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Schöne Scheine

Schöne Scheine

Titel: Schöne Scheine Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Terry Pratchett
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dachte Vorhinein inmitten all des Aufruhrs in seinem Kopf. Warum hast du nicht einfach das Geld genommen und Ruhe gegeben? Ich hatte keine andere Wahl. Er wäre nie das Risiko eingegangen, dass du irgendwem davon erzählst!
    Vorhinein spürte, wie sich ihm der Magen umdrehte. Er hatte nicht gewollt, dass es so kam. Er hatte nicht gewollt, dass irgendwer starb! Und dann erbrach er sich.
    Das war letzte Woche gewesen. Und seitdem hatte sich die Situation nicht gebessert.
    Lord Vetinari hatte eine schwarze Kutsche.
    Auch andere Leute haben schwarze Kutschen.
    Daraus folgt, dass nicht jeder in einer schwarzen Kutsche Lord Vetinari ist.
    Das war eine philosophische Erkenntnis von großer Bedeutung, die Feucht zu seinem Bedauern in der Aufregung ganz vergessen hatte.
    In der Kutsche ging es hingegen äußerst unaufgeregt zu. Cosmo Üppig war völlig gelassen, oder er bemühte sich nach Kräften, es zu sein. Er trug Schwarz, was sonst, wie es Leute taten, die zeigen wollten, wie reich sie waren, aber was ihn wirklich verriet, war der Bart.
    Grundsätzlich war es ein Spitzbart, der dem von Lord Vetinari sehr ähnlich sah. Eine dünne Linie aus schwarzen Haaren zog sich an jeder Wange hinunter, machte einen Umweg und bog sich als genauso dünne Schleife unter der Nase hindurch, bis sich beide Enden knapp unter der Lippe zu einem schwarzen Dreieck zusammenfügten, was Cosmo ein Aussehen verlieh, das er vermutlich für bedrohliche Eleganz hielt. Und bei Vetinari wirkte es in der Tat so. Bei Cosmo hingegen floss der elegante Gesichtsbehaarungsformschnitt unglücklich über bläuliche Wangen, auf denen winzige Schweißperlen glänzten, und erweckte den Eindruck, ihm würde Schamhaar auf dem Kinn wachsen.
    Irgendein Meisterbarbier musste die Angelegenheit jeden Tag Haar für Haar in Ordnung bringen, und die Aufgabe wurde bestimmt nicht durch die Tatsache erleichtert, dass Cosmo seit dem Tag, als er sich diesen Stil zugelegt hatte, deutlich zugenommen hatte. Es gibt einen Zeitpunkt im Leben eines gedankenlosen jungen Mannes, wenn aus seinem Waschbrett- ein Bierbauch wird, und bei Cosmo war es jetzt soweit.
    Und dann sah man die Augen, und sie machten alles wieder wett. Sie hatten den entrückten Blick eines Mannes, der bereits den Tod seines Gegenübers sehen konnte ...
    Aber wahrscheinlich nicht den eines Mannes, der selbst ein Mörder war, vermutete Feucht. Es sah eher danach aus, dass er im Bedarfsfall Mörder kaufte. Nun gut, an den Fingern, die ein wenig zu wurstig dafür waren, trug er auffällige Giftringe, aber jemand, der wirklich in diesem Geschäft tätig war, würde doch auf gar keinen Fall so viele tragen, oder? Wahre Auftragsmörder machen keine Werbung. Und was sollte der elegante schwarze Handschuh an der anderen Hand? Das war eine Angewohnheit der Assassinengilde. Gut, er war also von der Gildenschule ausgebildet. Viele Kinder aus der Oberschicht gingen dort zur Schule, nahmen aber nie am Schwarzen Unterrichtsprogramm teil. Wahrscheinlich hatte er eine Entschuldigung von seiner Mutter dabeigehabt, dass er vom Unterricht im Erstechen befreit werden sollte.
    Herr Quengler zitterte vor Furcht oder vielleicht auch vor Wut. In Feuchts Armen knurrte er wie ein Leopard.
    »Ach, der kleine Hund meiner Stiefmutter«, sagte Cosmo. »Wie süß. Ich will nicht viele Worte verschwenden. Ich gebe dir zehntausend Dollar für ihn, Herr Lipwig.« Er hielt ihm mit der unbehandschuhten Hand ein Stück Papier hin. »Eine handschriftliche Anweisung für das Geld. Jeder in der Stadt wird dieses Dokument akzeptieren.«
    Cosmos Stimme war eine Art moduliertes Seufzen, als wäre das Sprechen irgendwie schmerzhaft.
    Feucht las:
    Bitte zahlt die Summe von zehntausend Dollar an Feucht von Lipwig.
    und das Ganze war von Cosmo Üppig mit vielen Schnörkeln quer über eine Ein-Cent-Briefmarke unterschrieben worden.
    Auf einer Briefmarke unterschrieben ... Woher kam das? Aber man sah es immer häufiger in der Stadt, und wenn man die Leute danach fragte, sagten sie: »Weil es damit rechtskräftig wird, weißt du?« Und es war billiger als ein Notar, und deshalb funktionierte es.
    Und hier waren zehntausend Dollar, die genau auf ihn zeigten.
    Wie kann er es wagen, mich zu bestechen!, dachte Feucht. Doch in Wirklichkeit war es sein zweiter Gedanke, der eines baldigen Trägers einer goldlichen Kette. Sein erster Gedanke, der typischer für den alten Feucht war, lautete: Wie kann er es wagen, mich mit  so wenig  zu bestechen!
    »Nein«, sagte er.

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