Schöne Scheine
bedenkt«, sagte Vetinari.
»Ach, wirklich? Ich glaube, ich habe den Nachruf in der Times gelesen. Aber daran erinnere ich mich nicht.«
»Ja, die Presse ist auch nicht mehr das, was sie einmal war.«
Vetinari wandte sich um und betrachtete das Gebäude. »Von diesen beiden ziehe ich die Ehrlichkeit der Münze vor«, sagte er. »Sie knurrt die Welt an. Was meinst du, Herr Lipwig?«
»Was ist das für ein rundes Ding, das da aus dem Dach ragt?«, fragte Feucht. »Dadurch sieht es wie eine Sparbüchse mit einer großen Münze aus, die im Schlitz stecken geblieben ist.«
»Seltsamerweise ist es als Unglückscent bekannt«, sagte Vetinari. »Es handelt sich um eine sehr große Tretmühle, die die Münzpressen und alles andere mit Energie versorgt. Früher einmal wurde sie durch Strafgefangene angetrieben, als >Arbeit zum Wohl der Gemeinschaft< mehr als nur eine hohle Redewendung war. Allerdings wurde sie als grausame und ungewöhnliche Form der Bestrafung angesehen, was eher auf einen eklatanten Mangel an Phantasie hindeutet. Wollen wir hineingehen?«
»Was genau soll ich deiner Ansicht nach tun, Herr?«, fragte Feucht, als sie die Marmorstufen hinaufstiegen. »Ich weiß ein wenig über das Bankwesen, aber wie führt man eine Münzanstalt?«
Vetinari zuckte mit den Schultern. »Keine Ahnung. Leute bedienen Hebel, würde ich meinen. Jemand sagt ihnen, wie oft sie es tun und wann sie damit aufhören sollen.«
»Und warum sollte irgendjemand mich umbringen wollen?«
»Das kann ich nicht sagen, Herr Lipwig. Aber es gab mindestens einen Anschlag auf dein Leben, als du ganz unschuldig Briefe zugestellt hast, also rechne ich damit, dass deine Karriere als Bankier recht interessant werden könnte.«
Sie erreichten den obersten Treppenabsatz. Ein älterer Mann in einer Uniform, die aussah, als wäre er der General einer undisziplinierten Armee, hielt ihnen die Tür auf.
Lord Vetinari bedeutete Feucht, als Erster einzutreten.
»Ich schaue mich nur mal um, ja?«, sagte Feucht, während er zögernd durch den Eingang trat. »Ich hatte eigentlich noch gar keine Zeit, über all das hier nachzudenken.«
»Aber selbstverständlich«, sagte Vetinari.
»Ich verpflichte mich damit zu gar nichts, richtig?«
»Zu gar nichts«, bestätigte Vetinari. Er ging zu einem Ledersofa hinüber und setzte sich, dann forderte er Feucht auf, neben ihm Platz zu nehmen. Drumknott hielt sich, wachsam wie immer, hinter ihnen auf.
»Der Geruch einer Bank ist recht angenehm, findest du nicht auch?«, sagte Vetinari. »Eine Mischung aus Bohnerwachs, Tinte und Reichtum.«
»Und Wucher«, sagte Feucht.
»Wir wollen es doch nicht zu negativ formulieren. Und die Kirchen scheinen heutzutage gar nicht mehr so viel dagegen einzuwenden zu haben. Zufällig weiß nur der gegenwärtige Direktor dieser Bank über meine Absichten Bescheid. Für jeden anderen bist du lediglich jemand, der heute für mich eine kleine Inspektion durchführt. Insofern ist es ganz gut, dass du deinen berühmten goldenen Anzug nicht trägst.«
In der Bank ging es verhältnismäßig leise zu, hauptsächlich, weil die Decke so hoch war, dass sich jedes Geräusch in der Leere verlor, aber zum Teil auch, weil die Leute in der Nähe von so großen Geldsummen die Stimme senken. Es war viel roter Samt und Messing sichtbar. Überall hingen Bilder von ernsten Männern in Gehröcken. Gelegentlich hallten Schritte vom weißen Marmorfußboden wider, bis sie plötzlich verschluckt wurden, wenn ihr Urheber auf eine Teppichinsel trat. Und die großen Schreibtische waren mit graugrünem Leder bezogen. Schon seit seiner Kindheit hatte ein mit graugrünem Leder bezogener Schreibtisch für Feucht großen Reichtum bedeutet. Rotes Leder? Pah! Das war etwas für Emporkömmlinge und Wichtigtuer. Graugrün bedeutete, dass man es geschafft hatte und dass auch schon die eigenen Vorfahren es geschafft hatten. Es sollte ein wenig abgenutzt aussehen, um die beste Wirkung zu erzielen.
An der Wand über den Schaltern tickte eine große Uhr, die von Putten getragen wurde. Lord Vetinaris Anwesenheit machte sich in der Bank bemerkbar. Die Mitarbeiter stupsten sich gegenseitig an und warfen Blicke in ihre Richtung.
In Wirklichkeit, so wurde Feucht bewusst, waren sie beide nicht leicht wiederzuerkennen. Die Natur hatte ihn mit der Fähigkeit gesegnet, nicht mehr als ein Gesicht im Hintergrund zu sein, selbst wenn er gar nicht weit entfernt stand. Er war nicht besonders hässlich, er war nicht besonders
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