seligen, wenn auch etwas unkonzentrierten Blick. »Aber mir scheint, dass es eher die unangenehmen kleinen Details waren, die - wie soll ich sagen? -  ihn  ausgemacht haben.« Das verzweifelte Pochen des Wurzelgemüses wurde lauter. Igor und Feucht blickten vom Glasbecher zu dem gespenstisch lächelnden Mann.
    »Igor, ich bin mir nicht sicher, ob dir klar ist, wie Menschen ticken.«
    Igor antwortete mit einem jovialen Schmunzeln. »Oh, du kannft mir glauben, Herr ...«
    »Igor?«, sagte Feucht.
    »Ja, Meifter?«, sagte Igor düster.
    »Geh und hol noch einmal diese verdammten Drähte, ja?«
    »Ja, Meifter.«
    Als Feucht wieder nach oben gestiegen war,

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