Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Schöne Scheine

Schöne Scheine

Titel: Schöne Scheine Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Terry Pratchett
Vom Netzwerk:
den Kopf schüttelte. Leider besaß Vorhinein ein ausgezeichnetes peripheres Sehvermögen.
    Er wird es herausfinden, er wird es herausfinden, er wird es ...  aaahhh!!!,  stöhnte er vor sich hin, während er durch die Flure eilte. Es liegt am verdammten Ring, das ist es! Es ist nicht meine Schuld, dass Vetinari dünne Finger hat! Er wäre sofort misstrauisch geworden, wenn das blöde Ding gepasst hätte! Warum hat er nicht erlaubt, dass ich ihn weiten lasse? Ha, und wenn ich es getan hätte, hätte er später Kronsbeere vorbeigeschickt, um den Juwelier zu ermorden! Ich weiß, dass er ihn zu mir schicken wird, ich  weiß  es!
    Kronsbeere machte Vorhinein Angst. Der Mann sprach sehr leise und war bescheiden gekleidet. Und wenn Cosmo seine Dienste nicht benötigte, setzte er sich irgendwo hin und las den ganzen Tag Bücher. Das regte Vorhinein auf. Wenn der Kerl ein analphabetischer Schläger gewesen wäre, hätte es ihm, so seltsam es klang, vieles einfacher gemacht. Es wäre ... verständlicher gewesen. Außerdem schien der Mann keinerlei Körperbehaarung zu besitzen, und im Sonnenlicht konnte einen der Glanz seiner Glatze blenden.
    Dabei hatte alles mit einer Lüge begonnen. Warum hatte Cosmo ihm geglaubt? Weil er ein Wahnsinniger war, nur leider nicht die ganze Zeit. Er war so etwas wie ein Freizeitverrückter. Er hatte diese ... Obsession, und die hieß Lord Vetinari.
    Vorhinein hatte es anfangs gar nicht bemerkt, er hatte sich nur gewundert, warum Cosmo beim Einstellungsgespräch an seiner Körpergröße herumgemäkelt hatte. Doch als Vorhinein ihm gesagt hatte, dass er beruflich im Palast tätig gewesen war, hatte Cosmo ihn unverzüglich eingestellt.
    Und genau das war die Lüge, obwohl Vorhinein es vorzog, die Sache als bedauernswerte Verquickung zweier Wahrheiten zu betrachten.
    Vorhinein war tatsächlich eine Zeitlang im Palast beschäftigt gewesen, nur bisher hatte Cosmo noch nicht herausgefunden, dass er dort als Gärtner gearbeitet hatte. Und davor war er wirklich ein untergeordneter Sekretär gewesen - bei der Gilde der Waffenschmiede. Deshalb konnte er ohne Gewissensbisse behaupten: »Ich habe als untergeordneter Sekretär gearbeitet und war im Palast angestellt.« Doch er glaubte, dass Lord Vetinari diesen Satz wesentlich gründlicher hinterfragt hätte, als es der entzückte Cosmo getan hatte. Und nun beriet er einen sehr bedeutenden und gerissenen Mann, und zwar auf der Grundlage von möglichst vielen Gerüchten, an die er sich erinnern oder die er sich in seiner Verzweiflung ausdenken konnte. Und er kam damit durch. Bei seinen alltäglichen Geschäften ging Cosmo schlau und rücksichtslos vor, doch sobald Vetinari ins Spiel kam, war er so leichtgläubig wie ein Kind.
    Vorhinein bemerkte, dass sein Chef ihn gelegentlich mit dem Namen des Sekretärs des Patriziers ansprach, aber er bekam fünfzig Dollar pro Monat plus Kost und Logis, und für diese Summe würde er sich auch »Schnuckelchen« nennen lassen. Nun ja, vielleicht nicht gerade »Schnuckelchen«, aber zumindest »Freundchen«.
    Und dann hatte der Albtraum begonnen, und wie es bei Albträumen üblich war, bekamen selbst die alltäglichsten Dinge eine finstere Bedeutung.
    Cosmo hatte verlangt, dass er ihm ein abgetragenes Stiefelpaar von Vetinari beschaffte.
    Das war eine harte Nuss gewesen. Vorhinein war noch nie im eigentlichen Palast gewesen, aber in jener Nacht war er auf das Gelände gelangt, indem er neben dem alten grünen Gartentor über den Zaun geklettert war. Dann hatte er einen seiner alten Kumpel getroffen, der die ganze Nacht aufbleiben musste, um die Boiler für das Treibhaus in Gang zu halten. Er hatte ein wenig mit ihm geplaudert, und in der folgenden Nacht war er zurückgekommen, um ein Paar alter, aber noch benutzbarer schwarzer Stiefel in Größe acht mitzunehmen. Dazu erhielt er vom Stiefelknecht die Information, dass sich bei Seiner Lordschaft der linke Absatz etwas stärker abnutzte als der rechte.
    Vorhinein konnte keinen Unterschied zwischen den beiden Stiefeln erkennen, die man ihm präsentierte, aber es hatte auch niemand ausdrücklich behauptet, dass dies wirklich die sagenumwobenen Stiefel Vetinaris waren. Getragene, aber noch brauchbare Stiefel wanderten stets von den oberen Stockwerken zu den Unterkünften der Bediensteten hinunter - Noblesse oblige - und wenn es doch nicht die wahren Stiefel Seiner Lordschaft waren, so hatten sie sich wenigstens mit ziemlicher Sicherheit schon einmal im gleichen Zimmer wie

Weitere Kostenlose Bücher