Schöne Scheine
Die Häuser, die Straßen, die Menschen, ihre Fähigkeiten, die Kunst in den Galerien, die Gilden, die Gesetze, die Bibliotheken ... Milliarden? Nein. Kein Geld der Welt würde dafür ausreichen.
Die Stadt war ein einziger großer Goldbarren. Was brauchte man, um eine Währung zu stützen? Man brauchte nur die Stadt.
Die Stadt sagt, dass ein Dollar genau einen Dollar wert ist.
Es war ein Traum, aber Feucht war gut darin, Träume zu verkaufen. Und wenn man genug Leuten den Traum verkaufen konnte, wagte es niemand mehr, daraus aufzuwachen.
Ein kleiner Ständer auf seinem Schreibtisch enthielt ein Stempelkissen und zwei Gummistempel, die das Wappen der Stadt und das Siegel der Bank darstellten. Aber in Feuchts Augen waren auch diese einfachen Dinge von einem Goldschimmer umgeben. Sie hatten Wert.
»Herr Quengler?«, sagte Feucht. Der Hund setzte sich in seinem Korb auf und sah ihn erwartungsvoll an.
Feucht schob die Ärmel zurück und lockerte die Finger.
»Wollen wir jetzt etwas Geld machen, Herr Direktor?«, sagte er.
Der Direktor brachte sein bedingungsloses Einverständnis mit einem »Wuff!« zum Ausdruck.
»Zahlt dem Überbringer die Summe von einem Dollar« , schrieb Feucht auf einen Zettel aus sauberem Bankpapier.
Dann drückte er beide Stempel auf das Papier und widmete dem Ergebnis einen langen, kritischen Blick. Es fehlte noch etwas. Man musste den Leuten eine Show bieten. Das Auge wertete mit.
Das Ganze brauchte noch etwas ... Würdevolleres. Ähnlich wie das Bankgebäude. Wer würde Bankgeschäfte in einer Holzhütte tätigen?
Hmm.
Ach ja! Es ging doch schließlich um die Stadt, nicht wahr? In großen verschnörkelten Buchstaben schrieb er unten drunter:
AD URBEM PERTINET
Und nach einiger Überlegung in kleineren Lettern:
Promitto fore ut possessori postulanti nummum unumsolvem, an apte satisfaciam.
Gez. Feucht von Lipwig i. N. d. Bankdirektors
»Entschuldige, Herr Bankdirektor«, sagte er und hob den Hund hoch. Es dauerte nur einen kurzen Moment, eine Vordertatze auf ein Stempelkissen zu drücken und dann neben Feuchts Unterschrift einen hübschen kleinen Fußabdruck zu hinterlassen.
Feucht wiederholte diese Prozedur noch einige Male, schob fünf der auf diese Weise produzierten Scheine unter das Löschpapier und ging dann mit dem neuen Geld und dem Direktor Gassi.
Cosmo Üppig funkelte sein Spiegelbild wütend an. Manchmal bekam er es beim Üben drei- oder viermal hintereinander richtig hin, und dann - welche Schande! - probierte er es in der Öffentlichkeit aus, und wenn die Leute dumm genug waren, es zu erwähnen, sagten sie etwas wie: »Ist dir gerade was ins Auge geflogen?«
Er hatte sich sogar einen Apparat bauen lassen, der mittels eines Uhrwerks regelmäßig an einer Augenbraue zog. Er hatte den Mann, der das Ding für ihn gemacht hatte, vergiftet, noch während er es abholte. In seiner stinkenden kleinen Werkstatt hatte er mit ihm geplaudert, während das Zeug seine Wirkung entfaltete. Der Mann war fast achtzig gewesen, und Cosmo war sehr vorsichtig vorgegangen, sodass die Wache niemals darauf aufmerksam geworden war. Eigentlich sollte so etwas in diesem Alter sowieso nicht mehr als Mord betrachtet werden, nicht wahr? Es war im Grunde eher so etwas wie ein Gefallen gewesen. Und natürlich durfte er nicht das Risiko eingehen, dass der alte Narr ganz unbedarft irgendwem davon erzählte, nachdem Cosmo zum Patrizier geworden war.
Im Nachhinein dachte er jedoch, dass er damit hätte warten sollen, bis er sich vergewissert hatte, dass das Augenbrauentrainingsgerät richtig funktionierte. Zunächst war das Auge blau angelaufen, bis er ein paar zögerliche Anpassungen vorgenommen hatte.
Wie machte Vetinari es? Das war es, was ihm das Patrizieramt verschafft hatte, dessen war sich Cosmo sicher. Nun gut, ein paar geheimnisvolle Morde hatten zugegebenermaßen dazu beigetragen, aber es war die Art, wie der Mann eine Augenbraue hochziehen konnte, die ihn an der Macht gehalten hatte.
Cosmo hatte Vetinari schon seit langer Zeit studiert. Es war gar nicht so schwer, es bei gesellschaftlichen Anlässen zu tun. Außerdem hatte er jedes Bild ausgeschnitten, das in der Times erschienen war. Was war das Geheimnis, das diesen Mann so mächtig und unverwundbar machte? Wie konnte man ihn verstehen?
Und dann, eines Tages, hatte er in irgendeinem Buch den Satz gelesen: »Wenn du einen Mann verstehen willst, lauf eine Meile in seinen Stiefeln.«
Und da war ihm eine großartige Idee
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