Schöne Scheine
verlor und selbst das Aufgebot bestellte.
Aber er war bereits ein fast verheirateter Mann, wie auch immer man es betrachten wollte. Und fast verheiratete Männer verkehrten nicht mit Angehörigen der Familie Üppig. Ein fast verheirateter Mann war standhaft und zuverlässig und jederzeit bereit, seiner Fast-Ehefrau einen Aschenbecher zu reichen. Er musste für seine dereinstigen Kinder da sein und dafür sorgen, dass sie in einem gut gelüfteten Kinderzimmer schliefen.
Er strich die Nachricht auf der Tischplatte glatt.
Und er würde auch mit den nächtlichen Klettertouren aufhören. War das vielleicht erwachsen? War das vernünftig? War er zum Werkzeug von Vetinari geworden? Nein!
Doch es regte sich eine Erinnerung. Feucht stand auf und ging zu seinem Aktenschrank hinüber, von dem er sich normalerweise um jeden Preis fernhielt.
Unter »Briefmarken« fand er den kleinen Bericht, den er vor zwei Monaten von Stanley Heuler bekommen hatte, dem Leiter der Abteilung Briefmarken. Darin wurde nebenbei erwähnt, dass sich die Ein- und Zwei-Dollar-Marken weiterhin sehr gut verkauften, und zwar viel besser, als selbst Stanley erwartet hatte. Vielleicht war das »Briefmarkengeld« schon weiter verbreitet, als er gedacht hatte. Schließlich war es von staatlicher Seite gedeckt, nicht wahr? Es ließ sich sogar leicht herumtragen. Er würde einmal überprüfen müssen, wie viel genau ...
Jemand klopfte zart an die Tür, und Gladys trat ein. Sie trug mit äußerster Vorsicht einen Teller mit Schinkensandwiches, die sehr, sehr dünn waren, wie nur Gladys sie machen konnte - und zwar, indem sie einen Schinken zwischen zwei Brotlaibe legte und das Ganze dann mit ihrer schaufelgroßen Hand plattschlug.
»Ich Dachte Mir, Dass Du Noch Nicht Zu Mittag Gegessen Hast, Postminister«, grollte sie.
»Danke, Gladys«, sagte Feucht und schüttelte sich im Geiste.
»Und Lord Vetinari Ist Unten«, fuhr Gladys fort. »Er Sagt, Es Hätte Keine Eile.«
Das Sandwich verharrte wenige Zentimeter vor Feuchts Lippen. »Er ist im Haus?«
»Ja, Herr Lipwig.«
»Und streift ganz allein herum?«, fragte Feucht mit zunehmendem Entsetzen.
»Gegenwärtig Hält Er Sich Im Blindbriefbüro Auf, Herr Lipwig.«
»Was macht er da?«
»Briefe Lesen, Herr Lipwig.«
Keine Eile, dachte Feucht verbittert. Alles klar. Ich werde jedenfalls zuerst die Sandwiches aufessen, die diese nette Golemdame für mich gemacht hat.
»Vielen Dank, Gladys«, sagte er.
Als sie gegangen war, holte Feucht eine Pinzette aus einer Schreibtischschublade hervor, öffnete das Sandwich und entfernte die Knochentrümmer, die Gladys’ Holzhammermethode hinterlassen hatte.
Es war etwas mehr als drei Minuten später, als der Golem erneut erschien und geduldig vor den Schreibtisch trat.
»Ja, Gladys?«, sagte Feucht.
»Seine Lordschaft Wünscht, Dass Ich Dir Mitteile, Dass Es Immer Noch Keine Eile Hat.«
Feucht lief nach unten, und Lord Vetinari saß in der Tat im Blindbriefbüro 2 , die Stiefel auf einen Tisch gelegt, einen Stapel Briefe in der Hand und mit einem Lächeln auf dem Gesicht.
»Hallo, Lipwig«, sagte er und wedelte mit den schmuddeligen Umschlägen. »Wunderbare Sachen hier! Viel besser als Kreuzworträtsel! Dieser gefällt mir besonders: »Kehgsbegge gehngüba Abbedehke«. Ich habe die korrekte Adresse darunter geschrieben.« Er reichte den Brief an Feucht weiter.
Er hatte geschrieben: K. Pfeifer, Bäcker, Schweinestallhügel 3.
»Es gibt drei Bäckereien in der Stadt, von denen man sagen könnte, dass sie gegenüber einer Apotheke liegen«, erklärte Vetinari, »aber nur Pfeifer macht diese recht guten Spritzkekse, die bedauerlicherweise aussehen, als hätte gerade ein Hund sein Geschäft erledigt und es irgendwie geschafft, dabei einen Klecks Zuckerguss zu hinterlassen.«
»Sehr schön, Herr«, sagte Feucht matt.
Auf der anderen Seite des Raums saßen Frank und Dave, die ihre Zeit damit verbrachten, die unlesbaren, falsch geschriebenen, fehlgeleiteten oder einfach nur verrückten Briefe zu entziffern, die jeden Tag ins Blindbriefbüro schneiten. Sie beobachteten Vetinari voller Entsetzen und Ehrfurcht. In der Ecke schien Drumknott Tee zu kochen.
»Ich glaube, es geht nur darum, sich in den Schreibenden zu versetzen«, fuhr Vetinari fort und betrachtete einen Brief, der mit schmierigen Fingerabdrücken und etwas übersät war, das wie die Überreste eines Frühstücks aussah. »Ich kann mir vorstellen, dass das in manchen Fällen ein sehr weites Feld
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