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Schöne Scheine

Schöne Scheine

Titel: Schöne Scheine Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Terry Pratchett
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kannte sie von früher. Für sie gab es wahrscheinlich eine besondere Aufnahmeprüfung. Wenn sie die Frage »Wie ist dein Name?« falsch beantworteten, wurden sie eingestellt. Es gab sogar Trolle, die ihnen intellektuell überlegen waren! Aber man konnte sie nicht zum Narren halten oder sie bequatschen. Sie hatten eine Liste von Leuten, die eintreten durften, und eine andere mit denen, die einen Termin brauchten. Wenn man auf keiner von beiden stand, kam man nicht rein.
    Doch ihr Hauptmann, der schlau genug war, um Großbuchstaben zu entziffern, konnte etwas mit »Postminister« und »Direktor der Königlichen Bank« anfangen und schickte einen seiner Jungs mit einer hingekritzelten Notiz zu Drumknott. Zu Feuchts Überraschung wurde er schon zehn Minuten darauf in das Rechteckige Büro geführt.
    Die Plätze rund um den großen Konferenztisch an einem Ende des Raums waren voll besetzt. Feucht erkannte ein paar Gildenvorsitzende, doch viele waren durchschnittlich wirkende Bürger, Arbeiter, Männer, die sich hinter geschlossenen Türen nicht wohl zu fühlen schienen. Stadtpläne waren auf dem Tisch ausgebreitet. Er war in irgendetwas hineingeplatzt. Beziehungsweise Vetinari hatte ihn in etwas hineinplatzen lassen.
    Lord Vetinari erhob sich sofort, als Feucht eintrat, und winkte ihn heran.
    »Bitte entschuldigt mich, meine Damen und Herren, aber ich muss etwas mit dem Postminister besprechen. Drumknott, geh doch noch einmal mit allen die Zahlen durch, ja? Herr Lipwig, bitte hier entlang.«
    Feucht glaubte, hinter sich ersticktes Lachen zu hören, als er in etwas geführt wurde, das er zunächst für einen Korridor mit hoher Decke hielt, das sich dann jedoch als eine Art Kunstgalerie entpuppte. Vetinari schloss hinter sich die Tür. Das Klicken kam Feucht ungewöhnlich laut vor. Sein Zorn verflog schnell und wurde durch ein sehr beklommenes Gefühl ersetzt. Schließlich war Vetinari ein Tyrann. Wenn Feucht plötzlich von der Bildfläche verschwand, konnte sich das nur förderlich auf die Autorität Seiner Lordschaft auswirken ...
    »Setz bitte Herrn Quengler ab«, sagte Vetinari. »Dem kleinen Kerl wird es guttun, wenn er etwas herumlaufen kann.«
    Feucht stellte den Hund auf den Boden. Es war, als würde er einen Schild sinken lassen. Und nun nahm er auch wahr, was in dieser Galerie ausgestellt war.
    Was er zunächst für Steinskulpturen gehalten hatte, waren in Wirklichkeit Gesichter aus Wachs. Und Feucht wusste auch, wie und bei welcher Gelegenheit sie angefertigt worden waren.
    Es waren Totenmasken.
    »Meine Vorgänger«, sagte Vetinari und spazierte an der Reihe entlang. »Natürlich keine vollständige Sammlung. In manchen Fällen war der Kopf nicht mehr aufzufinden oder befand sich, wie man sagen könnte, in einem unansehnlichen Zustand.«
    Stille folgte. Feucht war so dumm, sie zu beenden.
    »Es dürfte ein ziemlich seltsames Gefühl sein, wenn sie jeden Tag auf einen herabblicken«, stieß er hervor.
    »Ach, glaubst du wirklich? Ich muss sagen, dass ich eher auf  sie  herabblicke. Es sind größtenteils vulgäre Männer, gierig, korrupt und plump. Gerissenheit kann Weisheit bis zu einem gewissen Punkt ersetzen, und dann stirbt man. Die meisten von  ihnen  starben reich, fett und verängstigt. Während ihrer Amtszeit wurden die Zustände in der Stadt schlechter und nach ihrem Tod besser. Aber jetzt funktioniert die Stadt, Herr Lipwig. Wir machen Fortschritte. Das wäre nicht so, wenn der Herrscher ein Mann wäre, der ältere Damen meuchelt, verstehst du?«
    »Ich habe nie gesagt...«
    »Ich weiß sehr genau, was du nie gesagt hast. Du hast es dir sehr laut verkniffen, es zu sagen.« Vetinari zog eine Augenbraue hoch. »Ich bin äußerst zornig, Herr Lipwig.«
    »Aber das ist mir von jemand anderem eingebrockt worden!«
    »Nicht von mir«, sagte Vetinari. »Ich kann dir versichern, wenn ich dir, wie du es in deiner schlecht imitierten Straßenmundart ausdrückst, >das eingebrockt< hätte, würdest du die genaue Bedeutung von >einbrocken< verstehen und hättest auf wenig beneidenswerte Weise erfahren, worin genau das >das< besteht.«
    »Du weißt genau, was ich meine!«
    »Ach du meine Güte, spricht da wirklich Feucht von Lipwig oder nur der Mann, der sich auf seine goldliche Kette freut? Tüppi Üppig wusste, dass ihr letztes Stündlein nahte, und änderte einfach ihr Testament. Dazu gratuliere ich ihr. Auch die Mitarbeiter werden dich nun leichter akzeptieren. Und sie hat dir einen großen Gefallen

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