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Schöne Scheine

Schöne Scheine

Titel: Schöne Scheine Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Terry Pratchett
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auf seinen Schreibtisch. Er justierte die Reflektoren an den Lampen und sagte: Also gut, öffne sie.«
    Der junge Mann ließ den Deckel aufschwingen, und da war er, schwarz wie die Nacht, das V mit den Serifen ein noch dunklerer, scharfer Schatten. Er atmete tief durch, griff nach dem Ring und ließ ihn erschrocken wieder fallen.
    »Er ist warm!«
    Vom Macher der scheinbaren Dinge kam ein Schnaufen. »Natürlich! Es ist Stygium. Es trinkt das Licht. Im vollen Tageslicht würdest du dir an den Fingern saugen und laut schreien. Bewahre es in einer Schachtel auf, wenn es draußen hell ist, ja? Oder zieh einen Handschuh darüber, wenn du damit angeben willst.«
    »Er ist makellos.«
    »Ja, das ist er.« Der alte Mann schnappte ihm den Ring wieder weg, und Vorhinein begann langsam zu verzweifeln. »Er ist genau wie der echte«, brummte der Meister der Scheinbarkeit. »Ach, sieh mich nicht so überrascht an. Du glaubst, ich wüsste nicht, was ich gemacht habe? Ich habe das Vorbild ein paarmal gesehen, und auf das hier würde selbst Vetinari persönlich reinfallen. Dazu ist eine Menge Vergessensarbeit nötig.«
    »Ich weiß nicht, was du meinst!«
    »Dann bist du eben blöd!«
    »Ich habe dir gesagt, dass der Buchstabe V niemandem gehört!«
    »Erzähl das bitte Seiner Lordschaft, ja? Nein, das wirst du nicht tun. Aber du wirst mir weitere fünfhundert bezahlen. Ich überlege sowieso, ob ich mich zur Ruhe setze, und mit einem bisschen zusätzlichen Geld komme ich ziemlich weit weg.«
    »Wir hatten eine Vereinbarung!«
    »Und jetzt haben wir eine andere«, sagte Morpeth. »Jetzt kaufst du meine Vergesslichkeit.« Der Macher der scheinbaren Dinge strahlte glücklich. Der junge Mann dagegen wirkte sehr unglücklich und unsicher.
    »Das Ding hat für jemanden einen unschätzbaren Wert, nicht wahr?«, bohrte Morpeth.
    »Also gut, fünfhundert, du verdammter Halsabschneider.«
    »Nur dass es jetzt eintausend sind«, sagte der alte Mann. »Siehst du? Du warst zu schnell. Du hast nicht gefeilscht. Jemand braucht mein kleines Spielzeug hier sehr dringend, richtig? Fünfzehnhundert, alles inklusive. Versuch ruhig, jemand anderen in dieser Stadt zu finden, der so gut wie ich mit Stygium arbeiten kann. Und wenn du den Mund aufmachst, um etwas anderes als >Ja< zu sagen, sind es zweitausend. So und nicht anders wird es laufen.«
    Es folgte eine längere Pause, bis Vorhinein sagte: »Ja. Aber ich werde noch einmal vorbeikommen müssen, um den Rest zu bringen.«
    »Tu das, Herr. Ich werde hier warten. So, das war doch gar nicht so schlimm, nicht wahr? Ist nicht persönlich gemeint, eine rein geschäftliche Sache.«
    Der Ring wurde wieder in die Schachtel gelegt und die Schachtel in die Schublade. Auf ein Zeichen des jungen Mannes ließ der Troll die Beutel zu Boden fallen, und nachdem seine Arbeit erledigt war, spazierte er in die Nacht hinaus.
    Vorhinein drehte sich plötzlich um, und die rechte Hand des Handwerkers verschwand unter dem Schreibtisch. Sie entspannte sich wieder, als der junge Mann sagte: »Du bist auch später noch hier?«
    »Ich bin immer hier. Du findest bestimmt allein nach draußen.«
    »Wirst du hier sein?«
    »Das habe ich doch gerade gesagt, oder?«
    In der Dunkelheit des stinkenden Flurs öffnete der junge Mann mit pochendem Herzen die Tür. Eine schwarz gekleidete Gestalt trat ein. Er konnte das Gesicht hinter der Maske nicht erkennen, aber er flüsterte: »Schachtel in der Schublade oben links. Rechts davon irgendeine Waffe. Behalt das Geld. Tu ihm nur nicht... weh, ja?«
    »Weh? Das ist nicht der Grund, warum ich hier bin!«, zischte die dunkle Gestalt.
    »Ich weiß, aber ... mach es ordentlich, ja?«
    Dann schloss Vorhinein die Tür hinter sich.
    Es regnete. Er überquerte die Straße und stellte sich in den gegenüberliegenden Hauseingang. Es war schwierig, andere Geräusche als den Regen und das Rauschen der überfließenden Gullys wahrzunehmen, aber er bildete sich ein, dass er trotz allem einen dumpfen Aufprall hörte. Vielleicht spielte seine Phantasie ihm einen Streich, weil er weder gehört hatte, wie die Tür aufging, noch wie der Auftragsmörder sich näherte, und er hätte sich fast an seiner Zunge verschluckt, als der Mann plötzlich vor ihm auftauchte, ihm die Schachtel in die Hand drückte und im Regen verschwand.
    Pfefferminzgeruch trieb auf die Straße hinaus. Der Mann war sehr gründlich. Er benutzte sogar eine Pfefferminzbombe, um seinen Körpergeruch zu überdecken.
    Du blöder alter Narr!,

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